Boris Pistorius unter Beschuss: Wehrdienst-Zoff zwischen Union und SPD eskaliert weiter - "Sturer Bock"
Außenminister Boris Pistorius lässt die Union im Unklaren darüber, wie die künftige Personalplanung der Bundeswehr aussehen soll. Selbst Partei-Kolleg:innen zeigen sich entrüstet. Bild: dpa/Kay Nietfeld
Erstellt von Ines Fedder
04.11.2025 11.41
- Wehrdienstgesetz in Gefahr: Pistorius lehnt Koalitionskompromiss ab
- Bundeswehr-Personalplan ungeklärt: Minister liefert keine Zahlen
- Koalitionsstreit eskaliert: SPD und Union kritisieren Verteidigungsminister
Der Konflikt zwischen Verteidigungsminister Boris Pistorius und den Regierungsfraktionen von Union und SPD über das neue Wehrdienstgesetz spitzt sich dramatisch zu. Der SPD-Politiker weigert sich, den zwischen den Koalitionspartnern ausgehandelten Kompromiss zum Musterungsverfahren zu akzeptieren. In einem Interview mit "Reuters" erklärte Pistorius am Wochenende: "Wir können uns mit dem Gesetzentwurf nicht anfreunden."
Diese Aussage sorgt für massive Verstimmung in beiden Regierungsparteien, berichtet unter anderem die "Bild"-Zeitung. Besonders brisant: Der Minister liefert trotz mehrfacher Aufforderung keine konkreten Zahlen zur geplanten Personalentwicklung der Bundeswehr. Stattdessen beharrt er auf seiner Kritik am vorgesehenen Losverfahren für die Musterung, ohne selbst eine tragfähige Alternative vorzulegen. Die Abgeordneten werfen ihm vor, seine Hausaufgaben nicht gemacht zu haben und das Gesetzgebungsverfahren zu blockieren.
"Fahrlässigkeit und mangelnder Ehrgeiz" - Union attackiert Boris Pistorius wegen Wehrdienst-Eklat
Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Thomas Erndl, geht den Minister frontal an. Der CSU-Politiker wirft Pistorius "Fahrlässigkeit" vor und kritisiert dessen fehlenden Ehrgeiz bei der Personalplanung. "Wir brauchen keine Symboldebatten zur Musterung, sondern eine Armee mit Vollausstattung", erklärte Erndl gegenüber "Bild".
Der Unions-Experte bemängelt, dass der Minister ständig über Spannungs- und Verteidigungsfälle rede, aber keinerlei Material für einen Truppenaufwuchs bereitstelle. Abschreckung entstehe durch vollständige Ausstattung bei Personal und Material - nicht durch "Symboldebatten über das Abheften von Untersuchungsbögen".
Erndl fordert einen ehrgeizigeren Plan für die Personalentwicklung und funktionierende Waffensysteme. Auch beim Ausbau der Ausbildungskapazitäten für den neuen Wehrdienst vermisst er Ambitionen: "Eine homöopathische Erhöhung der bestehenden Strukturen reicht nicht."
"Sturer Bock" - Auch die SPD verliert die Geduld mit dem Verteidigungsminister
Nicht nur aus der Union hagelt es Kritik - auch in Pistorius' eigener Partei wächst der Unmut. SPD-Abgeordnete zeigen sich irritiert über die Aussage des Ministers, man könne sich nicht mit dem Gesetzentwurf anfreunden. Die Fraktion stehe weiterhin zum ausgehandelten Kompromiss mit der Union, betonen Parlamentarier.
Ein SPD-Politiker bezeichnet Pistorius gegenüber "Bild" als "sturen Bock", der sich auf seine hohen Beliebtheitswerte bei den Wählern verlasse. Besonders frustriert zeigen sich die Genossen über die fehlende Konkretheit des Ministers. "Er scheitert immer, wenn es konkret wird – dieses Mal an den Zahlen", kritisiert ein Abgeordneter der Sozialdemokraten.
Die mangelnde Bereitschaft, belastbare Personalplanungen vorzulegen, stößt parteiübergreifend auf Unverständnis. Statt konstruktiver Vorschläge liefere Pistorius nur Kritik am vereinbarten Losverfahren.
Geplatzter Kompromiss und gescheiterte Nachbesserungen
Zum Hintergrund: Die Spannungen zwischen Minister und Parlament schwelen bereits seit Wochen. Am 14. Oktober kam es schließlich zum Eklat: Eine für diesen Tag angesetzte Pressekonferenz der Regierungsfraktionen wurde wenige Minuten vor Beginn abgeblasen. Nach Angaben aus Unionskreisen hatte Pistorius zuvor eine gemeinsame Sitzung zum Scheitern gebracht. Trotz des geplatzten Kompromisses wurde das Gesetz tags darauf in erster Lesung im Bundestag beraten.
Die Parlamentarier forderten den Minister auf, bis vergangenen Donnerstag sogenannte Formulierungshilfen für den Gesetzestext nachzureichen. Was das Ministerium lieferte, genügte den Abgeordneten jedoch nicht. Ein Verteidigungspolitiker der Koalition erklärte, der Minister müsse nachsitzen und bis Dienstag weitere Unterlagen vorlegen. Statt konstruktiv nachzubessern, verschärfte Pistorius mit seinem "Reuters"-Interview am Wochenende die Fronten weiter.
Losverfahren als Zankapfel - Minister ohne Gegenvorschlag
Im Zentrum des Streits steht das geplante Musterungsverfahren. Pistorius lehnt das von den Fraktionen vorgesehene Losverfahren kategorisch ab. Eine konkrete Alternative oder belastbare Personalplanung bleibt der Verteidigungsminister jedoch schuldig. Die Koalitionspartner fordern statt ideologischer Grundsatzdebatten endlich nachvollziehbare Zahlen zur Truppenentwicklung.
Selbst in der Union gilt das Losverfahren nicht als unumstößlich - man wolle vom Minister lediglich eine realistische Personalstrategie sehen. Die Abgeordneten kritisieren, dass Pistorius zwar permanent die Musterungsfrage thematisiere, aber keine praktikablen Lösungen präsentiere. Seine Weigerung, den parlamentarischen Kompromiss zu akzeptieren, blockiere das gesamte Gesetzgebungsverfahren. Ohne belastbare Daten zur Personalentwicklung der Bundeswehr droht das wichtige Wehrdienstgesetz zu scheitern.
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