Donald Trump: Trump-Code entschlüsselt - was er sagt und was er wirklich meint

Ein Interview wie ein politischer Donnerschlag: Donald Trump rechnet mit Europa ab, demütigt Spitzenpolitiker und schont weder Verbündete noch Gegner. Seine Botschaft: Stärke zählt – und nur er definiert, wer schwach ist.

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Donald Trump teilt in einem Interview heftig gegen Europa aus. (Foto) Suche
Donald Trump teilt in einem Interview heftig gegen Europa aus. Bild: picture alliance/dpa/AP | Alex Brandon
  • Donald Trump attackiert EU-Führungskräfte als "dumm" und "schwach" und greift London und Kiew frontal an
  • Sadiq Khan und Selenskyj geraten besonders ins Visier – während Orbán von Trump gefeiert wird
  • Präsident offenbart ein Weltbild, in dem Stärke siegt und politische Korrektheit Europa "zerstört"

In einem aufsehenerregenden Interview mit "Politico" hat US-Präsident Donald Trump europäische Politiker scharf attackiert und dabei seine charakteristische Kommunikationsstrategie offenbart. Der 79-Jährige bezeichnete zahlreiche EU-Führungskräfte als "dumm" und "schwach". Eine Wortwahl, die für einen Staatschef ungewöhnlich ist.

Zwischen Lob und Hass: Trump-Rhetorik entlarvt

Trumps rhetorisches Muster folgt dabei einem erkennbaren Schema: Er wechselt zwischen Lob und Herabsetzung, zwischen Bewunderung und Verachtung – teilweise innerhalb desselben Satzes. "Einige sind Freunde. Einige sind okay. Ich kenne die guten Führungspersönlichkeiten. Ich kenne die schlechten Führungspersönlichkeiten. Ich kenne die Klugen. Ich kenne die Dummen. Es gibt auch ein paar richtig Dumme", erklärte Trump. Europa mache "in vielerlei Hinsicht keinen guten Job", so der US-Präsident weiter. Die Europäer würden "zu viel reden" und nicht liefern. Ihr Streben nach politischer Korrektheit mache sie schwach.

Donald Trump beschimpft Londons Bürgermeister als "widerlicher" Sündenbock

Besonders heftig fiel Trumps Attacke gegen Sadiq Khan aus. Während er London als "einen der großartigsten Orte der Welt" pries, überzog er dessen Bürgermeister mit einer Schimpftirade: "Inkompetent, ein furchtbarer, bösartiger, widerlicher Bürgermeister", so Trump über den 55-jährigen Labour-Politiker.

Doch der US-Präsident beließ es nicht bei persönlichen Beleidigungen. Er stellte auch die demokratische Legitimation des dreimal gewählten Stadtoberhaupts infrage. Khan werde nur gewählt, "weil so viele Menschen zugezogen sind", behauptete Trump. "Sie wählen ihn jetzt" – eine Anspielung auf muslimische Einwanderer, da Khan der erste muslimische Bürgermeister Londons und Sohn pakistanischer Immigranten ist. Khan habe "eine völlig andere Ideologie, als er eigentlich haben sollte", erklärte Trump weiter – ohne zu erläutern, wer darüber zu entscheiden habe, welche Ideologie ein demokratisch gewählter Politiker haben dürfe.

Argument wie von Putin: US-Präsident schießt gegen Selenskyj

Mit ähnlicher Rhetorik nahm sich Trump den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor. Der 47-Jährige nutze den Krieg als "Vorwand, um keine Wahl abzuhalten", behauptete der US-Präsident – ohne darauf einzugehen, wie Wahlen in den russisch besetzten Gebieten des Donbas überhaupt durchführbar wären.

"Ich denke, das ukrainische Volk sollte diese Wahl haben", erklärte Trump. "Man redet von einer Demokratie, aber irgendwann ist es dann keine Demokratie mehr." Eine Formulierung, die Kreml-Chef Wladimir Putin kaum treffender hätte wählen können.

Gleichzeitig betonte Trump, er bewundere die Ukrainer und ihren "tapferen Präsidenten". Doch im nächsten Atemzug warf er Selenskyj vor, den jüngsten amerikanisch-russischen Friedensvorschlag nicht einmal gelesen zu haben. "Es wäre wirklich gut, wenn er ihn lesen würde", so Trump. Selenskyjs Stellvertreter würden den Plan angeblich mögen – nur ihr Chef nehme sich keine Zeit dafür.

Orbán als Vorbild, der Rest Europas als Versager

Trumps Strategie zielt erkennbar auf eine Spaltung des Kontinents ab. Während er Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orbán für dessen Grenz- und Migrationspolitik lobte – dieser mache "einen sehr guten Job" nach amerikanischem Vorbild –, attestierte er dem übrigen Europa völlige Orientierungslosigkeit.

"Sie wissen auch nicht, was sie im Handel tun sollen", kritisierte Trump. Die Entwicklung sei "ein bisschen gefährlich". Der Grund für Europas Schwäche liege im Streben nach politischer Korrektheit: "Das ist es, was sie schwach macht."

Der US-Präsident kündigte zudem an, weiterhin in europäische Wahlkämpfe einzugreifen – auch wenn dies lokale Empfindlichkeiten verletze. "Ich würde unterstützen", sagte Trump und verwies auf seine Wahlempfehlung für Orbán. Der Präsident des Europäischen Rates, António Costa, hatte die Trump-Administration bereits ermahnt: "Verbündete drohen nicht damit, sich in das demokratische Leben dieser Verbündeten einzumischen."

Das Recht des Stärkeren als Leitprinzip von Trump

Trumps Weltbild offenbart sich besonders deutlich in seinen Aussagen zum Ukraine-Krieg. Er zolle den Ukrainern "enorme Anerkennung für ihren Mut", erklärte der Präsident. Doch dann folgte der entscheidende Nachsatz: "Irgendwann setzt sich Größe in der Regel durch."

Russland befinde sich offensichtlich in einer stärkeren Position als die Ukraine, stellte Trump im Interview fest. Der Konflikt sei "nicht mein Krieg", sondern "Joe Bidens Krieg" – die amerikanischen Sicherheitsgarantien aus dem Budapester Memorandum von 1994 erwähnte er nicht.

Als Haupthindernis für eine Einigung benannte Trump den "enormen Hass" zwischen Putin und Selenskyj. "Es ist für sie sehr schwer, einen Deal zu machen", beklagte er. Die beiden Staatschefs erschwerten damit offenbar vor allem eines: die Arbeit des selbsternannten Deal-Makers im Weißen Haus.

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