Von news.de-Redakteurin Fabienne Rzitki - Uhr

Sport für Mollige: Dick und bald auch fit

Mehr als die Hälfte der Deutschen hat zu viel auf den Hüften. Dass Dicke keinen Sport machen können, ist Unsinn. Sportwissenschaftler Professor Dr. Ingo Froböse verrät, wie XXL-Frauen und -Männer sportlich durchstarten.

Fitte Dicke sind gesünder als dünne Bewegungsmuffel. Um gesund zu sein, reichen 30 Minuten Sport am Tag. (Foto) Suche
Fitte Dicke sind gesünder als dünne Bewegungsmuffel. Um gesund zu sein, reichen 30 Minuten Sport am Tag. Bild: istockphoto (Montage)

«Das schaff ich nie.» Diese Ausrede gilt nicht. Auch für Dicke gibt es Sportarten, die Spaß machen und nicht überfordern. Fünfmal die Woche 30 Minuten Sport reichen schon. Wie gut das Dicken tut, zeigt eine Langzeitstudie der University of South Carolina: Fitte Dicke, die regelmäßig trainieren, sind demnach deutlich gesünder als dünne Bewegungsmuffel. Worauf Übergewichtige achten müssen und wie sie am Ball bleiben? News.de hat nachgefragt:

Professor Froböse, ab wann leiden Menschen unter Übergewicht?

Froböse: Ab einem Body-Mass-Index BMI = Körpergewicht : (Körpergröße in m)2; Bsp: 60 kg : (1,6 m)2 = 23,4 (BMI) von 26 ist man leicht übergewichtig, ab einem BMI von 31 adipösfettleibig . Wichtig: Der Body-Mass-Index ist eine Maßzahl für die Bewertung des Gewichts eines Menschen. Der BMI gibt lediglich einen groben Richtwert an und ist umstritten. Denn: Er berücksichtigt die Statur eines Menschen und die individuell verschiedene Zusammensetzung der Körpermasse aus Fett- und Muskelgewebe nicht.

Welcher Sport kommt der gewaltigen Anatomie der Dicken entgegen?

Froböse: Ausdauersport ist sehr gut. Er bringt den Stoffwechsel auf Touren und verheizt Energie. Das zapft besonders die Fettspeicher an. Das Training sollte die Muskeln beanspruchen und gleichzeitig die Gelenke schonen. Leicht Übergewichtigen empfehle ich Sportarten wie Walken, Radfahren, Schwimmen, Aqua-Jogging oder -Gymnastik. Auch leichte Ballsport- und Rückschlagsportarten sind geeignet. Stark adipöse Menschen sollten mit Wassersportarten wie Schwimmen oder Aqua-Training beginnen.

Sind Fitness-Studios eine gute Empfehlung?

Froböse: Sportstudios sind eine gute Sache für Übergewichtige, die keine Probleme damit haben und sich unter dünnen oder durchtrainierten Sportlern wohlfühlen. Wer ins Studio geht, sollte sich feste Zeiten fürs Training einplanen, um am Ball zu bleiben. Wichtig: Sowohl Ausdauertraining als auch Krafttraining sollten auf dem Programm stehen. Im Übrigen ist es sinnvoll, alle Übungen mit einem Trainer abzustimmen und Trainingspläne immer wieder kontrollieren zu lassen.

Worauf müssen Dicke achten?

Froböse: Vorab sollten dicke Frauen und Männer unbedingt einen Gesundheitscheck machen. Häufig sind die meisten nicht nur übergewichtig, oft leiden sie bereits an Krankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes oder Fettstoffwechselstörung. Ein Check schützt vor Gefahren und Risiken, denn ein falsches Training kann unter Umständen auch schädigen.

Sport sollte außerdem nicht als ultimatives Mittel gegen Übergewicht angesehen werden. Besonders, wenn der Energieumsatz bereits niedrig ist. Die körperliche Betätigung ist für den untrainierten Körper zunächst eine Belastung auf der Energieausgabenseite. Wer Diät hält und anfängt, Sport zu treiben, kann sein schlechtes Stoffwechselniveau noch weiter stärken.

Wer fit und trainiert sein will, braucht Energie in ausreichender und schnell verfügbarer Menge. Gerade beim Sport ist es nötig, dass der Körper ausreichend mit Kohlenhydraten versorgt wird. Sie sind nicht nur die schnellsten und effektivsten Energieträger, sie sind auch notwendig, damit Fette in Energie verwandelt werden können. Fette verbrennen im Feuer der Kohlenhydrate. Beispielsweise kann man eine Stunde vorher eine Banane essen.

Wie intensiv und wie oft sollten XXL-Frauen und Männer trainieren?

Froböse: Wer Fett verbrennen will, muss im aeroben BereichIn dieser Zone verbessern sich Atmung und Kreislauf. Optimal zur Steigerung der Ausdauer! trainieren. Das bedeutet, der Puls sollte bei 40 bis 60 Prozent der maximalen Herzfrequenz liegen (= 220 minus Lebensalter). Stark Übergewichtige sollten davon noch mal fünf bis zehn Prozent abziehen. Eine Pulsuhr ist für die Kontrolle des Pulses sehr sinnvoll. Generell empfehle ich ein moderates Training an fünf Tagen in der Woche von mindestens 30 Minuten. Wer ins Fitness-Studio geht, sollte sich vor dem Training aufwärmen, beispielsweise auf dem Crosstrainer.

Zusätzlich ist es ratsam, mehr Aktivität und Bewegung in den Alltag zu integrieren: die Treppe nehmen anstatt den Aufzug, eine Bahn früher aussteigen und den Rest zu Fuß gehen, mit dem Rad zum Einkaufen fahren und jeden Tag einen kleinen Spaziergang machen.

Wie bleibt man am Ball, wenn sich Frust einstellt?

Froböse: Generell sollte man sich kleine Ziele setzen, damit kein Frust aufkommt. Das Training darf nicht schon am Anfang überfordern. Es kann zudem sehr motivieren, mit Gleichgesinnten zu trainieren. Man bleibt länger am Ball, wenn der Sport Spaß macht. Und: Es ist auch keine Sünde, einmal keinen Sport zu treiben.

Wie schnell nehmen Dicke mit Sport ab?

Froböse: Zu Beginn stellt sich bei moderatem Training zunächst der Stoffwechsel um. Das dauert etwa zwei bis vier Wochen. Danach, in einem Zeitraum von vier bis sechs Wochen, baut sich die Muskulatur auf. Schließlich geht es an die Fettreserven. Erste sichtbare Erfolge gibt es nach 12 bis 15 Wochen. Der Körper wird straffer und Hüftgold verschwindet nach und nach. Eine gesunde Ernährung ist genauso wichtig. Etwa zwei Kilo Gewichtsverlust pro Monat sind gesund.

Professor Dr. Ingo Froböse ist Leiter des Zentrums für Gesundheit an der Deutschen Sporthochschule Köln.

sua/ham/reu/news.de

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