Friedrich Merz: Plötzlicher Beifall für Stadtbild-Debatte - "Hat uns weitergebracht"
Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer im Gespräch mit Markus Lanz. Bild: ZDF/Markus Hertrich
Von news.de-Redakteurin Ines Fedder
30.10.2025 09.07
- Stadtbild-Debatte bei Markus Lanz geht weiter
- Überraschende Zustimmung von Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer
- Ludwigshafener Oberbürgermeisterin mit erschreckender Aussage
Bei "Markus Lanz" versammelten sich am vergangenen Mittwoch (29.10.) unter anderem Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU), Jutta Steinruck (parteilos), Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen am Rhein, Belit Onay (Grüne), Oberbürgermeister von Hannover, die Journalistin Karina Mößbauer sowie Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer. Letzterer überraschte mit seinen Aussagen zur Stadtbild-Debatte, die Bundeskanzler Friedrich Merz in den vergangenen Tagen vorangetrieben hatte.
Das Thema des Abends versprach hitzige Diskussionen, die es bereits im Vorfeld zu Genüge gab: Soziale Herausforderungen in deutschen Städten gekoppelt mit Merz stark kritisierter Stadtbild-Debatte. Zur Erinnerung: Bei einem Besuch in Potsdam Mitte Oktober erklärte der Kanzler, dass man Fehler in der Migrationspolitik zwar bereits ausbessere, man aber "natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem" habe.
Und genau bei dieser Aussage knüpft die aktuelle Debatte bei Markus Lanz an. Der Talkmaster hat sich dafür extra gleich mehrere Oberbürgermeister an den Tisch geholt - die dazu eine kontroverse Meinung hatten. Denn während der Tenor der vergangenen Wochen eher kritisch gegenüber der Aussage Merz war, hagelt es nun plötzlich Beifall.
Boris Palmer bei Markus Lanz - Rückendeckung für Friedrich Merz
Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer zieht überraschend ein positives Fazit aus der Stadtbild-Debatte: "Ich finde die Debatte hat uns tatsächlich weitergebracht. Sie war ärgerlich und unklar am Anfang, aber sie hat uns weitergebracht, weil offener und deutlicher benannt wird, welches Problem wir in zentralen Bereichen der Städte haben."
Mit Empörungskultur komme man nicht weiter. Er fordert: "Wir können das alles nicht mehr wegschieben, dass wir diejenigen, die es aussprechen, dämonisieren und ausgrenzen. Dass der Kanzler da jetzt einfach standgehalten hat, denn der Druck war schon enorm, finde ich erst mal gut."
Palmer plädiert dafür, den Kanzler nicht mit Rassismus-Vorwürfen zu bombardieren, sondern lieber die Probleme real einzuordnen. Junge arbeitslose Männer, die an zentralen Plätzen in Bahnhöfen und Parks zusammenstehen, müssen in die Arbeit kommen oder wenn sie kein Aufenthaltsrecht haben, Deutschland wieder verlassen, so Palmer.
Hannovers Oberbürgermeister kritisiert Friedrich Merz: "Problemlösung zu grobschlächtig"
Eine Einordnung, die Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay nicht in Gänze teilt: "Die Problemlösung ist viel zu grobschlächtig. Das ist ja der Fehler, den der Kanzler macht. Keines der Probleme wird sich durch Abschiebung lösen lassen." Und weiter: "Niemandem steht auf der Stirn geschrieben, welchen Aufenthaltsstatus er hat." Dem entgegnet Markus Lanz: "Schießerei, Messerstecherei – bei Ihnen fühlen sich nachts nur noch 14 Prozent der Bewohner sicher!"
Belit Onay (Oberbürgermeister von Hannover) teilt gegen Friedrich Merz aus: Problemlösung sei "zu grobschlächtig". Bild: ZDF/Markus Hertrich
Stadtbild-Kritik trifft mehr als die Hälfte der Bewohner von Ludwigshafen
Jutta Steinruck, Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen, zeigt ihre Entrüstung: "Der Bundeskanzler hat einfach mal mehr als die Hälfte der Bewohner meiner Stadt an den Pranger gestellt!"
Jutta Steinruck, Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen, sieht die Aussage von Friedrich Merz zum Stadtbild mehr als kritisch. Bild: ZDF/Markus Hertrich
"Will dieses Blut nicht an meinen Händen haben"
Viele der Migrant:innen ihrer Stadt seien wegen der Arbeit in ihre Stadt gekommen. Sie geht sogar so weit, dass sie sich selbst aus der Verantwortung nehmen will: Als Bürgermeisterin trete sie nicht noch einmal an, denn sie will "dieses Blut" nicht an ihren Händen haben.
Auch wenn Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) sich sicher ist, dass viele Friedrich Merz bewusst missverstehen wollen, hält er die Stadtbild-Debatte für surreal. Für Boris Palmer hingegen war sie notwendig.
Kritik an Lanz-Sendung zum Thema Stadtbild - Netz ist geteilter Meinung
Im Netz sorgen die Aussagen der Kommunalpolitiker für gespaltene Ansichten. Während viele Tübingens Oberbürgermeister mit seinem Verständnis für Friedrich Merz den Rücken stärken, gibt es auch Kritik:
- "Natürlich hat Palmer recht! Und jeder, der ehrlich ist, weiß das."
- "#Lanz ist erstaunt über Belit Onay. Der Oberbürgermeister von Hannover ist einer derjenigen, die sich die Welt schönreden."
- "Bei #Lanz sitzt und labert Jutta #Steinruck. Sie ist seit Jahren OB von Ludwigshafen, einer echten Perle deutscher Stadtbilder. Sie meint doch allen ernstes, dass sich in ihrer Stadt alle Migranten von #Merz" #Stadtbild Statement verletzt fühlten. We are lost."
- "#Lanz wie Palmer einfach mal eine Gruppe junger Migranten unter Generalverdacht stellt."
- "Das #Lanz dieser Ex-Ludwigshafener Bürgermeisterin noch eine Meinung gibt ist schon skandalös an-sich."
...lauten nur ein paar der kritischen Kommentare bei X.
Markus Lanz am 29.10. verpasst? Ganze Sendung hier in der ZDF-Mediathek sehen.
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