Von news.de-Redakteurin Julia Zahnweh - Uhr

Manon Straché: Eine Reise zu sich selbst

In ihrer Biografie Leise jedoch kann ich nicht erzählt Manon Straché - bekannt aus Lindenstraße und Girl Friends - ihre private Geschichte der Geschichte. Im news.de-Interview spricht sie über ihre Zeit in der DDR, über den Humor der Deutschen und erzählt, was sie von Christian Wulff hält.

Manon Straché hat ihre Biografie geschrieben. (Foto) Suche
Manon Straché hat ihre Biografie geschrieben. Bild: dpa

Sie selbst fragen sich im Vorwort Ihrer Biografie, «ob es eigentlich irgendjemand in diesem Lande noch gibt, der noch kein Buch geschrieben hat?» - eine Anspielung auf die zahlreichen Promi-Bücher, die den Buchmarkt derzeit überschwemmen. Sie schreiben, dass Sie zu diesem Buch erst überredet werden mussten. Von wem und wie hat derjenige es geschafft, sie zu überzeugen?

Straché: Ich habe an einem anderen Buchprojekt mitgearbeitet – an Wie wir wurden, was wir sind. Zehn Schauspielerinnen erzählen in Interviewform, wie sie zu diesem Beruf gekommen sind. Ich muss dann so viel erzählt haben, dass die Herausgeberin des Buches mich angerufen und gesagt hat: «Das ist Stoff für ein eigenes Buch.» Erst einmal habe ich mich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, weil mir jede Form von Exibitionismus zuwider ist. Ich wusste ja auch nicht, ob ich literarisch begabt bin. Dann ist sie aber hinter meinem Rücken zum Südwest-Verlag gegangen. Die meinte, da ich ein Zeitzeuge sei und das deutsch-deutsche Thema sehr humoristisch und satirisch betrachte, könnten sie sich eine Biografie gut vorstellen. Dann hat mich das irgendwie doch gereizt. Denn was habe ich schon zu verlieren?

Sie sind erst 50, nicht zu früh für eine Biografie?

Straché: Wenn man schreiben kann, kann man auch mit drei Jahren eine Biografie verfassen – wenn man in den drei Jahren etwas Spannendes erlebt hat. Andere schenken sich zum 50. eine tolle Reise, ich habe mir eine zu mir selbst geschenkt.

Sie haben in der ehemaligen DDR, genauer in Leipzig, die Schauspielschule besucht. Dort haben Sie auch vor der Einheit politisches Kabarett gespielt. Wie war das überhaupt möglich, Kritik am System zu äußern?

Straché: Wir haben nicht das journalistische Kabarett gemacht - wie etwa Dieter Hildebrandt, der auch Politiker-Namen nennen konnte. Das war bei uns nicht möglich. Wir haben die theatralische Form des Kabaretts gewählt. Wir haben Figuren sprechen lassen. Der Staat hat sich einen Hofnarren geleistet, weil er eine gewisse Ventil-Funktion hatte. «Die Leute, die Kabarett-Karten ergattern konnten, was konnten die schon ausrichten?», hat sich der Staat gedacht. Es war dann auch mal wieder Ruhe im Karton, weil auf der Bühne Sachen gesagt wurden, die die Leute in ihren Betrieben unter den normalen DDR-Verhältnissen nicht sagen konnten. Sie konnten dann immerhin lachen, weil wir es gesagt haben.

In ihrem Buch geht es auch um den Humor der Deutschen. Ist der Osten oder der Westen humorvoller?

Straché: Ich kann es nicht trennen. Das einzige, was mir im wiedervereinten Deutschland fehlt, sind die politischen Witze, die wir natürlich in der DDR hatten. Die gibt es nicht mehr, weil jeder alles sagen darf.

Im Buch erzählen Sie auch den ein oder anderen DDR-Witz. Welcher ist ihr Lieblingswitz?

Straché: Erich Honecker und Egon Krenz fahren durchs Land und besuchen unter anderem einen Kindergarten. Dort fragt Honecker die Kindergartenleiterin, ob sie einen Wunsch habe. Da fragt sie, ob sie für die Kinder ein Plantschbecken für den Sommer haben könne. Honecker sagt: «Nein, das können wir nicht machen. Das ist zu teuer.» Dann fahren sie weiter und besuchen ein Gefängnis. Honecker fragt den Gefängnisdirektor ebenfalls, ob sie was brauchen. «Ja, neue Farbe für die Gitterstäbe», antwortet er ihm. «Und wollt ihr noch einen Swimmingpool für die Häftlinge?», fragt Honecker. «Ja gerne, wenn das geht», sagt der Direktor. Später fragt Krenz Honecker: «Sag mal Erich, der Kindergarten bekommt noch nicht einmal ein Plantschbecken und der Knast einen ganzen Swimmingpool.» Dann sagt Honecker: «Hör mal zu Egon, wenn diese ganze Scheiße hier vorbei ist, denkst du wir kommen dann in den Kindergarten?» (lacht)

Sie reisten auch mehrmals zu Gastspielen in den Westen. Haben Sie niemals daran gedacht, im Westen zu bleiben?

