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Hohe Klimaschutz-Anforderungen: Bau-Verband schlägt Alarm: Kollabiert der Wohnungsmarkt?

Eigentlich wollte die Ampel-Koalition jährlich 400.000 Wohnungen bauen. Bereits in diesem Jahr wird dieses Ziel verfehlt. Doch laut Bau-Branche könnte sich die Lage am Wohnungsmarkt noch verschärfen. Gibt es bald gar keine neuen Wohnungen mehr?

Werden in Deutschland bald keine neuen Wohnungen mehr gebaut? (Foto) Suche
Werden in Deutschland bald keine neuen Wohnungen mehr gebaut? Bild: AdobeStock / JT Jeeraphun

Die großen Wohnungsbauverbände sehen den Neubau in Deutschland vor dem Kollaps. Kein Dämpfer und auch keine Talfahrt - von einem Absturz war die Rede beim Wohnungsbautag am Donnerstag in Berlin. Die in der Bau- und Immobilienbranche führenden sieben Organisationen und Verbände richteten eine klare Forderung an Bund und Länder: Der Staat müsse seine Fördergelder für den Wohnungsbau deutlich aufstocken. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) kann da wenig versprechen - sie erwartet dennoch eine positive Entwicklung.

Nachfrage nach Wohnraum steigt! Ampel-Koalition verfehlt Ziel

Nach Angaben der Verbände wären bis 2025 rund 50 Milliarden Euro notwendig, um 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr bauen zu können. Die Ampelparteien hatten in ihrem Koalitionsvertrag den Bau von 400.000 Wohnungen, davon 100.000 Sozialwohnungen verankert. Ähnlich wie bei der Bundeswehr sollte auch der Bauwirtschaft das Geld als Sondervermögen zur Verfügung gestellt werden, forderten die Verbände. Geywitz betonte, dabei handele es sich letztlich um Schulden - und die Verschuldungsmöglichkeiten des Staates seien begrenzt.

Die Bundesbauministerin hat bereits eingeräumt, dass das Neubauziel 2023 nicht eingehalten wird. Trotz akuten Wohnungsmangels gingen die Baugenehmigungen bereits im vergangenen Jahr um 6,9 Prozent auf 354.400 zurück. Es drohe gar ein Absturz auf nur rund 200.000 neue Wohnungen bis zum Jahr 2024, warnten die Verbände.

Sie forderten auch einen veränderten Umgang mit dem Überhang bereits genehmigter Wohnungen. Der Bau von rund 900.000 Einheiten sei in Deutschland bereits genehmigt - bei rund 40 Prozent davon habe aber noch nicht einmal der Rohbau begonnen. Hier wollen die Verbände, dass mit attraktiven Anreizen wie finanziellen Zuschüssen oder reduzierten Auflagen nachgeholfen wird. Sonst bestehe die Gefahr, dass viele Wohnungen überhaupt nicht gebaut würden, warnten sie. Zudem müsse über eine Aufstockung von bereits bestehendem Wohnraum oder Supermärkten und niedrigere Standards beim Bau nachgedacht werden. Eine "Weiter-so-Politik" werde zum Abbau von Baukapazitäten führen.

"Dann werden keine Wohnungen mehr gebaut!" Bau-Verband warnt vor strengen Klimaschutz-Vorgaben

Der Wohnungsneubau stecke in einer absoluten Ausnahmesituation, sagte Dietmar Walberg vom Bauforschungs-Institut ARGE (Kiel). Derzeit trifft ein hoher Bedarf an Wohnungen auf hohe Zinsen und stark gestiegene Baupreise. Die sinkende Kaufkraft dämpft die Nachfrage zusätzlich. "Diese brisante Mischung hat es in Deutschland tatsächlich nie gegeben, und deswegen stehen wir jetzt vor einem Problem", sagte Walberg gegenüber der "Bild".

"Die immer weiter steigenden Baukosten machen es unmöglich, bezahlbaren Neubau zu schaffen. Es ist erschreckend, dass die Bundesregierung den Ernst der Lage scheinbar noch immer nicht erkannt hat", sagte Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbands der deutschen Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW. "Wir brauchen umgehend kurzfristige Maßnahmen, die schnell greifen, damit unsere Unternehmen wieder in die Lage versetzt werden können, Neubauprojekte aufzusetzen."

Laut Walberg müsse man derzeit 20 Euro oder mehr pro Quadratmeter an Kaltmiete verlangen, um überhaupt eine profitable Mietwohnung zu bauen. In München lag der durchschnittliche Mietpreis 2022 bereits bei 18 Euro pro Quadratmeter, in Hamburg und Berlin bei 12 Euro."Wir bauen in Deutschland zu teuer, zu aufwendig, mit viel zu hohen Standards", zitiert die "Bild" Dirk Salewski, Präsident des Bundes der Freien Immobilien- und Wohnungsunternehmen. Vor allem die Anforderungen an die Energieeffizienz lassen die Kosten explodieren. So stiegen die Baukosten für einen Quadratmeter Wohnfläche von 2000 bis 2023 um teilweise mehr als 300 Prozent. "Wenn die Latte beim Klimaschutz so hoch gelegt wird, dass dadurch die Kostenschraube überdreht wird, dann werden keine Wohnungen mehr gebaut", warntKatharina Metzger, Präsidentin des Bundesverbands Deutscher Baustoff-Fachhandel, gegenüber der "Welt". 

Laut Ifo-Institut haben die Stornierungen im Wohnungsbau zuletzt zugenommen. Eine zunehmende Zahl von Bauunternehmen melde zurückgezogene Aufträge, berichteten die Münchner Wirtschaftsforscher. Im März gaben in der monatlichen Ifo-Umfrage in der Baubranche 16 Prozent der Firmen an, ihre Kunden hätten bereits erteilte Aufträge wieder zurückgenommen. Im Februar lag dieser Anteil bei 14,3 Prozent, im Januar bei 13,6 Prozent.

Bau-Ministerin Geywitz verspricht Fördergelder für klimafreundlichen Neubau

Ministerin Geywitz sieht vielfältige Gründe für die Probleme beim Wohnungsbau. "Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat uns natürlich mit massiven Steigerungen der Energiekosten konfrontiert und auch die Bau- und Finanzierungskosten sind im Zuge der allgemeinen Inflation stark gestiegen und gleichzeitig sind die Realeinkommen gesunken", sagte sie.

Für private Bauherren komme die psychologische Unsicherheit hinzu und Investoren hielten sich zurück. Sie sehe aber ein Licht am Ende des Tunnels: "Gut zwei Drittel der Unternehmen im Wohnungsbau beurteilen ihren Auftragsbestand derzeit trotz aller Schwierigkeiten noch als groß oder angemessen", sagte Geywitz. Zudem hätten einzelne Bundesländer ihre Investitionen in den sozialen Wohnungsbau deutlich erhöht und die Fördergelder für klimafreundlichen Neubau würden gut abgerufen.

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