Erstellt von - Uhr

Wegen des Hochwassers in Deutschland: Schuldenbremse aussetzen? SPD-Vorschlag löst Kontroverse aus

Sollte die Schuldenbremse ausgesetzt werden, um die Bürger in den Hochwassergebieten finanziell zu unterstützen? Diese Idee bringen aktuell SPD-Haushaltspolitiker ins Spiel. Prompt folgt Kritik.

Sollte die Schuldenbremse wegen des aktuellen Hochwassers in Deutschland (hier an der Fränkischen Saale) ausgesetzt werden? (Foto) Suche
Sollte die Schuldenbremse wegen des aktuellen Hochwassers in Deutschland (hier an der Fränkischen Saale) ausgesetzt werden? Bild: picture alliance/dpa | Karl-Josef Hildenbrand

Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe riss Ende 2023 ein Milliarden-Loch in den Haushalt der Ampel-Regierung. Wochenlang rangen SPD, Grüne und FDP darum, wo man nun das fehlende Geld für 2024 hernehmen sollte. Die Parteien einigten schließlich auf diverse Sparmaßnahmen. Es wurde sich jedoch gegen eine Aussetzung der Schuldenbremse entschieden. Doch angesichts neuer Entwicklungen im Land wird die Diskussion darüber wieder entfacht.

Hochwasser in Deutschland: SPD-Politiker fordern Aussetzen der Schuldenbremse

Denn mit Blick auf die akute Hochwasserlage in Deutschland haben SPD-Haushaltspolitiker jetzt ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse ins Gespräch gemacht: "Das Hochwasser richtet gerade in Niedersachsen immense Schäden an", sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Andreas Schwarz dem Magazin "Spiegel". "Für diese Kosten könnten wir die Schuldenbremse aussetzen." Dies sei auch nach dem jüngsten Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts möglich. "Schließlich handelt es sich um eine unvorhersehbare Naturkatastrophe. Dafür lässt das Urteil Spielräume", sagte Schwarz.

Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dennis Rohde, sagte dem Magazin "Stern" außerdem: "Noch ist das gesamte Ausmaß der Flutschäden nicht absehbar, aber für genau solche Fälle haben wir die Möglichkeit, die Schuldenbremse auszusetzen, im Grundgesetz stehen." Daran habe auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nichts geändert. "Ob wir diese finanzielle Dimension erreichen, werden wir jetzt genau prüfen."

Die Schuldenbremse sieht vor, dass die Haushalte von Bund und Ländern ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen sind. Sie kann laut Grundgesetz aber im Fall von Naturkatastrophen oder anderen außergewöhnlichen Notlagen ausgesetzt werden, wenn die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt wird. Derzeit prüft die Bundesregierung, ob die Fluthilfen nach der Hochwasserkatastrophe 2021 im Ahrtal ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse in diesem Jahr rechtfertigen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am Sonntag das aktuelle Hochwassergebiet im Norden Niedersachsens besucht. Er versicherte, der Bund stehe den betroffenen Ländern und Kommunen bei der Bewältigung "mit seinen Möglichkeiten" zur Seite. Konkrete Zusagen für Finanzhilfen machte Scholz nicht.

FDP-Vize lehnt Aussetzen der Schuldenbremse ab

FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer lehnt ein Aussetzen der Schuldenbremse wegen der Hochwasserlage hingegen ab. Zu entsprechenden Forderungen von SPD-Haushaltspolitikern sagte Meyer der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag: "Für erste akute Hilfsmaßnahmen unterstützt der Bund die betroffenen Regionen über das THW (Technische Hilfswerk). Es ist noch völlig unklar, welche Schäden durch das Hochwasser entstehen." Es sei momentan nicht ersichtlich, dass Länder und Bund durch das Hochwasser finanziell überfordert seien. "Ein Aussetzen der Schuldenbremse ist daher zurzeit nicht gerechtfertigt."

Kritik an SPD-Forderung zum Hochwasser auch vom Gemeindebund

Auch Gemeindebund-Präsident Uwe Brandl (CSU) sieht "überhaupt keinen Anlass" für ein Aussetzen der Schuldenbremse. "Da würde ich zur Gelassenheit und zur Zurückhaltung raten", sagte der Chef des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB) am Mittwoch in Berlin. Schließlich könne man "alle fünf Minuten irgendeine andere schwierige Situation vorfinden", die eine Aussetzung der Schuldenbremse rechtfertigen könnte.

Stattdessen gehe es um eine richtige Priorisierung der zur Verfügung stehenden Gelder. Dabei stellte Brandl insbesondere Sozialleistungen in Frage. "Mehr als 70 Milliarden Euro haben alleine die Kommunen im letzten Jahr für Sozialleistungen ausgegeben", sagte er. Die Summe habe sich innerhalb von 20 Jahren verdoppelt. Das sei keine nachhaltige und ausgeglichene Entwicklung. Daher müsste sich die Bundesregierung die Frage stellen, ob beispielsweise einkommensunabhängige Zahlungen der richtige Weg seien.

Für das Jahr 2024 prognostiziert der DStGB allein für die kommunale Ebene ein finanzielles Defizit von zehn Milliarden Euro. "Das ist eine deutliche Zahl, die uns zu denken geben sollte", sagte Brandl. Über das Aussetzen der Schuldenbremse könne man aber erst nachdenken, wenn die geforderte Priorisierung und Umstrukturierung der Gelder nicht funktioniere.

Lesen Sie auch:

Folgen Sie News.de schon bei Facebook, Twitter, Pinterest und YouTube? Hier finden Sie brandheiße News, aktuelle Videos und den direkten Draht zur Redaktion.

/bos/news.de/dpa