AfD gründet Jugendorganisation: Buntes Protestfest gerät durch Polizeigewalt in den Hintergrund
Der Deutsche Gewerkschaftsbund Hessen-Thüringen stellt einen Motivwagen bereit zur Demonstration gegen die Neugründung der Jugendorganisation der AfD, am 29.11.2025. Bild: picture alliance/dpa | Michael Brandt
Von news.de-Redakteur Lucas Meyer
04.12.2025 11.59
- AfD Jugendorganisationsgründung in der Hessenhalle in Gießen am 29.11.2025
- Stadt rechnet mit 50.000 Demonstrierenden
- Live Bericht von Blockaden, Protest und Polizeieinsatz
Die Alternative für Deutschland (AfD) gründet am 29.11.2025 in der Hessenhalle in Gießen ihre neue Jugendorganisation. Ihr Vorgänger, die Junge Alternative (JA), wurde im Frühjahr 2025 aufgelöst. Gründe für die Gründung der neuen Organisation sind unter anderem, dass die AfD mehr Kontrolle über die Jugendorganisation haben und sich von der als rechtsextrem eingestuften Vorgängerorganisation abgrenzen will.
Das Bündnis "widersetzen" mobilisierte über 200 Busse aus ganz Deutschland, um den Gründungstag zu blockieren. Laut Sprecher:innen auf der Pressekonferenz zum Demonstrationstag am 28.11.2025 sollte eine solche Organisation von einem demokratischen Staat verhindert werden. Da dies nicht geschieht, will das Bündnis selbst die Gründung verhindern, so die Sprecher:innen der Pressekonferenz.
Die Stadt reagiert mit Sperrungen in der Weststadt gegen Demonstrationen, in der sich auch die Hessenhalle befindet. Ein riesiges Polizeiaufgebot aus den 16 Bundesländern hat die Gründung trotz Proteste ermöglicht und warnte vor allem vor Gewalt. Laut dem Innenminister von Hessen, Poseck, sei es nicht mit geltendem recht vereinbar, die Gründung mit Blockaden zu verhindern.
Die Sprecher:innen der Pressekonferenz von "widersetzen" äußerten sich klar gegen Eskalationen auf ihrer Seite und bestehen darauf, ihr Recht, ihre Meinung zu äußern, durchzusetzen.
Live-Geschehnisse in Gießen am 29. & 30.11.2025:
08:06 Uhr – Blockaden stehen
Blockaden sperren die Autobahn im gießener Ring. Bild: Lucas Meyer
Insgesamt 11 Blockaden versperren im Moment der AfD den Weg nach Gießen.
10:22 Uhr – Polizei räumt
Unter Beschuss von 2 Wasserwerfern räumt die Polizei teile der Blockaden. Aktivist:innen werden unter physischen Einsatz hochgehoben und die Leitplanke heruntergetrieben.
10:26 Uhr – Messehalle bisher spärlich besetzt mit AfD Mitgliedern
Laut Presseinformation von "widersetzen" sind bisher 200 Mitglieder der AfD angekommen. Angekündigt waren knapp 2000, die bislang weiter blockiert werden.
12:03 Uhr – AfD angekommen. Demonstrierende werden festgehalten
In der Hessenhalle sind mittlerweile mehrere Busse mit Teilnehmenden angekommen. Auf einer Grünfläche vor der Adenauer Brücke wird Demonstrierenden Verboten, sich der Kundgebung anzuschließen. Unter dem Gesang "Wir wollen zur Demo gehen" stellen sie sich der Polizei entgegen.
17:55 Uhr – Die Kundgebungen und Demos sind beendet.
Mittlerweile sind die meisten Aktivist:innen auf der Heimreise. Laut Pressekanal von "widersetzen" werden noch einige in Maßnahmen festgehalten und der Kontakt zu Anwält:innen verweigert. Die AfD ist seit ca. 15:00 Uhr dran Ihre Jugengründung zu tagen.
