Von news.de-Redakteurin Ines Weißbach, Köln - Uhr

«Lindenstraße»: «Ich habe nichts von Gabi»

Andrea Spatzek sitzt in der Lindenstraßen-Kantine in Köln-Bocklemünd und wartet. Sie muss heute gar nicht für die Serie drehen, sondern nur Fragen beantworten. Mit news.de spricht die Darstellerin der Gaby Zenker über 25 Jahre Lindenstraße.

Andrea Spatzek spielt seit 25 Jahren die Gabi. (Foto) Suche
Andrea Spatzek spielt seit 25 Jahren «die Gabi». Bild: dadp

Wenn Sie beim Dreh Marianne Rogée oder Marie-Luise Marian begegnen, erkennen Sie die Lindenstraßen-Rollen Isolde Pavarotti und Helga Beimer in ihnen wieder?

Spatzek: Natürlich erkennt man die Rolle in den Leuten wieder. Auch bei mir, seit 24 Jahren wird das Drehbuch für Andrea Spatzek als Gabi Zenker geschrieben und nicht für XY. Wir hauchen den Figuren Leben ein. Wir lassen sie so agieren, wie wir das persönlich unter diesen Voraussetzungen auch machen würden.

Haben Sie deshalb Einfluss auf das Drehbuch?

Spatzek: Nicht in dem Sinn. Die Autoren wissen, wen die Darsteller verkörpern und deswegen schreiben sie für uns in den speziellen Rollen. Im ersten Jahr war der Text schon fertig, bevor ich mit der Rolle besetzt wurde. Ab dem Zeitpunkt, wo die Autoren gewusst haben, aha, so schaut unsere Gabi aus, so kommt sie rüber, ist für diese Gabi dann auch weiter geschrieben worden.

Hat die Gabi irgendwas mit der Andrea gemacht in den vergangenen 25 Jahren?

Spatzek: Nein, das hat die Andrea schon alles allein gemacht. Ich kann das sehr gut trennen. Andrea durfte älter und selbstbewusster werden. Deshalb ist auch Gabi heute ein bisschen gesetzter und nicht mehr so jugendlich beschwingt wie am Anfang. Wir haben quasi Parallelentwicklungen gemacht. Ich muss aber immer sagen: Ich bin ich. Ich habe nichts von der Gabi, die Gabi hat aber viel von mir.

Ist Ihnen in der ganzen Zeit beim Dreh je etwas schwer gefallen?

Spatzek: Wenn viele Dinge zusammen kommen, wird es ein bisschen schwer, weil man gar nicht alles zeigen kann. Als Gabi zum Beispiel ihr Gehör verloren hat, von ihrem Mann getrennt war und die neue Liebe mit dem Postboten hatte. Das war insofern schwer, weil man die Liebe zum Postboten zeigen musste. Gleichzeitig darf man aber nicht vergessen, dass Gabi ununterbrochen in jeder Folge sagt: «Aber wir müssen es dem Andy erzählen.» Das war ein bisschen viel auf einmal und ich war eigentlich heilfroh, dass das mit dem Postboten wieder zuende war. Toll zu spielen, obwohl es nicht lustig war, war der ganze Handlungsstrang, als Max verschwunden war, bis zu dem Zeitpunkt, wo man ihn tot aufgefunden hat. In der Pathologie identifizieren. Das war nichts Positivies, aber für einen Schauspieler eine schöne Aufgabe.

Was hat Sie gereizt, sich für die Lindenstraße casten zu lassen?

Spatzek: Das war sehr kurzfristig. Ich habe es einen Tag vorher durch meinen Bruder erfahren, der ist auch Schauspieler. Ich hatte mein Engagement am Volkstheater in Wien, bin dann zum Casting und wollte es mir einfach nur mal anschauen. Die Chance, dass man bei so was genommen wird, ist sehr gering, und es waren wahnsinnig viele Leute da. Mädels in meinem Alter. Ich habe nicht damit gerechnet, genommen zu werden, deshalb bin ich ganz locker aufgetreten. Ich bin's dann geworden.

Das war also der Tag, der Ihr Leben verändert hat.

