Friedensnobelpreis-Schmeichelei: "Was ist das für ein Zirkus?" Netanjahu entsetzt mit Brief an Trump
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu überreicht US-Präsident Donald Trump einen Brief, den er an das Nobelpreiskomitee geschickt hatte. Bild: picture alliance/dpa/AP | Alex Brandon
Erstellt von Sabrina Böhme
08.07.2025 08.35
- Benjamin Netanjahu findet, dass Donald Trump den Friedensnobelpreis verdient hat
- Israels Ministerpräsident überreicht Trump einen Brief, den er an das Nobelpreiskomitee geschickt hatte
- Netanjahus Brief an Trump macht viele im Netz wütend
Donald Trump inszenierte sich mehrmals als Friedensstifter. Bislang ist es dem US-Präsidenten aber nicht gelungen, die globalen Konflikte zu beenden. Weder schaffte er es Russland dazu zu bringen, den Krieg in der Ukraine zu beenden, noch Frieden im Nahen Osten zu schaffen. Vielmehr attackierte er iranische Atomanlagen. Dennoch wird immer wieder spekuliert, dass der 79-Jährige den Friedensnobelpreis bekommen soll. Dafür sprach sich auch Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu aus. Bei einem gemeinsamen Dinner im Weißen Haus machte er das erneut deutlich.
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Netanjahu schlägt Trump für Friedensnobelpreis vor
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat US-Präsident Donald Trump für den Friedensnobelpreis nominiert. Zu Beginn eines gemeinsamen Abendessens im Weißen Haus lobte er in Anwesenheit von Journalisten Trumps "Streben nach Frieden und Sicherheit, das Sie in vielen Ländern, aber jetzt insbesondere im Nahen Osten, anführen". Trump schmiede "in diesem Moment Frieden, in einem Land, in einer Region nach der anderen". Dann reichte Netanjahu Trump einen Brief, den er an das Nobelpreiskomitee geschickt habe, um den US-Präsidenten für den Friedenspreis zu nominieren.
"Sie haben ihn verdient, und Sie sollten ihn bekommen", sagte der israelische Regierungschef, der selbst weiter Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen führt. "Wow", erwiderte Trump. "Gerade von Ihnen ist das sehr bedeutungsvoll."
Wer für die Nobelpreise nominiert wurde, wird von den Nobelinstitutionen in Stockholm und Oslo traditionell 50 Jahre lang geheim gehalten. Immer wieder kommt es aber vor, dass Nominierungsberechtigte von sich aus preisgeben, wen sie als Kandidaten für einen der Preise empfehlen. Wer in diesem Jahr den Friedensnobelpreis erhält, wird am 10. Oktober bekanntgegeben.
"Die Schlange nominiert Satan": Netanjahus Schmeichelei entsetzt im Netz
Dieser Moment sorgte für Gesprächsstoff im Netz. Das Weiße Haus teilte ein Video auf der Social-Media-Plattform. Viele Trump-Anhänger finden: Trump hat den Friedensnobelpreis verdient. Andere Nutzer sehen das anders. Sie zeigen Unverständnis und spotten über die Schmeichelei des israelischen Ministerpräsidenten:
- "Die Schlange nominiert Satan", vergleicht ein Nutzer die beiden Staatschefs.
- "Wenn Netanjahu Donald Trump für den Friedensnobelpreis nominiert, ist das so, als würde Benito Mussolini Adolf Hitler für das Lebenswerk der Menschenrechte nominieren. Schamlos, surreal und eine Beleidigung für das Konzept des Friedens selbst", schreibt der kritische Account "Canada Hates Trump."
- "Niemand. Buchstäblich niemand. Le Donald Trump an alle: Bitte nominieren Sie mich für den Friedensnobelpreis", spottet ein User.
- "Netanjahu überreicht Donald Trump mit der Gelassenheit eines Höflings ein Schreiben, in dem er für den Friedensnobelpreis nominiert wird. Das war keine Diplomatie. Es war eine rituelle Unterwerfung. Ein perfektes Drehbuch, ein perfektes Timing. Bibi hat nicht den Frieden gepriesen. Er beugte das Knie", meint ein Nutzer.
- "Was ist das für ein Zirkus?", fragt sich ein Nutzer.
Netanjahu nicht für eine Zweistaatenlösung in Palästina
Bei dem Treffen ging es auch um den Gazastreifen. Doch die menschenunwürdigen Bedingungen kamen nicht zur Sprache. Vielmehr scheint es, dass Trump und Netanjahu als Strippenzieher fungieren wollen, sei es über eine Waffenruhe oder die Zweistaatenlösung. Netanjahu achte deutlich, nicht an einer Zweistaatenlösung interessiert zu sein.Die Frage von Journalisten, ob eine Zweistaatenlösung möglich sei, ließ Trump seinen israelischen Gast beantworten. Die Palästinenser sollten sich zwar selbst regieren können, die Sicherheit werde aber "immer in unseren Händen bleiben", betonte Netanjahu. "Wir begehen keinen Selbstmord", fügte der Regierungschef hinzu. Mit einer Zweistaatenlösung ist ein unabhängiger palästinensischer Staat gemeint, der friedlich Seite an Seite mit Israel lebt.
Umsiedlung, statt Frieden? Trumps bizarre Gaza-Pläne
Israel und die USA seien "kurz davor, mehrere Länder zu finden", die Palästinenser aufnehmen würden, die den vom Krieg verwüsteten Gazastreifen verlassen möchten, sagte Netanjahu. "Ich denke, Präsident Trump hatte eine brillante Vision. Das nennt man freie Wahl. Wenn die Menschen bleiben wollen, können sie bleiben; aber wenn sie gehen wollen, sollten sie gehen können".
Trump hatte Anfang Februar erklärt, die USA könnten den Gazastreifen übernehmen, das kriegszerstörte Gebiet planieren, neu aufbauen und in eine "Riviera des Nahen Ostens" verwandeln. Die mehr als zwei Millionen Palästinenser müssten dazu umgesiedelt werden. Israelische Regierungsvertreter hatten in der Vergangenheit mehrfach angekündigt, die "freiwillige" Emigration eines bedeutenden Teils der knapp mehr als zwei Millionen Bewohner des abgeriegelten Küstenstreifens voranzutreiben.
Kritiker sprechen von Deportation in Gaza
Israel Verteidigungsminister Israel Katz ordnete Medienberichten zufolge schon mal die Planung eines riesigen Auffanglagers für 600.000 vom Krieg vertriebene Palästinenser im südlichen Gaza an. Damit solle die Macht der Hamas geschwächt werden. Katz sprach demnach von einer "Humanitären Stadt" auf den Trümmern der im Gaza-Krieg zerstörten Stadt Rafah. Radikalere Kräfte in Israel, so auch einige rechtsextreme Minister der rechts-religiösen Regierung von Netanjahu, sprechen offen von Zwangsdeportationen der Gaza-Bevölkerung und von der Errichtung jüdischer Siedlungen in Gaza. Eine Zwangsumsiedlung würde laut Experten gegen das Völkerrecht verstoßen.
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bos/bua/news.de/dpa