Ukrainische Soldaten hingerichtet nach Kapitulation?: Funksprüche liefern Hinweis auf russische Kriegsverbrechen
Stimmte Wladimir Putin Kriegsverbrechen in der Ukraine zu? Bild: picture alliance/dpa/Sputnik/Kremlin Pool/AP | Alexander Kazakov
Erstellt von Martin Gottschling
23.05.2025 07.20
- Abgefangene Funksprüche sollen weitere russische Kriegsverbrechen belegen
- Putins Truppen töteten offenbar ukrainische Soldaten kurz nach deren Kapitulation
- Drohnenaufnahmen als weiteres Beweismaterial für Hinrichtungen im November 2024
- Zahl der Exekutionen nahm laut Ukraine in den vergangenen Jahren zu
Die Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg stocken. Derweil werden neue Berichte über mutmaßliche Grausamkeiten von Putins Armee öffentlich. Zum wiederholten Mal sollen russische Streitkräfte schwere Kriegsverbrechen begangen haben: Offenbar erschossen sie ukrainische Soldaten kurz nach deren Kapitulation.
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Ukraine-Krieg aktuell: Russische Truppen sollen sich ergebende ukrainische Soldaten hingerichtet haben
CNN erhielt exklusiv Zugang zu abgefangenen russischen Funksprüchen. Diese enthalten offenbar direkte Befehle zur Tötung ukrainischer Soldaten, die sich zuvor ergeben hatten. Laut dem amerikanischen Sender stammen die Audiodateien von einer ukrainischen Geheimdienstquelle. In den Aufnahmen ist unter anderem zu hören, wie ein russischer Kommandeur nach dem Namen des ukrainischen Befehlshabers fragt und anordnet: "Nehmt den Kommandeur gefangen und tötet alle anderen."
Diese Kommunikation scheint zeitlich mit Drohnenaufnahmen übereinzustimmen, die die mutmaßliche Exekution ukrainischer Soldaten in der Region Saporischschja im vergangenen November zeigen. Darauf sind sechs ukrainische Soldaten zu sehen, die mit dem Gesicht nach unten am Boden liegen. Mindestens zwei von ihnen werden aus nächster Nähe erschossen, während ein weiterer weggeführt wird.
Wladimir Putin werden erneut schwere Kriegsverbrechen vorgeworfen
Ein forensischer Experte, der die Audiodateien für CNN analysierte, stellte fest, dass diese nicht manipuliert zu sein scheinen. Auch ein westlicher Geheimdienstmitarbeiter bestätigte gegenüber CNN die Authentizität der Audioaufnahmen und erklärte, sie stimmten mit anderen dokumentierten brutalen Hinrichtungen überein.
Morris Tidball-Binz, UN-Sonderberichterstatter zu extralegalen Hinrichtungen, bezeichnet die dokumentierten Vorfälle als "schwere Verstöße" gegen internationales Recht. Nach seiner Einschätzung könnten solche Taten nur mit Zustimmung der höchsten militärischen Befehlshaber in Russland stattfinden. Präsident Wladimir Putin müsse demnach davon gewusst haben. Das russische Verteidigungsministerium hat bislang keine Stellungnahme zu den Vorwürfen abgegeben.
Laut Ukraine nahm Zahl der Hinrichtungen zu
Dabei ist offenbar ein dramatischer Anstieg der Exekutionen zu verzeichnen.Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft hat nach eigenen Angaben bis Anfang Mai 75 Strafverfahren wegen mutmaßlicher Hinrichtungen von 268 ukrainischen Kriegsgefangenen eingeleitet. Während 2022 acht Fälle mit 57 getöteten Soldaten und 2023 ebenfalls acht Fälle mit 11 Toten registriert wurden, stieg die Zahl 2024 auf 39 Fälle mit 149 getöteten Soldaten. Allein in diesem Jahr wurden bereits 20 Fälle mit 51 getöteten Kriegsgefangenen dokumentiert.
Auch Yurii Bielousov, Leiter der Abteilung für Kriegsverbrechen bei der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft, führt den Anstieg laut CNN auf Anweisungen der politischen und militärischen Führung Russlands zurück. Er verweist auf Putins Äußerung vom März, gefangene ukrainische Soldaten in der Region Kursk als Terroristen zu behandeln. "Jeder weiß, wie Putin mit Menschen umgeht, die er als Terroristen bezeichnet. Für uns ist es also fast ein Synonym für die Hinrichtung."
Bohdan Okhrimenko vom ukrainischen Koordinierungsstab für die Behandlung von Kriegsgefangenen nennt einen weiteren möglichen Grund: Die russische Armee wolle logistische Komplikationen vermeiden, die mit der Gefangennahme und Verwaltung von Kriegsgefangenen verbunden sind. "Das russische Kommando traf die einfache Entscheidung, gefangene Gefangene zu erschießen."
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