Lars Klingbeil: Vizekanzler fordert Steuererhöhungen und legt sich im Sommerinterview mit Söder an

Knallhart-Ansage im ZDF-Sommerinterview: Finanzminister Lars Klingbeil will Vermögende stärker belasten und stößt auf den geballten Widerstand der CSU. Der SPD-Politiker attackiert Markus Söder und wirft ihm teure Prestigeprojekte vor.

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Sommerinterview von Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) mit ZDF-Hauptstadtkorrespondentin Diana Zimmermann in "Berlin direkt". (Foto) Suche
Sommerinterview von Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) mit ZDF-Hauptstadtkorrespondentin Diana Zimmermann in "Berlin direkt". Bild: picture alliance/dpa/ZDF | Axel Heimken
  • Lars Klingbeil will Steuererhöhungen für Reiche und attackiert Markus Söder wegen teurer CSU-Projekte
  • Söder lehnt Steuerpläne kategorisch ab – Koalition kracht bei Haushaltsfrage auseinander
  • SPD-Chef pocht im ZDF-Sommerinterview auf Gerechtigkeit: "Superreiche müssen mehr beitragen"

Im ZDF-Sommerinterview hat Bundesfinanzminister Lars Klingbeil Steuererhöhungen für Vermögende und Spitzenverdiener ins Spiel gebracht, um das drohende Milliardenloch im Haushalt zu stopfen. "Da wird keine Option vom Tisch genommen", erklärte der SPD-Vorsitzende am Sonntagabend. Der Vizekanzler betonte, dass besonders Menschen mit hohen Einkommen und großen Vermögen ihren Beitrag für mehr Gerechtigkeit leisten müssten.

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Für die Schließung der Milliardenlücke schwebt dem Finanzminister ein umfassendes Maßnahmenpaket vor. Neben möglichen Steuererhöhungen nannte er den Abbau von Subventionen, Reformen der Sozialsysteme und Einsparungen in den Ministerien als weitere Optionen. Die SPD-Grundüberzeugung, dass Wohlhabende zur gesellschaftlichen Gerechtigkeit beitragen sollten, werde er trotz der Koalition mit der Union nicht aufgeben, stellte Klingbeil klar.

Drohender Koalitionskrach: Söder lehnt Klingbeils Steuerpläne strikt ab

Die Ankündigung des Finanzministers stößt beim Koalitionspartner auf heftigen Widerstand. CSU-Chef Markus Söder hatte bereits im Vorfeld klargestellt, dass Steuererhöhungen für ihn nicht infrage kommen. Diese strikte Ablehnung führt zu ersten deutlichen Spannungen in der schwarz-roten Koalition. Der Konflikt zwischen SPD und CSU in der Steuerfrage zeigt die unterschiedlichen Vorstellungen der Regierungspartner zur Haushaltskonsolidierung. Während Klingbeil auf Mehreinnahmen durch höhere Abgaben von Wohlhabenden setzt, beharrt die CSU auf ihrer Linie gegen jegliche Steuererhöhungen.

Die gegensätzlichen Positionen deuten auf schwierige Verhandlungen innerhalb der Koalition hin. Klingbeil kündigte bereits an, sich "kollegial an einen Tisch" setzen zu wollen, um die verschiedenen Vorschläge zur Verkleinerung der Haushaltslücke abzugleichen.

Klingbeil attackiert Söder: "Teure CSU-Vorhaben vergrößern Haushaltsloch"

Der Finanzminister nutzte das ZDF-Sommerinterview für einen direkten Angriff auf den bayerischen Ministerpräsidenten. "Auch Herr Söder hat ja nun mit einigen Vorhaben, die ihm wichtig sind, dazu beigetragen, dass eine Lücke im Haushalt größer wird", kritisierte Klingbeil seinen Koalitionspartner scharf.

Konkret verwies der SPD-Chef auf drei kostspielige CSU-Projekte: den erneuten Ausbau der Mütterrente, die Senkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie und die Wiedereinführung der Agrardiesel-Subventionen. Diese von Söder durchgesetzten Maßnahmen verursachen zusammen Steuerausfälle und Mehrausgaben in Milliardenhöhe. Die Kritik verdeutlicht den Widerspruch in der CSU-Position: Einerseits lehnt Söder kategorisch Steuererhöhungen ab, andererseits treibt er selbst teure Vorhaben voran, die das Haushaltsproblem verschärfen.

