Ein herrenloser Koffer, ein gestoppter Zug und evakuierte Passagiere. Im ICE nach Hamburg ging am Donnerstagmorgen nichts mehr. Kein Einzelfall. Wie oft die Polizei in solchen Fällen ausrückt und wer das zahlt - news.de hat nachgefragt.
Der Alarm in einem ICE nach Hamburg am Donnerstagmorgen ist schon lange kein Einzelfall mehr. Herrenlose Koffer versetzen Bahnhöfe und Flughäfen regelmäßig in Alarmbereitschaft. Erst Ende November kam es deshalb Pressekonferenz des Innenministers zur Gefährdung durch islamistische Terroristen im November, in der er zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen hat, eine leichte Steigerung von Mitteilungen über herrenloses Gepäck bemerken.» Für die mitteldeutschen Flughäfen Erfurt und Halle-Leipzig und auch für die Bahnstrecken seien es seitdem circa ein bis drei Vorfälle dieser Art pro Woche.
Eine erhöhte Wachsamkeit der Bürger sei aber nur ein Grund für die Steigerung. «Vor allem unsere Mitarbeiter und die Mitarbeiter auf den Bahnhöfen und Flughäfen sind dafür sensibilisiert. Sie schauen genauer hin als ganz normale Bürger», sagt Henkel.
Meistens ist es Fehlalarm
Wird ein herrenloses Gepäckstück entdeckt, ist das Vorgehen immer gleich. Zunächst werde durch Ausrufe versucht, den Eigentümer festzustellen. «Möglicherweise ist er ja noch auf dem Bahnhof oder Flughafen und hat den Koffer nur stehen lassen, um auf Toilette oder kurz etwas einkaufen zu gehen.» Der Zugbegleiter im ICE nach Hamburg habe auch mehrfach ausgerufen, dass es einen herrenlosen Koffer gibt und sich der Eigentümer bitte melden soll.
Ist das nicht der Fall, werde die Bundespolizei in den Zug oder auf den Flughafen gerufen. Dann sei es Sache der Beamten einzuschätzen, welche Gefahr von dem Koffer ausgeht. «Meistens ist es tatsächlich so, dass Reiseutensilien drin sind», so Henkel.
Adress- oder Namensschilder am Gepäckstück erleichtern oft die Ermittlung des Eigentümers, sagt er. Im Fall von Bitterfeld habe ein Adressetikett dabei geholfen, die Inhaberin ausfindig zu machen, auch wenn es keinen Namen enthielt. «Beim Fliegen ist es ja ohnehin meistens so, dass man einen entsprechenden Aufkleber auf den Koffer bekommt. Aber auch sonst ist das empfehlenswert.»
Ob mit oder ohne Absicht - Strafen sind möglich
Was die Kosten angeht, die durch den Polizeieinsatz im Falle herrenloser Koffer entstehen, werde jeder Einzelfall geprüft. «Wenn es beispielsweise nur zwei Beamte betrifft, die sowieso im Streifendienst vor Ort sind und die Situation absichern, werden dem Eigentümer in der Regel keine Kosten übertragen», erklärt Henkel. Unter Umständen könne aber ein sogenannter Leistungsbescheid erstellt und an den Inhaber des Koffers weitergegeben werden - mit der Aufforderung, die Kosten zu begleichen, die durch den Einsatz entstanden sind. Das werde allerdings von Fall zu Fall entschieden und hänge auch von der Größe des Einsatzes ab.
Irrelevant ist aber, ob der herrenlose Koffer mit oder ohne Absicht stehen gelassen wurde. «Da schützt auch Leichtsinn oder Leichtfertigkeit nicht vor Strafe», sagt Henkel. Etwas anders sieht es bei der Deutschen Bahn aus. Es verstoße gegen die Hausordnung, Gepäck unbeaufsichtigt stehen zu lassen, teilte sie auf news.de-Anfrage mit. «Im Falle einer fahrlässigen Zuwiderhandlung behalten wir uns vor, Kosten für eventuell notwendige Sicherungsmaßnahmen in Rechnung zu stellen», so ein Bahnsprecher. Das setze allerdings immer einen Vorsatz oder eben grobe Fahrlässigkeit voraus. Bei versehentlich vergessenen Koffern greife das nicht.
Henkel von der Bundespolizeidirektion Pirna rät, mit seinem Gepäck aufmerksam umzugehen. Eigentum verpflichte, auch auf Bahnhöfen und Flughäfen. Nicht umsonst werde dort immer wieder durchgesagt: «Sicherheitshinweis: Bitte lassen Sie Ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt.» Das sei auch im Interesse jedes Einzelnen. «Bleibt ein Gepäckstück irgendwo unbeobachtet stehen, wird ja auch Dieben Tür und Tor geöffnet.»
zij/che/news.de