Politik

Tino Chrupalla: AfD-Wut nach TV-Auftritt - Wladimir Putins Propaganda entzweit die Partei

Die AfD-Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla sind in der Russland-Politik gespalten. Bild: picture alliance/dpa | Alicia Windzio

  • Artikel teilen:
  • Tino Chrupallas Kreml-Propaganda bei "Markus Lanz" spaltet die AfD. Politiker kritisieren den AfD-Chef scharf.
  • Alice Weidel und Tino Chrupalla haben im Umgang mit Putin und der russischen Regierung verschiedene Haltungen.
  • Der AfD-Vorsitzende bleibt im ZDF-Morgenmagazin (Moma) seinen Aussagen treu.

AfD-Chef Tino Chrupalla verbreitete am Dienstagabend in der ZDF-Sendung "Markus Lanz" russische Propaganda. Er verharmloste unter anderem die hybriden Angriffe Russlands und verbreitete schlimme Aussagen über den Ukraine-Krieg. "Das wird innerhalb der Fraktion und Partei zu einigem Unmut führen. Das nervt die Leute langsam, was Tino da macht", zitiert die "Bild"-Zeitung eine namentlich nicht genannte Person aus der Fraktionsführung. Spaltet Putin etwa die AfD? Einige AfD-Politiker äußern bereits öffentlich Kritik.

Tino Chrupalla verbreitet Putin-Propaganda bei "Markus Lanz"

Chrupalla hatte bei Lanz gesagt, er sehe aktuell durch Russland keine Gefahr für Deutschland. Auf die Frage, ob er keinen hybriden Krieg sehe und die Situation in der Ukraine mit Millionen Menschen auf der Flucht, sagte er, jedes Land könne eine Gefahr für Deutschland werden. Lanz fragte nach, ob er damit beispielsweise auch Luxemburg, Polen oder Finnland meine. "Natürlich kann auch Polen für uns eine Gefahr sein", sagte Chrupalla, weil dieses einen Verdächtigen der Sprengung der Nord-Stream-Pipelines nicht ausliefere. Zur Person von Präsident Wladimir Putin sagte er: "Mir hat er nichts getan."

AfD-Politiker reagieren scharf auf Chrupallas Russland-Verharmlosung

"Über Polen als Gefahr zu reden, hat nichts mit Politik zu tun", sagte der frühere Bundeswehr-Oberst Lucassen. "Polen ist Nato-Partner, unsere Streitkräfte sind in einem gemeinsamen Korps integriert. Eine solche Theorie ist abstrus." Mit Blick auf das Ziel der AfD, in Regierungsverantwortung zu kommen, fügte er hinzu: "Dafür müssen wir außenpolitisch auf eine höhere Ebene kommen. Wir müssen staatspolitische Verantwortung zeigen."

Mit ähnlichen Worten zitiert "Bild" den AfD-Verteidigungspolitiker Hannes Gnauck, ebenfalls früherer Bundeswehrsoldat: "Wir streben 2029 Regierungsverantwortung an und müssen die sicherheitspolitischen Realitäten anerkennen: Es gibt feindselige russische Aktivitäten in Europa, darunter Desinformation, Spionage, Sabotageversuche und hochgradig provokatives Verhalten im Ostseeraum. Dabei wurde auch die Sicherheit deutscher Soldaten gefährdet." Eine realistische Außen- und Sicherheitspolitik brauche nüchterne Lagebeurteilung, nicht Wunschdenken. Er forderte von Chrupalla, "Bedrohungen klar zu benennen und nationale Interessen zu schützen." Es brauche für eine realistische Außen- und Sicherheitspolitik "nüchterne Lagebeurteilung, nicht Wunschdenken."

Der verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Rüdiger Lucassen, sagte "Bild": "Wir sehen jede Woche russische Waffensysteme in Gebieten, wo sie nichts verloren haben. Wir sehen einen Staat, der keine Bereitschaft zeigt, in Richtung Frieden zu gehen. Gefahrenabwehr, zumindest aber Prävention, ist die Pflicht jedes deutschen Politikers und jedes deutschen Patrioten."

