Von news.de-Redakteur Andreas Schloder - Uhr

Farbblindheit: Eine Schwäche für Rot-Grün

Meist fällt es schon im Kindergarten auf: Zeichnen die Kleinen rotes Gras und grüne Dächer, werden Erzieher und Eltern aufmerksam. Sie leiden an einer Farbschwäche, die gar nicht selten ist. Allein in Deutschland sind mehr als drei Millionen Bürger betroffen.

Über drei Mllionen Deutsche können Farben nicht eindeutig erkennen. (Foto) Suche
Über drei Mllionen Deutsche können Farben nicht eindeutig erkennen. Bild: dpa

Über 90 Prozent der Sinneseindrücke nimmt der Mensch über die Augen wahr. Umso fataler, wenn diese gestört sind. Die häufigste und daher bekannteste Beeinträchtigung beim Farbensehen ist die Rot-Grün-Schwäche, erläutert der Heidelberger Professor Hermann Krastel vom und sorgen für den Durchblick am Tag. «Bei den genetisch bedingten Farbschwächen fehlt den Betroffenen entweder einer von drei für das Farbensehen zuständigen Zapfentypen. Oder zwei Zapfentypen sind sich so ähnlich, dass das Sehsystem ihre Signale kaum unterscheiden kann», erklärt Professor Herbert Jägle in einer BVA-Mitteilung. Die Betroffenen können demnach weniger Farbtöne unterscheiden. «Diese haben aber dadurch keine weiteren, gesundheitlichen Einschränkungen. Sie haben volle Sehschärfe und freies Gesichtsfeld», wie Professor Krastel gegenüber news.de hinzufügt.

Besonders in der Kindheit ist die Farbfehlsichtigkeit nachteilig, denn in diesem Alter spielen Farben beim Lernen und bei der Selbstbeurteilung eine große Rolle. Diese Beeinträchtigung führt nicht nur zu einer schlechten Benotung - die Klassenkameraden können den Betroffenen deshalb auch auslachen.

Im Straßenverkehr sind Farbfehlsichtigen für sich selbst und für andere äußerst gefährlich. Normalfarbsichtige bemerken das Licht der Ampel und Bremslichter von weitem. Häufig ereignen sich Unfälle, weil Farbfehlsichtige trotz rotleuchtender Verkehrsampel über die Eisenbahnschiene fahren.

Zwar haben Betroffene die volle Sehschärfe, doch sie müssen sich ein ganzes Leben mit der Farbschwäche arrangieren, weil diese bisher nicht heilbar ist. Für kurze Hoffnung sorgte eine Tierversuch an Totenkopfaffen, wie Jägle berichtet. Die Tiere konnten nach einer Gentherapie Farbtöne besser unterscheiden. Doch von einem Einsatz am Menschen sei man dem Experten zufolge weit entfernt - zu groß sind die Risiken, der Forschungsstand zu unpräzise.

Augen auf bei der Berufswahl

Was den Betroffenen bleibt, ist, die Schwäche so gut wie möglich zu kompensieren. Ein Hauptaugenmerk liegt bei der Berufswahl, bei der die Augenärzte beraten. Denn mit einer eingeschränkten Farbwahrnehmung können Betroffene 150 Berufe nicht ausüben. Vor allem verantwortungsvolle Jobs wie Pilot, Schiffsführer, Lokomotivfahrer, Gefahrengutfahrer oder Bietriebsführer im Kontrollraum eines Kraftwerks sind tabu. Gerade in Anlehnung an Fukushima: «Stellen Sie sich einen Unfall im Kernkraftwerk vor, bei dem die menschliche Ursache darin lag, dass seine Wahrnehmungsschwelle für Rot aufgrund einer angeborenen Farbsinnstörung vermindert war», betont Professor Krastel die Bedeutung des Verbotes für bestimmte Berufe.

Wird schon im Kindesalter eine Farbschwäche vermutet, kann der Augenarzt dies spielerisch bei Kindern feststellen. Dabei bekommt das Kind eine Tafel mit kindgerechten Objekten wie einer Blume oder einem Teddybär in einer schwarz-weiß-Version in die Hand gedrückt. «Dabei ist es wichtig, zuerste eine Farbtafel zu zeigen, auf der das Objekt auch von einem Kind mit Farbsinnstörung unterschieden werden kann. Kinder ab drei Jahren verstehen die Aufgabe sehr schnell», sagt Krastel. Und: Die Kleinen brauchen dabei nichts zu sagen.

Will der Facharzt eine differenzierte Betrachtung der Farbschwäche, greift er auf ein Anomaloskop zurück. Anders als bei den Farbtafeln, bei denen Pigmentfarben eingesetzt werden, verwenden Anomaloskope Spektralfarben, die nur aus einer Wellenlänge bestehen. «Zudem arbeiten die Anomaloskope unabhängig von der Umgebungsbeleuchtung, während die gedruckten Pigmentfarben der Farbtafeln eine speziell definierte, weiße Beleuchtung benötigen, um optimal zu funktionieren», so der Heidelberger Professor.

Die Untersuchung, die bereits im späten Kindergartenalter oder im frühen Grundschulalter möglich ist, ist allerdings keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie wird laut BVA-Sprecher Dr. Georg Eckert aber von den privaten Krankenkassen übernommen.

som/ham/news.de

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