Esports World Cup: Saudi-Arabisches Sportswashing als Motor der Szene und Selativum für progressive Werte

Der EWC pumpt 62,6 Millionen US-Dollar in die Szene und katapultiert den Esport damit an die Spitzen des Sportmarktes. Doch die eigentlich progressiven Werte der Community geraten in Vergessenheit – während der Kronprinz das Sportswashing offen eingesteht.

Von news.de-Redakteur - Uhr

Spielende der Mannschaft Eintracht Spandau spielen bei dem E-Sport-Event Red Bull League Of Its Own, am 09.12.2023 (Symbolbild) (Foto) Suche
Spielende der Mannschaft Eintracht Spandau spielen bei dem E-Sport-Event Red Bull League Of Its Own, am 09.12.2023 (Symbolbild) Bild: picture alliance/dpa | Carsten Koall
  • Esports World Cup 2025 in Riyadh vom 07.07.2025 - 24.08.2025
  • Kronprinz Mohammed bin Salman spricht sich für Sportswashing aus
  • Globale Gaming Community schweigt zu ihren progressiven Werten

Gigantischer Esports World Cup startet in Saudi-Arabien

Der Esports World Cup (EWC) geht ab dem 7. Juli 2025 in seine zweite Runde. Der in Saudi-Arabien gegründete Event bringt 28 internationale Teams in 25 Spieltiteln zusammen – darunter Größen wie Dota 2, League of Legends, Fortnite und Counter-Strike. Mit einem Preisgeld von 62,5 Millionen US-Dollar zählt der EWC zu den prestigeträchtigsten Turnieren der Welt und konkurriert damit sogar mit Sportklassikern wie Wimbledon, dessen Prizepool bei 72,4 Millionen US-Dollar liegt.

Das Preisgeld relativiert sich durch die Anzahl der Teilnehmenden. Während Wimbledon nur 128 Spieler:innen zählt, treten beim EWC rund 1.500 Teilnehmende an. Möglich macht das ein ambitioniertes Investitionsprojekt, getragen vom saudischen Public Investment Fund (PIF), das den Esports nicht nur fördert, sondern auch kommerziell auf ein neues Niveau hebt.

 

Sportswashing als politisches Werkzeug

Wo viel Geld fließt, geht es oft nicht nur um sportliche Interessen. Der Begriff „Sportswashing" – spätestens seit der Fußball-WM 2022 in Katar in der Sportszene ein Begriff – beschreibt die Praxis, das Image eines Landes durch internationale Sportevents aufzupolieren. Laut dem Verlag Merriam-Webster bedeutet der Begriff: „eine Handlung oder Praxis, ein Produkt, eine Politik oder Tätigkeit umweltfreundlicher oder ethischer erscheinen zu lassen, als sie tatsächlich ist."

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman äußerte sich dazu offen: „Wenn Sportswashing mein BIP um 1 % erhöht, dann werden wir das Sportswashing weiter betreiben."

 

Warum gerade Esports?

Die saudischen Investitionen in den Esports sind strategisch gewählt. Die Branche wächst rasant – vor allem bei der jungen Zielgruppe. Ein lukrativer Markt, der globale Reichweite und Prestige verspricht. Gleichzeitig steht die Szene traditionell für progressive Werte: Einsatz für Frauenrechte, LGBTQ+, migrantische Arbeitsrechte und Inklusion.

Dabei liegt der Konflikt der Spieler:innen der Szene und dem Land auf der Hand: Zwar äußerte sich etwa Team Liquid kritisch gegenüber der saudischen Politik in einem entsprechender Post auf X, doch Konsequenzen folgten keine. Auch 2025 nimmt das Team erneut am EWC teil.

 

Kritik am Schweigen der Szene

Jonathan Hofer, Forscher am Independent Institute, kritisiert insbesondere das Schweigen der Esports-Community: "Das Ausbleiben von Reaktionen auf diese Themen wirft drängende Fragen auf: Wie bereit ist der Esports, sich seinen eigenen moralischen Dilemmata zu stellen, wenn Wachstum und finanzielle Gewinne locken? Die Gaming-Community reagierte stark auf die russische Invasion in der Ukraine – wird sie auch zu Saudi-Arabien Stellung beziehen?"

 

Milliardenmarkt mit Schattenseite

Saudi-Arabien verfolgt ambitionierte Ziele: Bis 2030 soll der Esports-Sektor 13,3 Milliarden US-Dollar zum Bruttoinlandsprodukt beitragen. Zum Vergleich: In Deutschland wird der Markt bis dahin auf lediglich rund 422 Millionen US-Dollar geschätzt.

Saudi-Arabien positioniert sich damit als führender Akteur in der globalen Gaming-Landschaft. Doch die Frage bleibt: Werden die progressiven und Inklusiven Werte der Esports-Szene vom Milliardenregen weg geschwemmt – oder setzen sich eine organisierte Haltung der Spielenden Gemeinschaft doch noch durch?

 

/news.de