Frauen leben länger: Warum Männer häufig früher als ihre Partnerinnen sterben
Auch in der Natur werden männliche Tiere in der Regel nicht so alt wie weibliche. Bild: AdobeStock/N Lawrenson/peopleimages.com
Erstellt von Felix Schneider
24.10.2025 12.56
- Frauen leben in der Regel länger als Männer
- Dieses Phänomen lässt sich auch in der Natur beobachten
- Die unterschiedliche Lebenserwartung hat genetische und evolutionäre Ursachen
Frauen überleben Männer weltweit um durchschnittlich mehrere Jahre. Warum, war bislang unklar. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig haben nun die bisher umfangreichste Untersuchung zu diesem Phänomen vorgelegt. Weshalb Frauen in der Regel länger als Männer leben, verraten wir Ihnen hier. Besonders überraschend: Das Phänomen hat auch mit dem Beziehungsmodell der Monogamie zu tun.
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Weibchen dominieren bei Säugetieren, Männchen bei Vögeln
Die Leipziger Wissenschaftler analysierten für die im Fachjournal "Science Advances" veröffentlichte Studie 1.176 Vogel- und Säugetierarten, darunter Affen, Nagetiere, Elche und Raubvögel. Die Ergebnisse zeigen: Die unterschiedliche Lebenserwartung zwischen den Geschlechtern ist kein rein menschliches Phänomen. Bei 72 Prozent der untersuchten Säugetierarten lebten die Weibchen durchschnittlich 12 bis 13 Prozent länger als ihre männlichen Artgenossen.
Das Muster kehrt sich bei Vögeln komplett um: Hier überlebten in 68 Prozent der Arten die Männchen ihre Partnerinnen - allerdings nur um etwa fünf Prozent. Diese gegensätzlichen Ergebnisse zwischen Säugetieren und Vögeln überraschten die Forscher zunächst.
Das X-Chromosom macht den Unterschied
Die genetische Erklärung für die längere Lebensdauer liefert die sogenannte heterogamete Geschlechtshypothese. Weibliche Säugetiere besitzen zwei X-Chromosomen, während Männchen nur ein X- und ein Y-Chromosom haben. Dieser doppelte Chromosomensatz wirkt wie eine biologische Versicherung: Treten auf einem X-Chromosom schädliche Mutationen auf, kann das zweite diese Defekte ausgleichen.
Männchen fehlt dieses genetische Backup-System. Das sorgt dafür, dass sie deutlich anfälliger für Krankheiten sind. Bei Vögeln verhält es sich genau umgekehrt: Weibchen tragen zwei verschiedene Geschlechtschromosomen (Z und W), Männchen hingegen zwei identische (ZZ) – und profitieren dadurch vom Schutzmechanismus. "Bei einigen Arten fanden wir das Gegenteil des erwarteten Musters", erklärt Studienleiterin Johanna Stärk. Greifvögel wie Falken und Adler widersprechen der Theorie: Ihre Weibchen leben länger, obwohl sie die ungünstigere Chromosomenkombination besitzen.
Konkurrenzkampf um Partnerinnen kostet Lebensjahre
Starker Wettbewerb um Partnerinnen verkürzt das Leben männlicher Tiere erheblich. Die Forscher verglichen verschiedene Paarungsstrategien und fanden klare Zusammenhänge: In polygamen Arten, wo Männchen um Weibchen kämpfen müssen, sterben diese deutlich früher. Zwar können imposante Geweihe, auffällige Federkleider oder massive Körper die Fortpflanzungschancen steigern, doch dafür fordern diese Merkmale einen hohen Preis. Denn: Sie verbrauchen enorme Energie und erhöhen das Verletzungsrisiko bei Rivalenkämpfen.
Bei monogamen Vogelarten zeigt sich ein anderes Bild. Männchen und Weibchen teilen sich die Brutpflege, der Konkurrenzdruck sinkt deutlich. In diesen Arten gleichen sich die Lebenserwartungen der Geschlechter weitgehend an oder kehren sich sogar um. Je friedlicher das Paarungsverhalten, desto geringer fallen die Unterschiede in der Lebensdauer aus. Auch die Betreuung des Nachwuchses hat positive Effekte für das Elternteil, das die meiste Zeit darin investiert.
Evolution lässt sich nicht austricksen
Selbst unter optimalen Bedingungen verschwinden die Geschlechtsunterschiede nicht. Die Leipziger Forscher verglichen Wildtier- mit Zoopopulationen, wo Tiere medizinische Versorgung erhalten und vor natürlichen Feinden geschützt sind. Das Ergebnis überraschte: Weibliche Säugetiere lebten auch im Zoo länger als männliche – wenn auch weniger deutlich ausgeprägt.
"Die geschlechtsspezifischen Unterschiede verschwinden nicht einfach, auch wenn äußere Risiken wegfallen", betont Studienleiterin Johanna Stärk. Diese Erkenntnis gilt auch für Menschen: Moderne Medizin und bessere Lebensbedingungen verringern zwar den Abstand zwischen Männern und Frauen, können ihn aber nicht vollständig aufheben.
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