Kostenhammer Fahrschule: Führerschein endlich günstig? Bundesverkehrsminister plant Reformen

Bis zu 4.500 Euro müssen junge Menschen heute für ihren Führerschein hinblättern - mehr als doppelt so viel wie noch vor zehn Jahren. Mit neuen Reformplänen will Bundesverkehrsminister Schnieder den horrenden Wucherpreisen ein Ende setzen.

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Der Führerschein wird immer teurer - die Menge an Jugendlichen, die ihn alleine finanzieren können, hat sich mittlerweile halbiert. (Foto) Suche
Der Führerschein wird immer teurer - die Menge an Jugendlichen, die ihn alleine finanzieren können, hat sich mittlerweile halbiert. Bild: picture alliance/dpa | Klaus-Dietmar Gabbert
  • Bundesverkehrsminister Schnieder (CDU) betont, dass der Führerschein kein Privileg sein darf
  • Allerdings wird der Führerschein seit einigen Jahren immer teurer
  • Der Minister hat nun umfassende Reformpläne vorgelegt, die Fahrschulen günstiger machen sollen

Nach dem Digitalen Führerschein präsentierte Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) am Donnerstag nun die nächste Neuerung im Verkehr: Dabei geht es um umfassende Reformpläne für die Fahrschulausbildung. Die Maßnahmen zielen darauf ab, die explodierenden Kosten für den Führerschein einzudämmen. Derzeit müssen Fahrschüler durchschnittlich 3.400 Euro für die Fahrerlaubnis der Klasse B aufbringen, in Extremfällen steigen die Ausgaben sogar auf 4.500 Euro.

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Bundesverkehrsminister: Mobilität muss für alle möglich sein

"Mobilität darf kein Privileg sein", betonte der Minister bei der Vorstellung seiner Eckpunkte in Berlin. Besonders Menschen in ländlichen Gebieten seien auf bezahlbare Fahrerlaubnisse angewiesen. Das Problem: Kaum ein Fahrschüler schafft es aktuell noch, den Führerschein vollständig aus eigener Tasche zu bezahlen. Laut einer Umfrage des ADAC schafften dies vor etwa vier Jahren 47 Prozent der Befragten. In 2024 konnten sich das wiederum nur noch 22 Prozent leisten. Die Bundesregierung hatte bereits im Koalitionsvertrag angekündigt, den Führerscheinerwerb erschwinglicher zu gestalten. Die geplanten Neuregelungen sollen im ersten Halbjahr 2026 umgesetzt werden. Schnieder kündigte an, die Vorschläge zunächst mit Ländern und Fahrschulverbänden weiterzuentwickeln.

Digitale Revolution in der Fahrschule

Die Reformvorschläge setzen auf umfassende Digitalisierung und Modernisierung. Fahrschüler sollen künftig komplett online für die Theorieprüfung lernen können - die bisherige Präsenzpflicht im Unterricht entfällt. "Junge Menschen lernen heute anders als vor 20 Jahren", erklärte Schnieder. Der umfangreiche Fragenkatalog wird von derzeit fast 1.200 auf etwa 800 Fragen gekürzt.

Bei der praktischen Ausbildung plant der Minister erhebliche Einsparungen: Teure Pflichtfahrten bei Nacht oder auf Autobahnen sollen reduziert und teilweise durch Fahrsimulatoren ersetzt werden. Auch das Erlernen der Schaltung kann künftig am Simulator erfolgen. Die praktische Prüfung wird von derzeit 45 auf nur noch 25 Minuten verkürzt.

Verbraucher dürfen sich freuen: Für mehr Wettbewerb sollen Fahrschulen verpflichtet werden, ihre Preise und Durchfallquoten online zu veröffentlichen. Diese Transparenz ermöglicht erstmals einen direkten Vergleich der Anbieter.

Praktische Fahrstunden sind der größte Kostenpunkt

Die Kostenexplosion beim Führerschein hat konkrete Ursachen. Den größten Posten bilden die praktischen Übungsstunden, die zwischen 55 und 77 Euro pro Einheit kosten. Bei durchschnittlich benötigten 10 bis 25 Fahrstunden summieren sich allein hier bis zu 2.000 Euro. Hinzu kommen zwölf vorgeschriebene Sonderfahrten. Diese sind mit 60 bis 95 Euro pro Stunde sogar noch teurer als die regulären Übungsfahrten.

Die Prüfungsgebühren selbst sind allerdings bundesweit einheitlich geregelt: 25 Euro für die Theorieprüfung und 130 Euro für die praktische Prüfung bei TÜV oder Dekra. Weitere Ausgaben entstehen vor allem durch Grundgebühren der Fahrschulen (350 bis 565 Euro), Lernmaterialien (bis 119 Euro) und Verwaltungskosten. Besonders alarmierend: Die Führerscheinpreise stiegen 2022 um elf Prozent - der höchste Anstieg seit Beginn der Statistik und deutlich über der allgemeinen Inflationsrate.

Jugendliche brauchen heute mehr Fahrstunden als früher

Die Kostentreiber haben mehrere Ursachen. Als Hauptfaktor identifizieren Experten die drastisch gestiegene Anzahl der benötigten Fahrstunden. Fahrschüler benötigen heute durchschnittlich 37 Übungseinheiten bis zur Prüfung - deutlich mehr als frühere Generationen. "Jugendliche haben aufgrund der Smartphone-Nutzung eine schlechtere Verkehrswahrnehmung als noch vor 20 Jahren", so Kurt Bartels, Vizevorsitzender der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände. Die erhöhte Verkehrsdichte in Städten verschärft die Situation zusätzlich.

Auch die Betriebskosten der Fahrschulen sind massiv gestiegen. Höhere Ausgaben für Personal, Fahrzeuge und Kraftstoff schlagen sich direkt in den Preisen nieder. Laut der "Offenbacher Post" bestätigt auch ein Fahrschulmitarbeiter aus Frankfurt, dass besonders seit der Corona-Pandemie die Kosten spürbar angezogen haben.

Fahrlehrer fordern Entschlackung statt "Horrorzahlen"

Die Fahrlehrerverbände unterstützen Schnieders Reformkurs, warnen aber vor übertriebenen Kostendarstellungen. "Horrorzahlen von 4.000 Euro und aufwärts als Basis für eine politische Diskussion halte ich für sehr verzerrt", kritisiert Kurt Bartels von der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände.

Die Branche fordert eine verschulte Ausbildungsstruktur mit verpflichtenden Lernzielkontrollen. "Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass bei einer kompakteren Ausbildung Fahrstunden gespart werden können", betont Bartels. Besonders der aufgeblähte Fragenkatalog mit 1.200 Fragen müsse dringend reduziert werden. Ein weiteres Problem seien träge Behördenprozesse. Bei manchen Führerscheinstellen dauere die Beantragung mittlerweile vier bis fünf Monate, was die Motivation der Fahrschüler schwinden lasse.

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