AfD gespalten? Alice Weidel verhält sich Putin gegenüber kritisch

AfD-Chefin Alice Weidel hat sich bislang nicht zu Chrupallas Äußerungen zu Wort gemeldet. Sie machte zuletzt immer wieder ihre Putin-kritische Haltung deutlich. "Ich glaube, dass auch Russland dazu aufgerufen ist, sich deeskalierend zu verhalten und nicht noch zusätzlich den Nato-Luftraum zu verletzen und die Luftabwehrsysteme zu testen", sagte sie, nachdem russische Drohnen und Jets den Luftraum über Polen und Estland verletzten. Sie forderte angesichts der Friedensbemühungen, dass sich Putin bewegen müsse. Am Montag sagte sie über Berichte, dass AfD-Politiker nach Russland reisten: "Ich kann nicht verstehen, was man da eigentlich soll, um es hier ganz deutlich zu sagen."

Chrupalla bleibt sich treu: AfD-Chef verbreitet weiter seine Putin-freundliche Rhetorik

Chrupalla machte am Donnerstagmorgen im "ZDF-Morgenmagazin" (Moma) deutlich, dass er von seinen Aussagen nicht abrückt. Damit steht er auf einer ganz anderen Seite als Weidel. Auf die Frage von Moderator Mitri Sirin, was er mit solchen Aussagen bezwecke, wich Chrupalla der Frage aus und wiederholte seine russlandfreundliche Rhetorik. Er sprach von einer dringend benötigten "Entspannungspolitik". Er betonte wieder die angebliche Gefahr eines Krieges in Europa. "Damit wir keine Soldaten in irgendwelche fremden Kriege schicken müssen und in die Gefahr kommen, dass sich dieser Krieg nach Europa ausweitet. Das muss für die Politik in Deutschland gelten. Wir müssen nicht kriegstüchtig, sondern friedenssüchtig in diesem Land werden. Das ist mein Ansatz und dafür kämpfe ich", sagte der AfD-Chef.

Zustimmung für Chrupalla

Der AfD-Chef bekommt aber auch Zustimmung. Der Bundestagsabgeordnete Matthias Moosdorf aus Chrupallas sächsischem AfD-Landesverband richtet Kritik stattdessen gegen Alice Weidel, die öffentlich seit einiger Zeit eine andere Moskau-Linie als ihr Co-Parteichef Chrupalla vertritt und zu einer geplanten Russland-Reise von AfD-Politikern diese Woche kritisch anmerkte: "Ich kann nicht verstehen, was man da eigentlich soll." Moosdorf schrieb dazu bei X: "Schade! Ich weiß es." Politik sei keine Phrase, man könne sehr konkret viel erreichen. "Und ja, notfalls müsste man sogar mit seinen Feinden reden - um weitere Eskalationen zu vermeiden. Das ist die Lehre aus unserer Geschichte."

In Reaktion auf die Berichterstattung über Chrupallas Auftritt bei Lanz schrieb Moosdorf, der selbst im Zusammenhang mit Russland-Reisen schon in den Schlagzeilen stand, zudem: "Es ist KEIN Landesverrat, wenn man sich nicht in die allgemeine Kriegshysterie gegen Russland hinein ziehen lassen will! Man muss auch zuhören wollen, wenn man zutiefst deutsche Interessen sucht!"

Weidel und Chrupalla driften mit ihren Meinungen voneinander weg

Dennoch lässt sich nur mutmaßen, dass die AfD innerhalb seiner Reihen zerrissen sein könnte. Zumindest in der Russland-Politik gehen die Aussagen selbst in der Parteispitze auseinander. Chrupalla sieht hinsichtlich Weidels Aussage vom Montag keine Unstimmigkeiten. "Frau Weidel meint vielleicht auch Dinge, die in der Planung in der Zukunft sind, die nicht abgesprochen sind. Genau darauf sind wir uns gar nicht uneinig." Dennoch betont die Quelle gegenüber "Bild", dass er für sich und "einen bestimmten" Flügel spreche - und zwar den im Osten.

Weitere News aus dem Ressort Politik:

/bua/news.de/dpa

Themen

Erfahren Sie hier mehr über die journalistischen Standards und die Redaktion von news.de.