Bürgergeld-Pläne 2026: Härtere Sanktionen statt Regelsatz-Erhöhung angekündigt
Wer Bürgergeld bezieht, muss sich nach Plänen von Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas 2026 auf eine Nullrunde sowie harte Sanktionen gefasst haben. Bild: picture alliance/dpa | Jens Kalaene
Erstellt von Claudia Löwe
01.09.2025 13.18
- Bürgergeld-Pläne für 2026 von Bundesarbeitsministerin vorgelegt
- Nullrunde für 5,6 Millionen Bürgergeld-Empfänger steht bevor
- Keine Erhöhung der Regelsätze, dafür schärfere Sanktionen angekündigt
Während die Inflation weiter an den bundesdeutschen Geldbeuteln nagt, sollen 5,6 Millionen Bürgergeldempfänger 2026 mit denselben 563 Euro auskommen wie heute – und wer einen Jobcenter-Termin schwänzt, dem streicht Arbeitsministerin Bärbel Bas künftig gleich 30 Prozent der Leistung.
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Bärbel Bas enthüllt Bürgergeld-Pläne für 2026: Regelsatz wird nicht angehoben
Die SPD-Politikerin hat offiziell bestätigt, dass die Bürgergeld-Regelsätze 2026 nicht erhöht werden. Alleinstehende erhalten weiterhin 563 Euro monatlich, obwohl die Lebenshaltungskosten durch die anhaltende Inflation steigen. Ein Sprecher des Arbeitsministeriums erklärte, der gesetzliche Fortschreibungsmechanismus führe zu keiner Veränderung der Regelbedarfshöhen.
Nullrunde beim Bürgergeld: 5,6 Millionen Menschen in Deutschland betroffen
Die Nullrunde betrifft 5,6 Millionen Bürgergeldempfänger in Deutschland. Paare in Bedarfsgemeinschaften bekommen pro Person 506 Euro, Kinder je nach Alter zwischen 357 und 471 Euro. Nach deutlichen Erhöhungen in den Jahren 2023 und 2024 als Inflationsausgleich folgte bereits 2025 eine Nullrunde. Die entsprechende Verordnung soll Mitte September vom Bundeskabinett beschlossen werden. Eine Zustimmung des Bundestags ist bei der Anpassung nicht erforderlich.
Sozialverbände wegen Bürgergeld-Nullrunde alarmiert: "Drastische Armut" droht
Der Paritätische Gesamtverband reagierte scharf auf die angekündigte Nullrunde. Hauptgeschäftsführer Joachim Rock kritisierte, die Regelsätze seien bereits jetzt viel zu niedrig. Die Koalition müsse umgehend handeln, um die Nullrunde abzuwenden. "Durch die anhaltende Inflationsrate von zwei Prozent würden die Regelsätze weiter entwertet", warnte Michaela Engelmeier, Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD). Viele Leistungsbeziehende kämen bereits jetzt in die Sozialberatungsstellen und wüssten nicht, wie sie ihre Stromrechnung oder den nächsten Lebensmitteleinkauf bezahlen sollen.
Die Verbände befürchten erhebliche Kaufkraftverluste für Millionen Betroffene. "Eine zögerliche Anpassung der Regelsätze an die Inflation führt zu erheblichen Kaufkraftverlusten, die die Armut drastisch verschärfen", erklärte Engelmeier. Es brauche einen Mechanismus, der Preissteigerungen zeitnah berücksichtige.
Härtere Sanktionen für unkooperative Bürgergeld-Empfänger angekündigt
Arbeitsministerin Bärbel Bas plant zwar keine Anhebung des Regelsatzes, dafür deutlich härtere Strafen für Bürgergeldempfänger, die Termine im Jobcenter versäumen. Statt der bisherigen zehn Prozent sollen künftig 30 Prozent des Regelbetrags gestrichen werden, wenn Leistungsbeziehende ohne triftigen Grund nicht erscheinen. "Ich sorge für mehr Zug in der Betreuung. Wer ohne Grund nicht zum Termin kommt, dem wird jetzt deutlich mehr gestrichen", erklärte die SPD-Politikerin der "Bild"-Zeitung. Das Signal sei klar: Die Regierung helfe auf dem Weg in Arbeit, aber dafür müsse man mitmachen. "Alles andere ist unfair gegenüber denjenigen, die jeden Morgen aufstehen." Die Ministerin betonte, sie wolle Menschen in Arbeit bringen durch mehr Beratung und engere Betreuung. Wer jedoch nicht mitziehe, dem werde es deutlich schwerer gemacht.
Grundsätzliche Kritik an Bürgergeld-Berechnung: "Statistisch problematisch und willkürlich"
Wissenschaftler bemängeln die Berechnungsgrundlage des Bürgergelds als fehlerhaft. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, bezeichnet das Vorgehen als inkonsistent. Ein Statistikmodell werde willkürlich mit einem Warenkorbmodell vermischt.
Die Berechnung orientiere sich an den Ausgaben des untersten Fünftels der Bevölkerung. "Das ist statistisch problematisch, weil hier auch Menschen in die Referenzgruppe einbezogen werden, die eigentlich Anrecht auf Wohngeld oder Kinderzuschläge oder andere Sozialleistungen hätten", kritisiert Kohlrausch. Diese nähmen ihre Ansprüche aus Unwissen oder Scham nicht wahr. Zusätzlich würden bestimmte Ausgabenposten willkürlich gestrichen - darunter Taschen, Regenschirme, Eis in der Eisdiele, Pflanzen und Tierfutter. Die Expertin fordert eine grundlegende Reform der Berechnungsmethode.
Millionen Betroffene: Verbände fordern 813 Euro Mindestsatz
Die geplante Nullrunde trifft nicht nur die 5,6 Millionen Bürgergeldempfänger. Auch Rentnerinnen und Rentner, die wegen zu geringer Bezüge Grundsicherung im Alter erhalten, sind betroffen. Deren Leistungen entsprechen dem Bürgergeld-Regelsatz. Nach Einschätzung des Paritätischen Gesamtverbands würde eine Umstellung auf den sogenannten Mischindex, wie im Koalitionsvertrag der Merz-Regierung vorgesehen, lediglich eine Erhöhung um 12 Euro auf 575 Euro bedeuten. Dies reiche nicht aus, um die inflationsbedingten Kostensteigerungen auszugleichen.
Der Verband fordert ein "armutsfestes Bürgergeld" von mindestens 813 Euro für Alleinstehende. Erst ab diesem Betrag könne von einer echten Existenzsicherung gesprochen werden. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) bestätigte die Befürchtungen einer weiteren Nullrunde.
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loc/news.de/dpa/stg