Glanzloser Advent: Immer mehr Städte können sich Weihnachtsbeleuchtung nicht mehr leisten

Weihnachtsbeleuchtung in Deutschland auf Sparkurs: Kommunen streichen Lichterketten, LED-Skulpturen fallen aus, Spenden sollen fehlendes Geld ersetzen – frohe Weihnachten im Dunkeln. Ein Kommentar.

Von news.de-Redakteurin - Uhr

Viele Städte müssen Weihnachtsbeleuchtung reduzieren oder ganz ausfallen lassen. (Foto) Suche
Viele Städte müssen Weihnachtsbeleuchtung reduzieren oder ganz ausfallen lassen. Bild: AdobeStock/ Sebastiart
  • Viele Städte müssen Weihnachtsbeleuchtung reduzieren oder ganz ausfallen lassen
  • Beispiele: Dresden streicht Baumbeleuchtung, Stuttgart verzichtet auf Skulpturen
  • Andere Städte wie Luckenwalde sammeln Spenden für festliche Lichter

Ach, Weihnachten in Deutschland. Die Phase, in der Innenstädte wirken wie ein überladenes Deko-Regal: überall Glitzer und viel Licht. Dieses Jahr jedoch wird es vielerorts deutlich dunkler und das nicht aus Klimabewusstsein, sondern weil die kommunalen Kassen so leer sind wie die Regale im Schlussverkauf.

Man könnte fast meinen, Deutschlands Weihnachtsbeleuchtung sei neuerdings auf Diät. "Funkel-Fasten" als kommunale Notmaßnahme. Während in anderen Ländern Großstädte ganze Straßenzüge in LED-Meere verwandeln, diskutieren wir in Deutschland darüber, ob wir uns den Anschaltknopf überhaupt noch leisten können.

Der Handelsverband Deutschland schlägt bereits Alarm und warnt laut "Bild" davor, dass das "innerstädtische Funkeln" bedroht sei.

Wo wird es dunkle Weihnachten in Deutschland geben?

Dresden schafft es nicht, 80 Lindenbäume zu beschneiden, weshalb die Lichterketten angeblich nicht mehr reinpassen. Eine Baumkrone, so gefährlich ausladend, dass sie weihnachtliche Illumination verschluckt wie ein schwarzes Loch. Die Händler wollten den Schnitt sogar selbst bezahlen. Die Stadt sagte nein. Wahrscheinlich aus Sicherheitsgründen. Oder Stolz. Oder beidem.

Stuttgart verzichtet gleich ganz auf einige leuchtende Skulpturen. "Zu teuer", heißt es. Wer braucht schon funkelnde Lichtfiguren, wenn man auch auf tristen Fußwegen über die Haushaltsmisere stolpern kann?

Heidelberg schaltet die Lichter später an und früher aus. Ein romantisches Konzept: "Weihnachtsbeleuchtung im 45-Minuten-Takt". Fast wie eine Fernbeziehung, in der man sich kurz freut und dann ist sie wieder weg.

Hannover hat immerhin Licht, zumindest vorerst. Denn wenn die 30.000 Euro Restbudget nicht zusammenkommen, gehen die Lichter dort auch aus. Ein Adventskalender der besonderen Art: jeden Tag hoffen, dass die Kasse nicht kollabiert.

Und manche Städte sammeln bereits Spenden. Für die Weihnachtsbeleuchtung.

Wenn der Staat am Lichterketten-Schalter scheitert

Die große Frage lautet: Wie sind wir eigentlich an den Punkt gekommen, an dem ein paar Lichterketten einen kommunalen Notstand auslösen?

Wir sprechen über ein Land, das Milliarden für alles Mögliche findet, für Großprojekte, Beraterverträge, Ampelgespräche, die endlos dauern, aber bei ein paar Lämpchen plötzlich den Rotstift zückt. Mehr Symbolpolitik geht kaum: Wenn es hell werden soll, wird es dunkel.

Was früher ein selbstverständlicher Teil städtischer Identität war, wird heute zur haushaltspolitischen Mutprobe. Die Diskussion dreht sich längst nicht mehr um ein bisschen Weihnachtsstimmung, sondern um etwas Größeres: Die Lichter sind ein Gradmesser dafür, ob der Staat noch in der Lage ist, selbst einfachste Erwartungen zuverlässig zu erfüllen. Und wenn schon das Anbringen von ein paar Glühbirnen zu einer Frage nationaler Belastbarkeit wird, dann wirkt das alles wie ein unfreiwilliger Spoiler auf das, was uns möglicherweise noch bevorsteht.

Denn spätestens in dem Moment, in dem Kommunen erklären müssen, warum sie sich keinen festlichen Glanz leisten können, wird klar: Hier geht es nicht um Stromkosten oder Energiesparen, sondern um das schwindende Vertrauen in die Funktionsfähigkeit eines Systems, das sich an banalen Dingen verhakt. Ein Land, das sich mit ambitionierten Zukunftsplänen schmückt, aber an einer Beleuchtungskette scheitert ist nicht nur ein Witz der Bürokratie, sondern vor allem ein Symptom. Und Symptome, das wissen wir alle mittlerweile, sollte man ernst nehmen, bevor die ganze Straße im Dunkeln liegt.

Frohe Weihnachten also allerseits. Wer Licht will, bringt am besten seine eigene Taschenlampe mit.

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