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Wirbel um Hendrik Streeck: Würde oder Wirtschaftlichkeit? CDU-Politiker hinterfragt teure Medikamente für Alte

Hendrik Streeck provoziert mit Frage zu Behandlungskosten für sehr alte Menschen. Bild: picture alliance/dpa | Niklas Graeber

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  • CDU-Politiker Hendrik Streeck stellt unbequeme Frage: Soll man Hundertjährigen noch teure Medikamente geben?
  • Mit seiner Aussage löst der Virologe eine heftige Debatte über Würde, Medizin und Kosten aus.
  • Streeck berichtet offen vom Tod seines Vaters – und kritisiert ein System, das "viel Geld für nichts" ausgibt.

Es ist ein Satz, der hängen bleibt und aneckt. Der CDU-Gesundheitspolitiker und Drogenbeauftragte der Bundesregierung Hendrik Streeck hat die Frage aufgeworfen, ob man sehr alten Menschen noch besonders teure Medikamente verordnen sollte. "Wenn man das bei einer 100-Jährigen macht, dann ist die Frage: Will man wirklich diese teuren Medikamente?", sagte Streeck und hat damit eine Debatte angestoßen, die so alt ist wie die Medizin selbst – und so brisant wie nie: Wie viel Therapie ist sinnvoll, wenn das Leben ohnehin auf Abschied steht?

CDU-Politiker stellt unbequeme Frage zur Medizin im Alter

Streeck, einst als Virologe in der Corona-Zeit bekannt geworden, will kein Tabu brechen, sondern ein Nachdenken erzwingen. In der Talksendung "Meinungsfreiheit" auf Welt TV sagte er, es brauche "klarere und verbindliche Leitlinien, dass bestimmte Medikamente auch nicht immer ausprobiert werden sollten". Und weiter: "Es gibt einfach Phasen im Leben, wo man bestimmte Medikamente auch nicht mehr einfach so benutzen sollte."

Das ist keine kalte Kostenrechnung, sondern die unbequeme Wahrheit aus dem Maschinenraum des Gesundheitssystems. Streeck erzählte, wie beim Tod seines an Lungenkrebs erkrankten Vaters in den letzten Wochen "so viel Geld ausgegeben wurde und es hat nichts gebracht". Die neuesten Therapien, teuer, modern, hoffnungsvoll – doch am Ende nutzlos. "Er hat mehr dort ausgegeben als je in seinem ganzen Leben im Gesundheitswesen", sagt Streeck. Eine bittere Bilanz.

Wo endet Therapie und wo beginnt Würde?

Und genau hier beginnt das Dilemma.Denn so nüchtern Streeck die Frage stellt, so emotional ist ihre Wirkung. Wer will schon entscheiden, dass eine Hundertjährige "zu alt" für Heilung ist? Wer zieht die Grenze: der Arzt, die Krankenkasse, das Schicksal?

Streeck verweist auf die medizinische Selbstverwaltung, also auf jene Gremien, die den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen bestimmen. Dort soll entschieden werden, was bezahlt wird und was nicht. Aber selbst dort kann kein Algorithmus über Würde urteilen.

Vielleicht liegt die Wahrheit irgendwo zwischen Vernunft und Menschlichkeit. Zwischen "alles versuchen" und "in Frieden loslassen". Altern ist kein Versagen. Und wer 100 Jahre alt wird, hat nicht weniger Anspruch auf Respekt – nur vielleicht auf eine andere Art von Medizin: weniger Technik, mehr Zuwendung. Streecks Frage mag provozieren. Aber sie zwingt uns, ehrlich zu werden: Nicht jedes Mittel verlängert das Leben. Manche verlängern nur das Sterben.

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/bos/news.de/dpa

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