Von news.de-Redakteur Frank Willberg - Uhr

Skat, Schach, Darts: Ist das überhaupt Sport?

483 Sportarten kennt das Online-Lexikon Wikipedia. Aber wer bestimmt, welche Denk-, Renn- und Präzisionssportarten «offiziell» Sport sind? News.de recherchiert im Schatten von König Fußball und sucht die sonderbarsten Sportarten. Das bizarrste Ergebnis: Bis 1948 gab es Olympia-Gold für Malerei, Musik, Baukunst und Literatur!

Immer wieder steht die Frage: Ist das Sport? Zum Beispiel wenn in Deutschlands Kneipen Skat gespielt wird; in Frankreich trifft man sich in Parks zum Boule, in Russland zum Schach, am Mittelmeer zu Domino oder Backgammon. Gesellschaftsspiele, dennoch gibt es eine Skat-Bundesliga, ebenso solche für Kegeln, Billard, Tischkicker, Darts, Poker oder Schach.

Denken als Sport

Das sogenannte Königs-Spiel hat sogar seine eigene Olympiade, Profispieler und bei WM-Kämpfen mit markanten Persönlichkeiten wie Garri Kasparow oder in der 1970ern Bobby Fischer einige mediale Aufmerksamkeit. Den Namen des aktuellen indischen Schach-Weltmeisters Viswanathan Anand jedoch sprechen wohl nur Eingeweihte fehlerfrei aus. Trotzdem werden auch in der 3. Liga gelegentlich Antrittsprämien gezahlt, sitzen Meister am Brett. In den zwei Bundesligen sind die Profis fast unter sich. Auch ohne zu schwitzen, aber mit täglichem Training, lassen sich in diesem Denksport genug Brötchen zum Leben verdienen.

Randsportarten und echte Exoten

Trainingsschweiß dürfte auch beim Angeln selten fließen. Und wenn Golf ab 2016 olympische Disziplin ist, warum dann nicht Mikado? Eine Weltmeisterschaft wird bei beidem nicht ausgetragen, dafür gibt es aber bereits die 16. WM im Frauentragen und die 17. Luftgitarren-WM. Dabei löste der US-Amerikaner Justin Howard alias «Nordic Thunder» Aline Westphal («Devil's Niece») aus Burgwedel als Champion ab. Verrückt? Mitnichten! Dafür müssen die Pfannkuchenrennen am Pancake Day ran, deren Wurzeln bis ins Jahr 1445 zurückreichen. Wahrscheinlich war seinerzeit im englischen Olney ein Köchin spät dran zum Pfannkuchenessen vor der Fastenzeit. So entstand ein Wettlauf am Faschingsdienstag. Und was ist mit Extrembügeln unter Wasser oder auf dem Kilimandscharo?

Ohne Moos nix los

Geld ist definitiv ein Kriterium. Vom Hamburger Schach-Großmeister Jan Gustafsson stammt das Zitat: «Im Pokern ist mehr zu holen!» Die Moneten locken nicht nur «Sportler» sondern vor allem Fernsehkameras, Werbeverträge und Sponsoren, so dass die Preise überproportional anwachsen. Nicht im Skat, aber beim Pokern.

Auch der vorletzte Darts-Weltmeister Adrian Lewis schmückt sich mit dem Kampfnamen «Jackpot» wegen seiner gewonnenen Preisgelder. Selbst die Weltrangliste wird anhand des Preisgeldes ermittelt. Der amtierende Weltchampion Phil Taylor - Legende und natürlich Profi - führt mit gewonnenen 756.000 Pfund – nicht übel für eine Kneipensportart.

Billard, Pool oder Snooker gelten schon seit jeher als gutbetuchter Gentlemen's-Sport. Mit mehreren Hunderttausend Euro sind die größten Snooker-Turniere dotiert, die im Sportfernsehen übertragen werden. Die erste Profi-WM wurde schon 1927 ausgetragen. Und die aktuelle Nummer eins der Weltrangliste Mark Selby hat schon schlappe 1,7 Millionen Pfund an Preisgeld erspielt.

Der Mensch in der zweiten Person

Ein zweifelhafter Sport ist auch das Dressurreiten. Zumindest müssten hier eigentlich die Pferde die Medaillen bekommen. Dann wäre Valegro Olympiasieger 2012 statt seine Dressurreiterin Charlotte Dujardin. Ähnlich sieht es beim Modellbootfahren, beim Bobsport und der Formel 1 aus. Denn den Technikern und Tüftlern im Hintergrund gebührt der eigentliche Ruhm. Dennoch kennen nur Motorsportfans Adrian Newey, den Technikchef von Weltmeister Sebastian Vettel. Zumindest existiert eine Teamwertung neben der Fahrerwertung.

Selbst die olympischen Bogenschützen wären ohne ihre technischen Einstellungen am Bogen und eine präzise Entfernungsangabe des Ziels vollkommen aufgeschmissen. Klassische Bogenschützen á la Robin Hood lästern gerne und nicht ganz grundlos über die begrenzten Olympioniken ihres Fachs.

Weitere unlogische Fälle

Hammerwerfen ist seit 1896 olympisch – warum nicht Axtwerfen? Die Highland Games inspirierten Pierre de Coubertin zu den olympischen Spielen und werden seit 1000 Jahren veranstaltet. Aber Baumstammweitwurf bleibt im Schatten, ebenso Tauziehen, was zumindest bis zu Olympia 1920 in Antwerpen auf dem Programm stand. Curling war 1924 Demonstrationssportart und wurde 1998 olympisch – warum nicht Boule, Bowling oder Eisstockschießen? Letzteres war sogar zwei Mal, 1936 und 1964, dabei.

Selbst die Olympischen Spiele hecheln also nur der Mode und dem Geld hinterher. So wurden Baseball und Softball 1992 beziehungsweise 1996 ins Programm aufgenommen, aber nach 2008 kurzerhand wieder rausgeschmissen. Die etwas schwammigen Kriterien für die Aufnahme einer Sportart ins Olympische Programm lauten übrigens: Geschichte und Tradition der Sportart, Verbreitung, Beliebtheit, Gesundheit der Athleten, Entwicklung des zuständigen Sportverbandes und Kosten der Ausrichtung. Letztere wären bei Kneipensportarten eher gering.

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kru/kls/news.de

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