Otterndorf: Neonazi-Musik auf Weihnachtsmarkt abgespielt - Verdächtiger ermittelt

Statt Stille Nacht und Weihnachtsstimmung dröhnten Hassparolen über den Marktplatz: Auf einem niedersächsischen Weihnachtsmarkt liefen rechtsextreme Lieder – ausgerechnet über die offizielle Anlage. Jetzt ermittelt der Staatsschutz und ist bereits einem Verdächtigen auf die Schliche gekommen.

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Auf einem niedersächsischen Weihnachtsmarkt soll verbotene Musik gelaufen sein. Der Staatsschutz ermittelt. (Foto) Suche
Auf einem niedersächsischen Weihnachtsmarkt soll verbotene Musik gelaufen sein. Der Staatsschutz ermittelt. Bild: picture alliance/dpa | Michael Reichel
  • Rechtsextreme und antisemitische Lieder über offizielle Beschallungsanlage
  • Songs der verbotenen Neonazi-Band "Landser" abgespielt
  • Staatsschutz ermittelt wegen Volksverhetzung und Jugendschutzverstößen

Auf dem traditionellen Sternenmarkt im niedersächsischen Otterndorf kam es am vergangenen Wochenende zu einem erschreckenden Zwischenfall. Über die offizielle Beschallungsanlage des Weihnachtsmarktes erklangen rechtsextreme Lieder mit volksverhetzenden und antisemitischen Texten. Unter den abgespielten Stücken befanden sich auch Songs der mittlerweile aufgelösten Neonazi-Band "Landser", die als kriminelle Vereinigung verurteilt wurde.

Die Musik lief nicht etwa über ein privates Gerät. "Es ist nicht so, dass das aus irgendeiner Bluetooth-Box oder auf einem Handy lief", stellte ein Polizeisprecher klar. Ein von der Stadt beauftragter Dienstleister war für die musikalische Untermalung des Marktes verantwortlich.

Mittlerweile sind die Ermittler einem Verdächtigen auf die Spur gekommen. Ein 40-Jähriger soll die verbotenen Lieder über die offiziellen Boxen abgespielt haben, wie die Polizei mitteilte. Ein sichergestellter USB-Stick mit der Musik führte zu dem Mann aus dem Landkreis Stade.

Hassparolen statt Weihnachtslieder: Rechtsrock auf Weihnachtsmarkt in Otterndorf

Besonders schockierend für die Marktbesucher: Unter den abgespielten Stücken befand sich eine rassistisch umgetextete Version eines bekannten Liedes. "An der Nordseeküste, am arischen Strand" war eine der Zeilen, die laut Polizeiangaben über die Lautsprecher zu hören war. Zahlreiche Gäste reagierten entsetzt auf die menschenverachtenden Inhalte.

Der Vorfall blieb nicht undokumentiert. In sozialen Netzwerken tauchten Videos auf, die zeigen, wie Besucher Glühwein trinken, während im Hintergrund die rechtsextreme Musik läuft. Nach ersten Erkenntnissen der Ermittler wurde nicht nur am Freitag, sondern auch am Samstag und Sonntag verbotene Musik abgespielt.

Inzwischen erhielten die Ermittler aber auch Videos vom vergangenen Wochenende. Am Samstag und Sonntag soll auf dem Weihnachtsmarkt weiter verbotene Musik abgespielt worden sein - dann vermutlich über eine private Bluetooth-Box. "Wir prüfen noch, ob das wirklich so war", sagte ein Sprecher der Polizei.

Staatsschutz übernimmt Ermittlungen

Die Polizei hat inzwischen den Staatsschutz eingeschaltet. Die Behörden ermitteln wegen Volksverhetzung sowie wegen Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz. Ermittler werten derzeit Videoaufnahmen vom gesamten Wochenende aus und suchen nach Zeugen des Vorfalls.

Im Zentrum der Untersuchungen steht ein USB-Stick, der von dem beauftragten Unternehmen für die Musikanlage stammte. Stadtdirektor Frank Thielebeule hält allerdings auch eine andere Möglichkeit für denkbar: Unbekannte könnten die Lautsprecher über Funk gekapert haben. Wer letztlich für das Abspielen der verbotenen Lieder verantwortlich ist, bleibt vorerst ungeklärt.

Stadt spricht von "Desaster"

Für Stadtdirektor Frank Thielebeule ist der Vorfall ein schwerer Schlag. "Das ist ein Desaster für uns", sagte er gegenüber der "Bild". Der Sternenmarkt habe seit vielen Jahren friedlich stattgefunden. Nachdem die Verantwortlichen am Freitag von dem Vorfall erfahren hatten, wurde die Musik sofort gestoppt. Am Sonntagvormittag ließ die Stadt die gesamte Anlage abbauen, um weitere Vorfälle auszuschließen.

Die Kommune bezog eindeutig Stellung: "Wir distanzieren uns ausdrücklich von jeglicher Form von Extremismus." Der Vorfall wurde angezeigt und befinde sich in der Aufklärung. Der beliebte Sternenmarkt lockt seit 17 Jahren am dritten Adventswochenende Hunderte Besucher an.

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/news.de/dpa/stg

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