TV

Tino Chrupalla: AfD-Chef verbreitet Kreml-Propaganda bei "Markus Lanz" - Moderator versagt

AfD-Chef Tino Chrupalla empörte mit seinem Auftritt bei "Markus Lanz". Bild: picture alliance/dpa | Alicia Windzio

  • Artikel teilen:
  • Tino Chrupalla sagt bei "Markus Lanz", Polen sei genauso eine Gefahr für Deutschland wie Russland
  • Widerspruch für den AfD-Chef bleibt verhalten
  • Man hätte stärker auf seine offensichtlichen Falschaussagen hinweisen müssen

Tino Chrupalla legte am Dienstagabend einen völlig irren Auftritt im ZDF hin. In der Talkshow "Markus Lanz" verbreitete der AfD-Chef wilde Theorien über Russland, den Ukraine-Krieg und die aktuelle Bedrohungslage auf der Welt. Auch der Moderator lieferte keine gute Figur ab. Es gab zwar Widerspruch für Chrupalla, doch man hätte noch viel stärker auf seine Falschaussagen hinweisen müssen.

Tino Chrupalla verbreitet irre Thesen über Russland bei "Markus Lanz" am 11.11.2025

Der AfD-Politiker verteidigte in der Sendung seine Auffassung, Russland stelle aktuell keine Gefahr für Deutschland dar. Über Kremlchef Wladimir Putin sagte er: "Mir hat er nichts getan." Chrupalla fügte hinzu: "Jedes Land kann eine Gefahr für Deutschland werden." So zum Beispiel auch Polen, weil es einen Terroristen nicht an die Bundesrepublik auslieferte, der an der Sprengung der Nord-Stream-Pipeline beteiligt gewesen sein soll. Lanz fragte ungläubig:"Sie sagen, Polen ist potenziell genauso gefährlich für Deutschland wie Russland?" Chrupalla blieb bei seiner Meinung:"In diesem Fall sehen wir es doch. Die wirtschaftlichen Interessen Polens sind andere als Deutschlands." 

Dass Polen eine genauso große Gefahr für Deutschland wie Russland darstellt, ist schlichtweg falsch. Polen ist ebenso wie Deutschland in der Nato. Die beiden Länder würden also im Falle eines gegnerischen Angriffs laut Vertrag sogar militärisch zusammenarbeiten. Bei "Markus Lanz" kam dies nicht zur Sprache. Dabei hätte man die Zuschauer an dieser Stelle auf die Fakten hinweisen können - ja sogar müssen. Stattdessen blieben Chrupallas Aussagen, die er so wohl auch ohne Probleme im russischen Propagandafernsehen hätte tätigen können, weitgehend unkommentiert stehen.

AfD-Politiker zieht wilden Vergleich zwischen Putin-Propagandist Dmitri Medwedew und CDU-Politiker Roderich Kiesewetter

Konfliktforscherin Florence Gaub, die ebenfalls zu Gast war, verwies lediglich darauf, dass Russland regelmäßig mit einem Atombomben-Einsatz drohen würde. Chrupalla widersprach: "Putin hat noch nicht einmal gedroht, Deutschland mit einer Atombombe anzugreifen." Er verglich stattdessen Aussagen des russischen Hardliners und Ex-Präsidenten Dmitri Medwedew mit Forderungen des CDU-Politikers Roderich Kiesewetter, "den Krieg nach Russland zu tragen". Beide Politiker würden Propaganda verbreiten. Lanz fiel dazu nur ein, dass man dies "möglicherweise nicht" vergleichen sollte.

Dabei hätte man Chrupalla auch bei diesen Äußerungen noch viel härter ins Gericht nehmen sollen. Auch wenn man Kiesewetters Forderungen kritisieren kann - dieser hat, anders als Medwedew, nie offen mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht. Es ging ihm außerdem darum, dass sich die Ukraine besser gegen die russische Aggression wehren kann, während der Putin-Propagandist immer wieder über neue Angriffe gegen Länder spricht, die Russland gar nicht bedrohen.

Live-Faktencheck in ZDF-Talkshow wäre sinnvoll

Tino Chrupalla zog bei "Markus Lanz" noch weitere zweifelhafte Vergleiche zu politisch Verfolgten in Russland und der westlichen Welt. Ohne konkrete Belege behauptete er zudem, die USA würden einen Regime Change in Russland anstreben. Außerdem beschwerte er sich über den Umgang mit Oppositionellen in Deutschland. Kreml-Kritiker Wladimir Kara-Mursa reagierte empört: "Unsere Oppositionellen werden ermordet. Wie viele aus Ihrer Partei sind ermordet worden?" Chrupalla bezeichnete sich selbst als "Dissidenten" und sagte: "Selbst ich wurde angegriffen und weiß noch nicht, von wem." Er spekulierte sogar über einen möglichen Angriff von staatlichen Diensten.

Tino Chrupalla redete sich bei "Markus Lanz" um Kopf und Kragen. Das hätte man zum Beispiel durch während der Sendung eingeblendete Richtigstellungen klarmachen können. Es wäre zum Beispiel eine Idee, Talkshows in den öffentlich-rechtlichen Programmen künftig nicht mehr live zu zeigen, sondern vor der Ausstrahlung aufzuzeichnen. Mit eingeblendeten Faktenchecks ließen sich Falschbehauptungen von Politikern, egal aus welcher Partei, viel besser entlarven - vor allem wenn der Moderator nur schwache kritische Nachfragen stellt.

Unter zdf.de ist die komplette Folge "Markus Lanz" vom 11.11.2025 abrufbar.

Auch diese Meinungsstücke aus der Redaktion könnten Sie interessieren:

/bos/news.de

Themen

Erfahren Sie hier mehr über die journalistischen Standards und die Redaktion von news.de.