"Verfassungstreue ist kein Lippenbekenntnis": Dieses Bundesland schmeißt AfD-Mitglieder aus dem Staatsdienst
Wer AfD-Mitglied ist, kann sich einen Job im öffentlichen Dienst von Rheinland-Pfalz abschminken. Bild: picture alliance/dpa | Fabian Sommer
Erstellt von Claudia Löwe
10.07.2025 17.05
- Keine AfD-Mitglieder im öffentlichen Dienst von Rheinland-Pfalz mehr geduldet
- Rheinland-pfälzischer Innenminister greift durch: "Verfassungstreue ist unverrückbare Pflicht jedes Beamten"
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Infolge der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch durch den Verfassungsschutz Anfang Mai 2025 verschärfen mehrere Bundesländer die Einstellungsregeln für den öffentlichen Dienst. Nun kündigte auch Rheinland-Pfalz durch Innenminister Michael Ebling (SPD) konkrete Maßnahmen an, um AfD-Mitgliedern den Zugang zum Staatsdienst zu verwehren.
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AfD-Mitgliedern bleibt in Rheinland-Pfalz Zugang zum öffentlichen Dienst verwehrt
Ebling betonte die Unverrückbarkeit der Verfassungstreue für Beamte. "Die Verfassungstreue ist kein Wunsch, keine Empfehlung, kein Lippenbekenntnis, sie ist die unverrückbare Pflicht jedes Beamten in unserem Land", so der Minister. "Wer sich in den Dienst dieses Staates stellt, muss jederzeit loyal zur Verfassung stehen, ohne Wenn und Aber." Die neuen Regelungen sehen eine verpflichtende schriftliche Belehrung im Einstellungsverfahren vor.
Rheinland-Pfalz prüft Bewerber für Staatsdienst auf Herz und Nieren
Konkret wird demnach künftig beim Einstellungsverfahren eine schriftliche Belehrung über die Verfassungstreue verpflichtend sein. Alle Bewerberinnen und Bewerber müssten erklären, dass sie keiner extremistischen Organisation angehören oder in den vergangenen fünf Jahren angehört haben. Bestandteil dafür werde eine vom Verfassungsschutz regelmäßig aktualisierte Liste extremistischer Gruppierungen und Organisationen sein, bei denen hinreichend tatsächlich Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen vorliegen. "Auf dieser Liste wird daher auch die AfD geführt werden", erklärte der Innenminister.
Wer die Erklärung verweigert oder Zweifel an der Verfassungstreue nicht ausräumen kann, erhält keine Anstellung im öffentlichen Dienst. Bereits eine Mitgliedschaft in einer als Verdachtsfall eingestuften Organisation begründet solche Zweifel. Auch Bayern und Baden-Württemberg haben bereits ähnliche Listenabfragen eingeführt. In Baden-Württemberg ist diese Praxis bereits länger etabliert, Bayern setzt sie seit einigen Wochen um. Die Maßnahmen betreffen sowohl neue Bewerber als auch bestehende Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, bei denen eine AfD-Mitgliedschaft disziplinarrechtliche Konsequenzen haben kann.
Verfassungstreue als oberste Pflicht: AfD-Mitglieder sollen aus Staatsdienst entfernt werden
Für bereits im Staatsdienst tätige AfD-Mitglieder drohen ebenfalls Konsequenzen. Die Parteizugehörigkeit kann laut Innenminister Ebling ein disziplinarrechtlich relevantes Dienstvergehen darstellen, wobei der Einzelfall entscheidend bleibt. Bei nachgewiesenen Verstößen gegen die Verfassungstreuepflicht droht die Entfernung aus dem Dienst. Nach Recherchen des ARD-Magazins "Report Mainz" arbeiten über 220 Menschen im Staatsdienst, die in den vergangenen fünf Jahren für die AfD kandidiert haben. Darunter befinden sich vorrangig Lehrer, Polizisten, Verwaltungsbeamte und Soldaten.
Auch in diesen Bundesländern haben AfD-Mitglieder im öffentlichen Dienst keinen Platz
Mehrere Bundesländer prüfen Bewerber für den öffentlichen Dienst zusätzlich durch Regelabfragen beim Verfassungsschutz. Brandenburg kontrolliert generell alle angehenden Beamten, Hamburg konzentriert sich auf Polizeibewerber. In Mecklenburg-Vorpommern werden Justizmitarbeiter überprüft. Nach Informationen des "Spiegel" planen fast alle Bundesländer solche Regelabfragen oder haben sie bereits eingeführt. Schleswig-Holstein, Hessen und Hamburg arbeiten an entsprechenden Gesetzen. Die verschärften Maßnahmen sollen Extremisten systematisch vom Staatsdienst fernhalten.
Die Innenministerkonferenz diskutierte erst Mitte Juni über den Umgang mit AfD-Mitgliedern im öffentlichen Dienst, erzielte jedoch noch kein konkretes Ergebnis. Der Vorsitzende Ulrich Mäurer schlug eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe vor, die sich mit dem Verfassungsschutz-Gutachten zur AfD befassen soll.
Empörung bei der AfD nach Ausschluss von Parteimitgliedern aus öffentlichem Dienst in Rheinland-Pfalz
Die AfD reagiert mit massiver Kritik auf die verschärften Maßnahmen. Der stellvertretende Landesvorsitzende Sebastian Münzenmaier warf Innenminister Ebling verfassungswidrige Methoden vor und sprach von "antidemokratischen Mitteln". Die Partei sehe sich einem Generalverdacht ausgesetzt, ohne dass konkrete Vorwürfe vorlägen.
AfD-Fraktionschef Jan Bollinger kritisiert, dass künftig nicht mehr das Handeln eines Beamten zähle, sondern dessen politisches Denken. Er rät Betroffenen, sich juristisch zu wehren. Die Partei hat bereits gegen die Einstufung als rechtsextremistische Organisation durch den Verfassungsschutz geklagt.
Intern verschickte der AfD-Bundesvorstand eine "Handreichung für Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst". Darin betont die Partei, dass Mitglieder nicht allein aufgrund der Verfassungsschutz-Einstufung aus dem Dienst entfernt werden könnten. Die Führung empfiehlt Mitgliedern, in ihrer Wortwahl zu differenzieren und im verfassungskonformen Bereich zu bleiben.
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loc/news.de/dpa/stg