Mehr Haiangriffe weltweit: Experten machen Social Media verantwortlich
Der dramatische Anstieg von Haiangriffen könnte mit selbstgefährdendem Verhalten in den sozialen Medien zusammenhängen, wo Influencer mit Haien posieren. Experten warnen vor der gefährlichen Provokation dieser Raubtiere.
Von news.de-Redakteurin Mia Lada-Klein - Uhr
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- Immer mehr Haiangriffe weltweit
- Experten sehen Selfie-Jäger und Social Media als Faktor
- Haibegegnung: So verhalten Sie sich richtig
Die letzten Monate haben erschreckende Nachrichten über verstärkte Haiangriffe an Küsten weltweit auf den Tisch gebracht. Besonders dramatisch war ein Vorfall im Mittelmeer, nahe der israelischen Küste bei Hadera, als ein Schwimmer von einem Hai attackiert wurde. Der Angriff, der von entsetzten Strandbesuchern gefilmt wurde, verbreitete sich schnell in den sozialen Medien und löste eine weltweite Diskussion aus. Tragischerweise wurden die sterblichen Überreste des vermissten Schwimmers "Rosenheim" zufolge von Tauchern auf dem Meeresboden gefunden. Die Häufigkeit solcher Vorfälle führt zu einer alarmierenden Erkenntnis: Der menschliche Faktor, speziell die zunehmende Selbstinszenierung durch Influencer, scheint eine entscheidende Rolle zu spielen.
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Provokationen statt Respekt: Haiangriffe durch Selfie-Jäger?
Eine der zentralen Fragen, die nach den jüngsten Angriffen aufgeworfen wird, ist, ob der Anstieg von Haiunfällen wirklich mit einer aggressiveren Haltung der Tiere zu tun hat – oder ob Menschen in ihrem Drang, mit Raubtieren zu posieren, die Grenze zum Gefährlichen überschreiten. Haiexperten berichten von einer besorgniserregenden Entwicklung, bei der insbesondere Influencer in den sozialen Medien die Verantwortung für die zunehmenden Vorfälle tragen. Professor Eric Clua von der PSL-Universität in Paris, der eine Studie zu diesem Thema leitete, erklärte "Mirror" zufolge: "Das Streicheln von Haien oder das Klammern an ihrer Rückenflosse, wie es in den sozialen Netzwerken verbreitet wird, ist keine harmlos lustige Geste. Es ist eine gefährliche Provokation, die die Tiere in eine unangemessene Lage bringt." Vornehmlich kleinere Haie, die von Menschen als "zahm" betrachtet werden, sind durchaus in der Lage, sich zu verteidigen, wenn sie in ihrer Ruhe gestört werden. Prominente wie Bella Thorne oder auch Zac Efron, die ihre Begegnungen mit Delfinen und Haien stolz in den sozialen Medien zeigen, geben das falsche Signal.
Die tragische Realität: Haie sind keine Kuscheltiere
"Viele Menschen nehmen sich Freiheiten, die sie einem fremden Hund nicht gewähren würden", sagt Professor Eric Clua. Ein Hai ist ein Raubtier, das, obwohl es in den meisten Fällen nicht an Menschen interessiert ist, eine potenzielle Gefahr darstellen kann, wenn es sich provoziert fühlt. "Wenn ein Hai sich bedroht fühlt, wird er abwehren. Dabei ist es nicht die Aggression des Tieres, sondern eine Antwort auf das Verhalten des Menschen", erklärt Eric Clua weiter.
Anstieg der Haiangriffe: Ein Trend oder nur ein Missverständnis?
Zahlen belegen: Zwischen 2018 und 2022 gab es weltweit durchschnittlich 63 unprovozierte Haiangriffe jährlich. Zwar stieg diese Zahl 2023 auf 69, doch auch diese statistischen Schwankungen sind eher auf die zunehmende menschliche Aktivität im Wasser zurückzuführen. Das Florida "Museum of Natural History" erklärt, dass Haie aufgrund der vermehrten Aktivitäten von Schwimmern, Tauchern und Touristen in ihrem Lebensraum häufiger mit Menschen in Kontakt kommen, was zu einem Anstieg der Vorfälle führt. "Es gibt eine verzerrte Wahrnehmung von Haien, die vor allem durch Filme und Medien geprägt wird. Tatsächlich verursachen Haie weniger als zehn Todesfälle pro Jahr weltweit, während Hunde für mehr als 10.000 Todesfälle verantwortlich sind. Dennoch genießen Hunde ein wesentlich positiveres Image", erklärt Professor Eric Clua.
Gefährliche Selbstdarstellung in den sozialen Medien
Ein weiterer Teil des Problems sind die weit verbreiteten Videos von Tauchern, die Haie berühren und mit ihnen interagieren. Besonders populär sind Accounts, die Haie in unmittelbare Nähe zu Menschen bringen, was von vielen Followern als faszinierend empfunden wird. Ocean Ramsey, eine bekannte Naturschützerin aus Hawaii, zeigt in ihren Videos eine unheimliche Nähe zu Haien – eine Geste, die von Wissenschaftlern als gefährlich und verantwortungslos kritisiert wird.
Wie reagieren Sie richtig auf einen Hai?
Auch wenn Begegnungen mit Haien sehr selten sind, ist es wichtig zu wissen, wie Sie sich verhalten sollten, wenn es doch einmal passiert. Experten empfehlen laut "ARD alpha", ruhig zu bleiben und keine hektischen Bewegungen zu machen. Haie können Geschwindigkeiten von bis zu 70 km/h erreichen, was bedeutet, dass schnelles Schwimmen in Panik nur den Jagdinstinkt des Tieres anheizen würde. Wer sich im Wasser mit Haien aufhält, sollte unbedingt darauf achten, keine Bedrohung darzustellen und niemals direkt mit den Tieren zu interagieren. Einem Hai sollte Sie auch niemals nachjagen, sondern versuchen, ruhig zu bleiben und ihm den nötigen Respekt zu zeigen. Wenn der Hai zu nahe kommt, kann ein sanftes Schubsen an der Schnauze helfen, ohne die Tiere zu verletzen.
Haie sind keine Spielzeuge
Die Tragödie von Hadera und die steigende Zahl von Haiangriffen mahnen zu mehr Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit den Raubtieren der Meere. Auch wenn Haie in den meisten Fällen keine Gefahr darstellen, sind sie keine Kuscheltiere – und sollten als wilde Tiere respektiert werden. Doch eine veränderte Wahrnehmung, auch durch soziale Medien, könnte die Toleranz und das Verständnis für diese beeindruckenden Tiere verringern und zu mehr Risiken führen.
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