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Koalitionsverhandlungen beginnen: Diese Knackpunkte wollen Union und SPD in Rekordzeit klären

Bei den Koalitionsverhandlungen wollen Union und SPD binnen weniger Tage auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Bild: picture alliance/dpa | Michael Kappeler

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  • Startschuss für Koalitionsverhandlungen: So sieht der Zeitplan aus
  • Strenge Ansagen für Beteiligte laut durchgesickertem Papier
  • Knackpunkte im Überblick: Bei diesen Themen muss Schwarz-Rot einige Einigung erzielen

Nach der Bundestagswahl Ende Februar drückte die Union aufs Gaspedal: Bis Ostern will Kanzlerkandidat Friedrich Merz eine neue Regierung auf die Beine gestellt haben. Nach den Sondierungsgesprächen zwischen CDU, CSU und SPD, bei denen Übereinkünfte über wichtige Eckpunkte eines Regierungsprogramms getroffen wurden, stehen nun die Koalitionsverhandlungen an - und die sollen unter strengsten Vorkehrungen in möglichst zehn Tagen über die Bühne gehen.

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Das zentrale Projekt ist aber inzwischen wieder ins Wanken geraten, zudem wurden viele Politikbereiche in den Sondierungen noch gar nicht angepackt. Welche Knackpunkte stehen bei den am 13. März unter extrem schwierigen Vorzeichen beginnenden Koalitionsverhandlungen im Fokus?

Startschuss am 13. März: So sieht der Zeitplan für die Koalitionsverhandlungen aus

Mit 256 Unterhändlern will Schwarz-Rot die Koalitionsverhandlungen stemmen. Die Spitzen von Union und SPD haben den Mitgliedern der insgesamt 16 Arbeitsgruppen für die anstehenden Koalitionsverhandlungen strenge Vorgaben gemacht. "Keine Statements, keine Pressekonferenzen, keine Kommunikation von Zwischenergebnissen, keine Selfies etc.", heißt es in einer "Handreichung zu den Koalitionsverhandlungen 2025". Die "Rheinische Post" und das Nachrichtenmagazin "Politico" berichteten zuerst darüber, das Papier liegt auch der Deutschen Presse-Agentur vor.

Bis spätestens Montag, 24. März, sollen die Beteiligten ihre Arbeit abschließen. Bis Sonntag, 16. März, sollen die AG-Vorsitzenden eine "erste Agenda erarbeiten", der Steuerungsgruppe um CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, SPD-Generalsekretär Matthias Miersch, Unionsfraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zuleiten und dabei "mögliche Konfliktpunkte" identifizieren. Die Sitzungen sollen in den Parteizentralen oder im Bundestag stattfinden. Die Arbeitsgruppen legen selbst fest, wann sie ihre Arbeit aufnehmen.

Zum Ende der Koalitionsverhandlungen soll ein "Finanzcheck" vorgenommen werden. Erst danach werde verbindlich über finanzwirksame Maßnahmen entschieden. Am Ende ihrer Beratungen sollen die Arbeitsgruppen ein Papier vorlegen, das "möglichst kurz und präzise ist". Sie gehen dann zunächst an die Steuerungsgruppe und von dort an die Verhandlungsgruppe, der auch die Parteichefs Friedrich Merz (CDU), Lars Klingbeil und Saskia Esken (SPD) sowie Markus Söder (CSU) angehören.

XXL-Finanzpaket als Kernpunkt der Koalitionsgespräche: Die Basis wackelt schon

Die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Investitionen vor allem in die Infrastruktur: Das ist der große Durchbruch der Sondierungsgespräche, an dem alles hängt. Die Rechnung wurde aber ohne die Grünen gemacht, deren Zustimmung im alten Bundestag man braucht, um die nötigen Grundgesetzänderungen durchzusetzen. Im neuen Bundestag wäre das nur mit der AfD (ausgeschlossen) oder der Linken (extrem schwierig) möglich. Bisher stellen sich die Grünen quer. Gelingt bis zur geplanten Abstimmung im Bundestag am 18. März keine Einigung, muss mit der Finanzfrage die Grundlage für die Koalitionsverhandlungen neu geklärt werden. Man könnte die ganzen Gespräche im Grunde von vorn beginnen.

