Todeskommando im Ukraine-Krieg: Putin-Soldat berichtet von mörderischer Praxis an der Front
Ein russischer Soldat erhebt schwere Vorwürfe gegen Putins Kriegsführung. Bild: picture alliance/dpa/Pool AP | Alexander Zemlianichenko
Erstellt von Anika Bube
20.11.2025 06.55
- Soldat Duljaninow schildert Erpressung, Unterschlagung und mutmaßliche Exekutionen in seiner Einheit.
- Er überlebte nach einem gescheiterten Angriff sechs Tage schwer verletzt im Niemandsland.
- Der Bericht wirft ein verheerendes Licht auf Strukturen und Taktiken der russischen Armee.
Ein russischer Soldat erhebt schwere Vorwürfe gegen die Kriegsführung. In einem detaillierten Bericht erzählt Wladimir Walerjewitsch Duljaninow über erschreckende Missstände in seiner Einheit. Er spricht über systematischer Erpressung, Unterschlagung und Gewalt. Russische Kommandeure würden demnach nicht nur zahlreiche Männer in den Tod schicken, sondern auch regelmäßig diejenigen hinrichten, die ihnen zu unbequem sind. Außerdem berichtet er von einem Himmelfahrtskommando, bei dem er sechs Tage um sein Leben kämpfte.
Russischer Soldat packt aus: Erpressung, Gewalt und Todeskommandos in Putin-Armee
Duljaninow dient im 6. Garde-Panzerregiment. Der russische Soldat hat an der Front eine Reihe von Videos aufgenommen, die seine Tante nun veröffentlicht hat, um die russischen Behörden offenbar unter Druck zu setzen.
Der Soldat berichtet, dass er vor einem Einsatz die Anweisung erhalten habe, fünf seiner untergebenen Soldaten zu exekutieren. Doch er weigerte sich, dem Befehl Folge zu leisten. Stattdessen gelang es ihm, die betroffenen Männer davon zu überzeugen, sich dem bevorstehenden Angriff anzuschließen. Seine Entscheidung gegen die Tötung der eigenen Leute sollte jedoch schwerwiegende Konsequenzen haben.
Die Operation, an der Duljaninow und seine Männer teilnehmen mussten, entwickelte sich zu einem Himmelfahrtskommando. Der Angriff erfolgte ohne jegliche Feuerunterstützung. Auch die grundlegendste Versorgung fehlte vollständig. Trotz dieser katastrophalen Bedingungen führte der Kommandeur seine Soldaten in den Einsatz. Die mangelnde Unterstützung durch die eigene Armee sollte sich als verhängnisvoll erweisen. Duljaninow wurde während der Kampfhandlungen schwer getroffen. Mehrere Splitter trafen seinen Körper. Besonders gravierend war eine Verwundung am Bein, die seine Bewegungsfähigkeit stark einschränkte. Der russische Offizier befand sich plötzlich in einer lebensbedrohlichen Lage im umkämpften Gebiet.
Die schweren Verletzungen zwangen Duljaninow zu einem verzweifelten Überlebenskampf. Mit zerfetztem Körper und einem schwer verletzten Bein musste er sich sechs Tage lang durch das Kampfgebiet nahe Pokrowsk schleppen. Jede Bewegung bedeutete extreme Schmerzen. "Als ich mich danach zurückzog, hatte ich schwere Verletzungen, drei Splitterwunden und ein verstauchtes Bein. Ich konnte mich nicht schneller zurückziehen, also kroch ich irgendwohin", erzählt Duljaninow. "Ich kroch sechs Tage lang. Es waren 40 Grad Celsius. Vier Tage lang bettelte ich sie um Essen und Wasser an."
Der verwundete Soldat konnte sich nur noch kriechend fortbewegen. Die Splitterwunden und die Beinverletzung machten normales Gehen unmöglich. Tag für Tag kämpfte er sich durch das gefährliche Terrain, ohne Hoffnung auf schnelle Rettung. Die russische Armee ließ ihre eigenen Soldaten im Stich. Weder Sanitäter noch Nachschub erreichten die Verwundeten. Duljaninow und seine verletzten Kameraden waren vollkommen auf sich allein gestellt. "Die Verwundeten werden nicht evakuiert, sie werden einfach dem Tod überlassen", erklärte der Soldat weiter.
Die fehlende Versorgung durch die russische Armee zwang die Verwundeten zu extremen Maßnahmen. Ohne Nahrung und Wasser mussten Duljaninow und seine verletzten Kameraden improvisieren. Ihre einzige Nahrungsquelle bestand aus herabgefallenen Äpfeln, die sie im Kampfgebiet fanden. Als selbst diese spärliche Kost nicht mehr ausreichte, griffen die Soldaten zur Baumrinde. Die verzweifelten Männer nagten an der Rinde, um ihren Hunger zu stillen. Sechs Tage lang ernährten sie sich von dem, was die Natur hergab.
Die russische Armee hatte ihre eigenen Soldaten nicht nur im Kampf, sondern auch bei der grundlegendsten Versorgung im Stich gelassen. Duljaninows Überlebenskampf offenbart die katastrophalen Zustände innerhalb der russischen Streitkräfte.
Schwere Vorwürfe gegen russische Kriegstaktik
Der Soldat berichtet von einer erschreckenden Taktik, die er als vorsätzlichen Mord an den eigenen Männern wertet. "Das geschieht auf verschiedene Weise, aber im Grunde läuft es so ab: Eine Gruppe von fünf Personen mit einer Ration und einem Minimum an Munition wird zum entferntesten Punkt des Kampfgeschehens geschickt. Es dauert drei Tage, um dorthin zu gelangen – durch Minenfelder, Stacheldraht und unter Beschuss", sagt Duljaninow. "Schließlich erreichen die erschöpften und hungrigen Kämpfer den Feind, seine Festung, und bitten um Feuerunterstützung. Ihnen wird gesagt: Es wird keine Unterstützung geben, also greift einfach an." Und weiter: "Aber sobald die Gruppe entdeckt wird, greifen [ukrainische] Maschinengewehre, Scharfschützen, automatische Granatwerfer und Drohnen schnell an und beginnen, sie 'auszulöschen'."
Bevor die Männer zu Angriffseinsätzen aufbrechen, müssen sie ihre Bankkarten und PIN-Codes bei ihren Kommandanten hinterlegen, und wenn sie lebend zurückkehren, stellen sie fest, dass ihre persönlichen Gegenstände gestohlen wurden. Männer, die gegen die Kommandanten aussagen könnten, werden ermordet, sagt Duyaninov.
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