Von news.de-Redakteurin Isabelle Wiedemeier - Uhr

Spanien: «Kein Hektar mehr für Bewässerung»

Die ersten Erdbeeren kommen aus Andalusien, unsere Tomaten aus Murcia, und Orangen liefert Valencia. Sie brauchen Wasser, um zu wachsen, doch Teile Spaniens vertrocknen. News.de spricht mit Umweltschützer Santiago Martín über Wasser.

Die spanische Zitrone bekommt Wasser, doch der Boden drum herum dörrt aus. (Foto) Suche
Die spanische Zitrone bekommt Wasser, doch der Boden drum herum dörrt aus. Bild: dpa

Verbraucht die Landwirtschaft in Spanien zu viel Wasser?

Martin: Ja. 80 Prozent des zur Verfügung stehenden Wassers wird von der Landwirtschaft genutzt, 15 Prozent von den Haushalten und fünf von der Industrie. Man muss zudem bedenken, dass das Wasser, das im Haushalt genutzt wird, geklärt wieder in die Flüsse zurückfließt, aus der Landwirtschaft jedoch nicht. Sie beeinträchtigt also entscheidend die Wasserressourcen.

Aber wir hören, dass Spanien seine Bewässerung von der Felderflutung auf TröpfchenbewässerungTröpfchenbewässerung ist das sparsamste Bewässerungsverfahren, da das Wasser durch Schläuche direkt an den Wurzelbereich der Pflanze geführt und tropfenweise abgegeben wird. umstellt. Ist das kein Fortschritt?

Martin: Doch. Vor 15 Jahren wurde der Großteil der Felder geflutet, das ist heute nicht mehr so. Alle Oliven- und Weinanbauflächen, die in den letzten Jahren dazugekommen sind, werden tröpfchenbewässert. Ich wage zu behaupten, dass dieses System in keinem anderen Land so verbreitet ist.

Wir sind also auf dem richtigen Weg?

Martin: Das Problem ist, dass alle Verbesserungen im wahrsten Sinne des Wortes ausgetrunken werden. Die bewässerten Flächen haben in den letzten Jahren derart zugenommen, dass dieser Vorteil wieder völlig ausgeglichen wird. Olivenbäume sind immer im Trockenanbau gewachsen. Jetzt hat man festgestellt, dass sich die Ernte durch Bewässerung verdrei- oder -vierfacht. Mit dem Wein ist es dasselbe.

Wie ist es denn um die Wasserressourcen derzeit bestellt?

Martin: Das ist genau der Knackpunkt. Sie nehmen ab. Wir haben die vom Umweltministerium gemessenen Wasserstände ausgewertet und festgestellt, dass sich das verfügbare Wasser zwischen 1995 und 2005 um 15 Prozent reduziert hat. Und in dieser Zeit gab es nur ein Jahr der Trockenheit, es hat also normal geregnet. Das bedeutet vermutlich, dass die Verdunstung durch den Temperaturanstieg zugenommen hat.

Was fordern Sie?

Martin: Um die derzeitigen Wasserstände zu halten, dürften maximal drei Millionen Hektar Land bewässert werden. Es sind aber schon 3,7 Millionen. Das Limit ist überschritten. Wir haben weniger Wasser und verbrauchen immer mehr. Es darf kein einziger Hektar mehr zur Bewässerungsfläche hinzukommen, und an der Levanteküste (Valencia und Murcia, Anm. d. Red.) und in Andalusien muss sie sogar reduziert werden.

Aber es ist ja nicht nur die Tröpfchenbewässerung, an der gearbeitet wird. In vielen Kläranlagen sind neue Klärstufen eingebaut worden, um mit wiederaufbereitetem Wasser wässern zu können. Bringt das nichts?

Martin: Der TajoDer Tajo ist mit 1007 Kilometern der längste Fluss der iberischen Halbinsel und durchfließt Spanien und Portugal von Osten nach Westen, bis er bei Lissabon in den Atlantik mündet. führt bei TalaveraTalavera liegt 100 Kilometer westlich von Madrid in manchen Jahren fast kein Wasser, obwohl das gesamte wiederaufbereitete Wasser von Madrid hineingeleitet wird. Es ist natürlich positiv, das Abwasser zu recyceln. Aber es bringt nichts, wenn der Fluss trotzdem austrocknet.

Wer ist Schuld? Die deutschen Konsumenten, die im Winter Tomaten aus Spanien essen wollen?

Martin: Ich denke nicht. Es sind die Ministerien für Landwirtschaft und Umwelt. Sie sind völlig gewinnorientiert und sehen nicht ein, dass wir so keine Nachhaltigkeit erreichen. Sie denken zu kurzfristig, jeder Verantwortliche ist stolz, wenn er 50.000 Hektar neuen Bewässerungsanbau schafft. Wir haben zwar Geld, Wasser zu kaufen, aber kein Wasser.

Besteht ein Dialog zwischen Umweltschützern und Ministerien?

Martin: In der zweiten LegislaturSeit 2004 regiert in Spanien die Sozialistische Partei (PSOE) von Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero, inzwischen in der zweiten Legislaturperiode. haben sie den Dialog abgebrochen. Früher gab es monatlichen Kontakt, in den letzten zwei Jahren nur ein Treffen.

Wie stehen die Bauern dem Problem gegenüber?

Martin: Sie interessieren sich nicht dafür. In der Landwirtschaft gilt, je mehr Geld, desto besser. Sie leben nach dem Grundsatz «Heute Brot, morgen Hunger».

Santiago Martín ist Verantwortlicher für Wasser bei der spanischen Umweltschutzorganisation Ecologistas en Acción (Umweltschützer in Aktion), einem Zusammenschluss von mehr als 300 lokalen und regionalen Organisationen in ganz Spanien.

iwe/news.de

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