Union und SPD drohen Stolperfallen beim Thema Migration

Auch die zweite große Grundsatzeinigung beim Thema Migration beinhaltet einen Fallstrick. Die Union hat zwar ihren Willen bekommen, dass auch Asylbewerber an den Grenzen zurückgewiesen werden sollen. Aber das soll nur "in Abstimmung mit den europäischen Nachbarn" geschehen. Bei dieser Formulierung gibt es zwei unterschiedliche Lesarten. Die Union meint, man müsse die Nachbarn lediglich konsultieren. Die SPD hält eine Zustimmung für zwingend - und Österreich hat sich schon quer gestellt. Das kann in den weiteren Verhandlungen noch für Ärger sorgen.

Kann sich Schwarz-Rot auf einen gemeinsamen Sparkurs einigen?

"Wir werden im Rahmen der Haushaltsberatungen auch Einsparungen vornehmen", haben Union und SPD im Sondierungspapier vereinbart. Doch sie haben bewusst offen gelassen, welche Bereiche das betreffen soll. Sparen ist immer schmerzhaft, beide Seiten werden also um ihre Kernvorhaben kämpfen. Zu erwarten ist, dass die Union Sparrunden im Sozialetat vorschlagen wird, dem größten Bereich des Bundeshaushalts. Die SPD will am liebsten gar nicht so richtig sparen - und vor allem nicht bei der sozialen Absicherung. In den Koalitionsverhandlungen muss zumindest ein Grundkompromiss gefunden werden, den der neue Finanzminister dann in den Haushaltsverhandlungen umsetzen muss.

Angesichts der zunehmenden Bedrohung aus Russland und des drohenden Rückzugs der USA aus Europa wird die Verteidigungspolitik diesmal eine größere Rolle spielen als in früheren Koalitionsverhandlungen. Zum Beispiel will die Union das Nein des scheidenden Kanzlers Olaf Scholz zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern in die Ukraine rückgängig machen. Außerdem ist CDU-Chef Friedrich Merz anders als Scholz offen für einen europäischen Nuklearschirm auf Basis französischer Atomwaffen. Die Union kann sich auch die Rückkehr zu einer echten Wehrpflicht vorstellen, während die SPD auf Freiwilligkeit setzt.

Heizungsgesetz, Klimageld, Erbschaftssteuer: Kommen Union und SPD auf einen gemeinsamen Nenner?

Was wird aus diesem hochumstrittenen Erbe der Ampel-Koalition? Die CDU hatte im Wahlkampf versprochen, es rückgängig zu machen. Eine komplette Rückabwicklung wird aber mit der SPD schwierig. Es dürfte eher um eine grundlegende Überarbeitung der auch von Verbänden kritisierten, kleinteiligen Regelungen gehen. Spannend ist, ob es Einschnitte bei der milliardenschweren staatlichen Förderung des Heizungstauschs gibt.

Bei der Erbschaftsteuer könnte eine Reform anstehen - doch in welche Richtung? Die Union will Freibeträge erhöhen und die Erbschaftsteuer auf Eigenheime senken. Die SPD will Unternehmensvermögen beim Erben stärker besteuern. Sie fordert auch die Einführung einer Vermögensteuer, was die Union strikt ablehnt. Auch die Zukunft des Solidaritätszuschlags ist offen: Die Union will ihn vollständig abschaffen, die SPD bisher nicht.

Als Ausgleich zu einer steigenden CO2-Bepreisung beim Tanken und Heizen mit fossilen Energien ist seit langem ein Klimageld in der politischen Debatte - im Sondierungspapier von Union und SPD ist davon aber nichts zu lesen. Ein Klimageld dürfte viel Geld kosten und Union und SPD haben Entlastungen bei den Energiekosten angekündigt.

Das plant Schwarz-Rot für den ÖPNV und das Deutschlandticket

Die Union will mit dem Ziel mehr Wettbewerb den bundeseigenen Bahn-Konzern umkrempeln und den Infrastruktur- und Transportbereich voneinander trennen. Die SPD lehnt das bisher ab. Vor allem die CSU kritisiert zudem das Konzept einer milliardenteuren Generalsanierung hoch belasteter Strecken - auch weil kleinere Strecken davon nicht erfasst seien.

Die Finanzierung des bundesweit gültigen Deutschlandtickets im Nah- und Regionalverkehr durch Bund und Länder ist nur noch bis Ende des Jahres gesichert, weil nur bis dahin ein Bundeszuschuss festgesetzt ist. Vor allem die CSU sieht Bundesmittel kritisch. Falls es zu einer Fortführung des Tickets käme, droht eine Erhöhung des Monatspreises von aktuell 58 Euro.

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/news.de/dpa

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