Spatzek: Hundertprozentig. Wäre ich nicht dort hingegangen, wäre ich am Theater geblieben. Meine Mutter wäre natürlich froh gewesen, weil ich nicht weggegangen wäre (lacht). Für sie war es das Schlimmste überhaupt, dass ich so weit weggegangen bin. Dank der neuen Flugrouten zwischen Köln und Wien ist es jetzt aber sehr angenehm. Ich bin ungefähr alle zwei Monate bei meinen Eltern. Viel öfter würde ich wahrscheinlich meine Mutter auch nicht sehen, wenn ich in München leben würde.

Hatten Sie in dieser langen Zeit auch Zweifel, mit der Lindenstraße weiterzumachen?

Spatzek: Nein. Die Leute haben mich sowieso schnell mit der Gabi in Verbindung gebracht. Die Lindenstraße war gerade zweimal ausgestrahlt, da haben mich die Leute auf der Straße schon erkannt. Das war ein Phänomen. Natürlich ist immer die Frage: Möchte man durch eine Serie bekannt werden? Andererseits: Hätte ich die Serie nicht gemacht, wäre ich auch nicht bekannt geworden. Vielleicht kriegt man nicht wahnsinnig viele Engagements, wenn man festgelegt ist auf eine Rolle. Nur wenn man überhaupt nicht bekannt ist, kriegt man genauso wenig.

Wie hätte Ihr Leben ohne Lindenstraße ausgesehen?

Spatzek: Damals war die Serie angelegt auf ein Jahr mit der Option auf ein zweites. Wenn es nicht weiter gegangen wäre, hätte ich zurück ins Volkstheater nach Wien gehen können. Die Stelle wurde mir vom Intendanten frei gehalten. Wir sind dann verlängert worden. Es war am Anfang nicht so konzipiert, dass ich für so viele Jahre weggehe. Denn ich war mit einem Wiener Regisseur zusammen. Wenn man dann jahrelang woanders ist, entfremdet man sich. Und es war dann auch so, dass wir uns vier Jahre später getrennt haben.

Gucken Sie sich die Folgen von vor 25 Jahren manchmal an?

Spatzek: Ab und zu schon. Es ist sehr lustig, weil man sehr viel bereits vergessen hat. Das sind dann so Momente: Ach ja, mit dem habe ich auch schon gedreht! Oder, das war die Szene, hatte ich ja völlig vergessen. Die Serie läuft schon so lange, dass man sie als zeitgeschichtliches Dokument bezeichnen kann. Mein Sohn kann später mal seinen Kindern zeigen: Schaut, so hat eure Großmutter mit 26 ausgeschaut und so mit 51. So war die Mode damals, das haben die getragen.

Apropos «mit dem habe ich auch schon gedreht»: Freuen Sie sich heute noch, dass Til Schweiger in seiner Rolle als Ihr Stiefsohn Jo Zenker in Sie verliebt war?

Spatzek: (lacht) Es ist immer ganz lustig, was über Til Schweiger gesprochen wird. Für mich ist er einfach der Til, den ich damals kennen gelernt habe. Ich freue mich aber über die ganze Entwicklung, die er gemacht hat, seinen Stellenwert, den er in der deutschen Filmwelt hat.

Haben Sie einen Wunsch für die Entwicklung der Rolle «Gabi»?

Spatzek: Ich wünsche mir natürlich, dass das ein oder andere passiert. Dass kein Stillstand kommt und sie zeitlebens in der Bäckerei steht und nur noch sagt: «Was hätten Sie gerne?» Das wäre langweilig. Natürlich wünsche ich ihr viel Turbulenz und dass sie vielleicht endlich mal Skifahren gehen darf.

Da kommt die Andrea wieder raus.

Spatzek: Genau, das würde ich der Andrea wünschen. Ansonsten freue ich mich immer auf die neuen Bücher und bin gespannt, was passiert. Ich freue mich dann auch, dass ich den Leuten vor dem Fernseher voraus bin, weil die noch nicht wissen, wie's weiter geht.

Andrea Spatzek (51) ist eine österreichische Schauspielerin. Seit der ersten Folge der Lindenstraße (1985) verkörpert sie die Rolle der Gabi Zenker.

Die ARD-Serie feiert in diesem Jahr 25. Geburtstag. Dazu strahlt das Erste am Samstag, 11. Dezember, von 23.15 Uhr eine «Lindenstraßen-Nacht» aus.

car/news.de

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