12:32 Uhr – Abschlusspressekonferenz von "widersetzen" wertet Blockade als "sehr erfolgreich" - AfD gründet Jugendorganisation mit Vorsitzenden Pascal Hohm
Demonstrierende protestieren in Gießen friedliche gegen die AfD-Jugendorganisation, am 29.11.2025. Bild: picture alliance/dpa | Boris Roessler
Kritik an Polizeigewalt nach Räumung von Blockaden
Die abschließende Pressekonferenz blickte vor allem positiv auf die rund 50.000 Demonstrierenden, die sich "mit ihren eigenen Körpern den Faschist:innen in den Weg gestellt" haben, so Laura Wolf vom Bündnis "widersetzen". Zugleich mahnte sie ausdrücklich vor der "völlig überzogenen Polizeigewalt". Vor allem das massenhafte Zustürmen schreiender Polizist:innen, die gewirkt hätten, "als wären wir im Krieg", so Suraj Mailitafi, sowie der massenhafte Einsatz von Tränengas, Wasserwerfern, Schlagstöcken und Räumfahrzeugen, die in Menschengruppen hineingefahren seien, wurden scharf kritisiert. Am Ende hätten es die Demonstrierenden geschafft, die Tagung um knapp drei Stunden zu verzögern.
Blockaden, GESA und verweigertes Recht auf Anwalt
Dies sei jedoch nur möglich gewesen, weil sich viele Menschen in Blockaden auf den Bundesstraßen den "aktiven Angriffen der Polizist:innen" in den Weg gestellt hätten, so Noa Sander, der selbst aktiv an den Blockaden beteiligt war. Der für "widersetzen" sprechende Rechtsanwalt Jannik Rienhoff beklagte vor allem, dass Polizist:innen Menschen in der GESA (Gefangenensammelstelle) ihr Recht auf einen Anwalt verwehrt hätten. Anwält:innen seien "nicht zu ihnen gelassen worden" – ein Vorgehen, das in seinem Ausmaß einzigartig sei, selbst im Vergleich mit dem leider erwartbaren Ausmaß an Polizeigewalt.
Innenminister Poseck verteidigt Polizeieinsatz
Der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) spricht dementgegen vo einen erfolgreichen Polizeieinsatz . "Ohne die Polizei wäre es in Gießen zu schwersten Gewalttaten und bürgerkriegsähnlichen Zuständen gekommen", sagte Poseck. "Auch wenn der überwiegende Teil der Demonstranten friedlich war, war das Gewaltpotenzial sehr erheblich", fügte er hinzu.
AfD gründet Jugendorganisation "Generation Deutschland"
Die "Generation Deutschland", so der Name der neuen AfD-Jugendorganisation, wurde dennoch gegründet. Pascal Hohm wurde zum Vorsitzenden gewählt. In seiner Ansprache versprach er: "Deutschland ist noch nicht verloren. Wir wollen und werden auch die Jugendbewegung des Optimismus und der Zuversicht sein."
Protest als buntes Fest und hoffnungsvolles Zeichen
Das Bündnis "Widersetzen" verwies auf den "sehr erfolgreichen" Ausgang der Demonstration, die vor allem ein "hoffnungsvolles Zeichen" gesetzt habe. Besonders auf der Ostseite in Gießen sind Menschen zusammengekommen, haben eine Gemeinschaft gebildet, gemeinsam gegessen und Kaffee getrunken, der von verschiedenen Küfas (Küchen für alle) bereitgestellt worden. So ist von den Demonstrierenden ein buntes Fest gestaltet worden, das große Tragweite gehabt hat und mit einem erheblichen organisatorischen Aufwand verbunden gewesen ist.
Stadt zeigt Flagge gegen AfD – Blick nach Erfurt 2026
Die Stadt selbst habe sich bunt gezeigt – mit vielen Transparenten und Flaggen, die von den Häusern und aus den Fenstern gehangen hätten und ein klares Zeichen gegen AfD und Faschismus setzten. So sei es trotz der Gewalt auch gelungen, ein friedliches Zusammenleben zu schaffen, fern von Polizeigewalt und mit der Gemeinschaft im Zentrum. Abschließend kündigte Sprecher Suraj Mailitafi an, die Erfahrungen aus der Demonstration mitzunehmen und auch den nächsten Parteitag in Erfurt im Juli 2026 erneut blockieren zu wollen.