Geburtenrate stürzt ab: So wenige Kinder wie seit 30 Jahren nicht
Deutschlands Geburtenrate fällt auf nur noch 1,35 Kinder pro Frau. So niedrig war sie vor 30 Jahren. Experten warnen: Ohne echte Reformen verlieren wir nicht nur Kinder, sondern auch Fachkräfte.
Erstellt von Mia Lada-Klein - Uhr
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- Nur noch 1,35 Kinder pro Frau im Jahr 2024
- Frauen wünschen sich Kinder, scheitern aber oft an den Bedingungen
- Fachkräftemangel droht – Experten fordern politische Konsequenzen
Die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes sind laut "Bild" alarmierend: 2024 wurden in Deutschland nur noch 677.117 Kinder geboren. Das entspricht einer durchschnittlichen Geburtenrate von 1,35 Kindern pro Frau. Damit ist das Niveau so niedrig, wie zuletzt Anfang der 1990er-Jahre. Doch woran liegt es?
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Wollen Frauen heute keine Kinder mehr?
Ganz im Gegenteil. Laut Prof. Dr. Martin Bujard vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung liegt der Kinderwunsch in Deutschland nach wie vor bei rund zwei Kindern pro Frau. Doch Wunsch und Wirklichkeit klaffen immer weiter auseinander. "Menschen brauchen Lebensmut und Optimismus, um sich für ein Kind zu entscheiden. Politische und wirtschaftliche Unsicherheit ist dafür Gift", erklärt Bujard. Viele Frauen verschieben ihre Familienplanung, oft so lange, bis es medizinisch kaum noch möglich ist.
Was läuft schief bei der Familienpolitik?
Laut Experten liegt das Problem nicht am mangelnden Kinderwunsch, sondern an den Rahmenbedingungen: fehlende Kita-Plätze, unflexible Arbeitszeiten, überteuerter Wohnraum. Zwar gibt es finanzielle Hilfen, doch Bujard stellt klar: "Nur Geld reicht nicht. Es braucht verlässliche Strukturen – von der Kinderbetreuung bis zur Schule."
Besonders die Zahl der kinderreichen Familien (drei Kinder oder mehr) sei drastisch zurückgegangen. Um die Geburtenrate langfristig zu steigern, brauche es gezielte Anreize, etwa Steuervorteile wie in Frankreich. Dort zahlen Familien mit drei Kindern und mittlerem Einkommen kaum noch Steuern.
Wird Mutterschaft auf dem Arbeitsmarkt bestraft?
Auch der Arbeitsmarkt spielt eine zentrale Rolle. In Ländern mit hoher weiblicher Erwerbstätigkeit ist die Geburtenrate nachweislich höher. In Deutschland jedoch bedeutet ein weiteres Kind für viele Frauen das berufliche Aus. "Die Karriere-Last tragen Mütter oft allein", so Bujard. Kein Wunder also, dass laut einer Ipsos-Umfrage nur 33 Prozent der Frauen in Deutschland finden, dass die meisten Menschen Kinder haben sollten – bei den Männern sind es 60 Prozent.
Müssen Väter mehr Verantwortung übernehmen?
Nicht nur die Politik, auch die Väter seien gefragt. Jeder dritten Mutter geht es nach der Geburt eines Kindes über Jahre hinweg schlechter als zuvor. Überlastung, fehlende Partnerschaftlichkeit, Karriereknick. "Viele Männer sagen, sie wollen mehr Zeit mit der Familie verbringen, aber in der Praxis ändert sich wenig", sagt Bujard. Sein Appell: "Männer müssen für ihr Recht auf Familienzeit kämpfen – mit Mut und Konsequenz."
Warum droht Deutschland doppelt zu verlieren?
Julia Neuen, Familienexpertin beim Verband deutscher Unternehmerinnen, warnt laut "Bild": "Wenn die Politik so weitermacht wie bisher, verlieren wir an zwei Fronten – bei der Kinderzahl und bei den Fachkräften." Unternehmen wie IKEA, Aida und Hyatt setzen bereits auf ihre Beratung, um frauengerechtere Strukturen zu schaffen. Doch politisch komme zu wenig und das trotz wachsender Dringlichkeit.
Wie düster sind die Aussichten für 2025?
Laut Statista wurden in den ersten vier Monaten des Jahres 2025 bereits 7,5 Prozent weniger Kinder geboren als im Vorjahreszeitraum. Die Signale sind eindeutig: Ohne tiefgreifende Veränderungen in Arbeitswelt, Wohnpolitik und Familienstrukturen droht Deutschland ein noch kinderärmeres Jahrzehnt – mit weitreichenden Folgen für Gesellschaft und Wirtschaft.
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