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Wladimir Putin: Übersehene Sanktionsmöglichkeiten könnten der Kriegswirtschaft schaden

Wladimir Putin ist abhängig von Motoröl aus China. Bild: picture alliance/dpa/Pool AP | Alexander Zemlianichenko

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  • US-Forschungsgruppe deckt Schwachstellen in Putins Kriegswirtschaft auf.
  • Russland ist auf Motoröl und andere Stoffe angewiesen. Das bietet dem Westen neue Sanktionsmöglichkeiten.
  • US-Außenminister Marco Rubio sieht weitere Sanktionen kritisch. Unklarheiten, wie neue Maßnahmen gegen Russland künftig wirken.

Die Europäische Union versucht die russische Kriegswirtschaft empfindlich zu stören und somit den Druck auf Putin weiter zu erhöhen. Dafür will sie mit Sanktionen Lücken schließen. Doch Russland nutzt einige bislang nicht sanktionierte Schlupflöcher, wie die US-Forschungsgruppe Dekleptocracy aufdeckte.

Schwachstellen in Putins Kriegswirtschaft aufgedeckt

Die Experten analysierten systematisch Russlands Fertigungskapazitäten und entdeckten dabei erhebliche Abhängigkeiten von ausländischen Zulieferern. Die meisten westlichen Hersteller stellten ihre Lieferungen nach Kriegsbeginn ein.Nach dem Lieferstopp entstanden weitreichende Versorgungsengpässe. Die chinesische Firma Xinxiang Richful sprang ein. Das Unternehmen versorgt Russland jährlich mit bis zu acht Millionen Kilogramm chemischer Zusätze für Motoröle.

Experten sehen Sanktionsmöglichkeiten zur Schwächung von Putins Kriegsmaschinerie

"Ein Schmierstoffmangel würde Russlands Kriegsmaschinerie ernsthaft beschädigen", heißt es im aktuellen Bericht der Gruppe, aus dem der "Guardian" zitiert. Die Forscher betonen, dass nur eine Handvoll Unternehmen weltweit diese speziellen Additive produzieren.Eine Sanktionierung des Unternehmens sowie kleinerer Zulieferer würde nach Einschätzung von Dekleptocracy zu akuten Schmierstoffengpässen in Russland führen. Die Spezialchemikalien sind für den Betrieb von Panzern und Militärfahrzeugen unerlässlich. Ihre Blockade könnte die russische Kriegsführung empfindlich treffen, da Alternativen kaum verfügbar sind.

Neben Schmierstoffen identifizierte Dekleptocracy weitere kritische Schwachstellen: Russland verfügt über keine nennenswerte heimische Produktion von Vulkanisierungsbeschleunigern und anderen Substanzen für militärtaugliche Reifen.

Kristofer Harrison, Präsident von Dekleptocracy und ehemaliger Russland-Experte des US-Außenministeriums, beschrieb die identifizierten Ziele als "kleinteilig und spezifisch". Seine Organisation durchforstete gezielt die russische Wirtschaft nach unverzichtbaren Gütern für die Kriegsführung. "Wir untersuchten die russische Wirtschaft, einige Dinge, die sie absolut benötigen, um ihre Kriegsmaschinerie am Laufen zu halten", erklärte Harrison. Die Analysten prüften systematisch Russlands Fertigungs- und Chemiebasis, um kritische Schwachstellen aufzuspüren - Produkte, die Russland nicht selbst herstellen kann.

Trumps Außenminister Rubio sieht kaum noch Sanktionsoptionen

US-Außenminister Marco Rubio zeigte sich vergangene Woche auf einem G7-Treffen skeptisch bezüglich weiterer Sanktionsmöglichkeiten. "Es gibt nicht mehr viel zu sanktionieren von unserer Seite, wir haben ihre großen Ölkonzerne getroffen, was alle gefordert haben", erklärte er.

Die Einschätzung erfolgte nach den Oktober-Sanktionen gegen die russischen Energieriesen Rosneft und Lukoil. Moskau startete Anfang des Jahres eine Initiative zur heimischen Produktion hunderter Chemikalien. Die EU verabschiedete ihr 19. Sanktionspaket. Es umfasst unter anderem Sanktionen gegen Banken und Kryptowährung. Außerdem beinhaltet es ein Verbot für russisches Flüssigerdgas und Exporte. Die EU nimmt weitere Schiffe der Schattenflotte, Händler, die russisches Öl kaufen oder Organisationen unter die Lupe.  

Verteidigungsexperte mahnt zu konsequenten Maßnahmen gegen Russland 

 

Tom Keatinge vom Royal United Services Institute, Großbritanniens führender Verteidigungsdenkfabrik, würdigte die Erkenntnisse von Dekleptocracy als wertvollen Beitrag. Der Direktor des Zentrums für Finanzen und Sicherheit betonte, dass weiterhin zahlreiche Sanktionsziele existieren.

"Solange Russland erfolgreich die benötigten Komponenten für sein Militär beschafft und solange Russland erfolgreich sein Öl verkauft, bleibt das Umfeld reich an Zielen", erklärte Keatinge. Er mahnte jedoch, dass erfolgreiche Sanktionen nicht nur neue Ziele erfordern, sondern auch konsequente Durchsetzung bestehender Maßnahmen.

Zur Wirksamkeit der Oktober-Sanktionen gegen Rosneft und Lukoil äußerte sich der Experte zurückhaltend. Es sei noch zu früh für eine Bewertung, da bisher wenig unternommen wurde, um Sekundärsanktionen gegen Unternehmen durchzusetzen, die weiterhin russisches Öl kaufen.

 

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