Straché: Ich habe ständig daran gedacht. Ich habe es aber nicht gemacht, weil ich meinen Verwandten und meinen Kollegen gegenüber eine Verantwortung hatte. Ich habe an nichts mehr in der DDR gehangen. Aber ich habe auch gedacht: Du hast hier deine Ausbildung gemacht, die zählen auf Dich.

Warum Manon Straché Joachim Gauck als Bundespräsident lieber wäre

Nach dem Mauerfall sind Sie im Westen bei der Lindenstraße gelandet. Diese Zeit kommt in Ihrem Buch nicht gut weg, warum?

Straché: Mit dem Medium Fernsehen hatte ich bis dahin noch nicht so viel zu tun. Zunächst war die Lindenstraße also für mich schon eine schöne Aufgabe. Aber ich wurde so als Quoten-Ossi verkauft. Auf die Entwicklung der neuen Bundesländer wurde in der Lindenstraße gar nicht eingegangen. Meine Figur entwickelte sich überhaupt nicht weiter. Hinzu kam, dass ich nebenher Theater in Heidelberg gespielt habe und den Schwerpunkt lieber mehr auf das Theater legen wollte. Der Herr Geißendörfer war enttäuscht und hat mich als undankbar empfunden. Deswegen ist mein Abschied nach vier Jahren etwas muffelig ausgefallen.

Neben Ihrer Arbeit beim Fernsehen spielen Sie schon immer viel Theater. Was ist Ihnen lieber? Theater oder Fernsehen?

Straché: Ich komme vom Theater, da sind meine künstlerischen Wurzeln. Es ist toll auf der Bühne zu stehen, aber ich drehe auch wahnsinnig gern. Es sind zwei unterschiedliche Arbeitsweisen. Theater spielen ist ausatmen und drehen ist einatmen. Im Theater hat man mehr Zeit, sich an seine Rolle heranzuarbeiten. Beim Drehen hast du nicht diese Zeit und die Szenen werden auch nicht chronologisch gedreht – man muss dann mit seiner Gefühlswelt gut haushalten können.

In ihrem Buch schreiben Sie auch von einer Begegnung mit dem heutigen Bundespräsidenten Christian Wulff, damals noch niedersächsischer Ministerpräsident, in einer Talkshow. Der hat Sie damals nicht wirklich überzeugt, oder?

Straché: Nee, überhaupt nicht. Nicht nur, dass er Schlagwörter wie Wende und neue Bundesländer benutzte, die ich gerne aus unserem Sprachgebrauch weg hätte. Es war ja eine Revolution des Volkes. Wulff war auch einfach nicht gut informiert. Man kann doch nicht sagen, wir können eine Hymne aus einem totalitären System nicht übernehmen, wenn sie dort doch verboten war. Wir durften sie ja nicht singen. Ich fand seinen Umgang mit dem Thema einfach zu lasch. Als ich ihn gefragt habe, warum wir nach damals 15 Jahren immer noch neue Bundesländer sagen, sagte er, dass man das halt benennen müsse. Aber warum? Man kann doch auch Mecklenburg Vorpommern oder Thüringen sagen. Als hätten die uns heim geholt. Ich mag das nicht.

Hätten sie lieber Joachim Gauck als Bundespräsidenten gehabt?

Straché: Auf jeden Fall. Herr Gauck hätte Frau Merkel vielleicht auch mal was anderes gesagt, als was sie hören will. Herr Gauck hat viel für das wiedervereinte Deutschland getan und auch den Linken auf die Finger gehauen. Ich finde diesen Mann einfach kompetenter. Wir werden aber sehen, wie sich Herr Wulff macht. Ich kann mir noch kein richtiges Urteil über ihn erlauben. Im Moment ist er mir einfach noch zu glatt, Herr Gauck hat einfach mehr Erfahrung auf dem Buckel.

Ihr Buch endet damit, dass Sie von Ihren Erlebnissen während der WM 2006 in Berlin schreiben. Zum ersten Mal hätten sie das Gefühl gehabt: «Jetzt sind wir angekommen. Gemeinsam angekommen in Deutschland.» Vier Jahre später wehten die Deutschlandflaggen wieder im Lande. Mancher übte schon wieder Kritik, es sei schon wieder zu viel und zu steif gewesen. Wie empfanden sie das?

Straché: Es war anders. Ich war wieder in Berlin dabei. Hier war der Teufel los, wenn Deutschland gewann, aber es wehten auch viele internationale Flaggen. Es war diesmal auch anders, weil es so weit weg in Südafrika war. Und trotzdem war hier wieder eine tolle Atmosphäre. Der Slogan «Die Welt zu Gast bei Freunden», der hat mich 2006 schon berührt. Und jetzt waren wir zu Gast.

Manon Straché: Leise jedoch kann ich nicht, Südwest Verlag, München, 256 Seiten, Euro 17,95.

Zu Person: Manon Straché (*geboren am 27. März 1960 in Magdeburg), absolvierte von 1980 bis 1984 eine Schauspielausbildung an der Theaterhochschule «Hans Otto» in Leipzig. Im November 1989 verließ sie die DDR. Anfang der 1990er Jahre wurde sie einem größeren Publikum bekannt, als sie die Rolle der Claudia Rantzow in der TV-Serie Lindenstraße spielte. Weitere Rollen in den Fernsehserien «girl friends -Freundschaft mit Herz» und «Hotel Elfie» folgten.

oro/news.de

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