"Superreiche müssen beitragen!" SPD pocht auf Gerechtigkeitsprinzip

Die Sozialdemokraten beharren auf ihrer traditionellen Linie in der Steuerpolitik. Menschen mit "superhohen" Vermögen und Spitzeneinkommen sollten verstärkt zur Finanzierung des Gemeinwesens herangezogen werden, unterstrich Klingbeil seine Parteiposition. Diese Grundüberzeugung werde er auch in der Koalition nicht aufgeben.

Der Finanzminister richtete den Fokus bewusst auf die arbeitende Bevölkerung. Mehrfach erwähnte er im Interview Berufsgruppen wie Polizisten, Krankenschwestern und Erzieherinnen als Beispiele für fleißige Arbeitnehmer, die von SPD-Politik profitieren sollten. Die Partei konzentriere sich auf Gerechtigkeitsfragen und wolle, dass die "Fleißigen" wieder stärker von politischen Entscheidungen profitierten. Mit dieser Rhetorik grenzt sich Klingbeil deutlich vom Koalitionspartner ab und signalisiert eine Rückbesinnung auf sozialdemokratische Kernthemen.

"Reiche fordern längeres Arbeiten für alle!" Klingbeil schießt gegen Wirtschaftsministerin

Klingbeil nutzte das Interview auch für eine deutliche Attacke gegen seine Kabinettskollegin Katherina Reiche (CDU). Die Wirtschaftsministerin hatte kürzlich gefordert, die Deutschen müssten zur Sicherung der Rentenfinanzierung mehr und länger arbeiten.

Der SPD-Chef konterte scharf: "Meistens erlebe ich, dass Menschen mit sehr hohen Einkommen, mit sehr hohen Vermögen einen kräftigen Appell an das ganze Land richten, dass doch jetzt alle mal mehr arbeiten und länger arbeiten sollen." Diese Haltung werde einer angemessenen Rentendebatte nicht gerecht, kritisierte Klingbeil.

Mit diesem Seitenhieb unterstrich der Vizekanzler erneut die unterschiedlichen Ansätze der Koalitionspartner. Während die Union auf längere Lebensarbeitszeit setzt, favorisiert die SPD höhere Abgaben von Vermögenden zur Lösung der Finanzierungsprobleme.

Vizekanzler im ARD-"Sommerinterview" - Klingbeil-Aussagen sorgen für Empörung

Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten – in den sozialen Netzwerken entbrannte eine heftige Debatte:

  • "Wenn man eins aus dem #Sommerinterview mit Lars #Klingbeil gelernt hat, dann ist es, dass die #SPD keine Partei der Arbeiter mehr ist. Vernünftige Ausgaben, gezielte sozialverträgliche Einsparungen, alles Fehlanzeige. Stattdessen #Steuererhöhungen und mehr Belastungen für die Arbeitnehmer", schreibt in X-Nutzer.
  • "Wir haben eine 30 Milliarden Lücke im Haushalt und unser Finanzminister will alle Optionen nutzen. Sparen gehört natürlich nicht dazu", heißt es in einem Tweet.
  • "Mehr als höhere Steuern fällt denen bei der #SPD nicht ein. Wir haben ein Ausgabenproblem, kein Einnahmenproblem. Super auch der Satz: Wir sind noch nie vor Verantwortung weggelaufen. Übersetzt: Wir klammern uns an die Macht", meint ein anderer X-Nutzer.
  • "Ich wage mal zu behaupten, dass die Versprechungen von #Klingbeil aus dem #Sommerinterview heute weiterhin eine Behauptung bleiben - wie die vielen anderen Versprechungen der Vorgänger-SPD-Regierungen", ist in einem weiteren Tweet zu lesen.
  • "Man kann auch einen wenig begabten Politiker wie #Klingbeil im #Sommerinterview davon kommen lassen. Jeder, der es gesehen hat, ist genauso schlau wie vorher. Null Erkenntnisse. Wir arbeiten dran, na toll", schreibt in X-Nutzer.
  • "Wahnsinn, wie Lars Klingbeil die objektiven Probleme in der Rente mit den üblichen Floskeln negiert", heißt es in einem Tweet.

Das komplette ZDF-"Sommerinterview mit Lars Klingbeil können Sie als Video-on-Demand in der ZDF-Mediathek abrufen.

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/gom/news.de/dpa/stg

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