Vulkan "Uturuncu": Erwacht der "Zombie-Vulkan"? Neue Studie klärt mysteriöse Aktivität
Das Bild zeigt den Ausbruch des "Mount Ibu" in Indonesien. Wissenschaftler untersuchten, ob der Uturuncu ebenfalls bald Feuer speien würde. Bild: picture alliance/dpa/Geological Agency Indonesia | Uncredited
Erstellt von Felix Schneider
08.05.2025 09.47
- Bolivianischer Vulkan "Uturuncu" zeigt seltsame Zeichen von Aktivität
- Besorgte Forscher haben in einer Studie die Ursachen untersucht
- Die Ergebnisse offenbaren verblüffende Erkenntnisse
Der "Uturuncu" in Bolivien, ein knapp 6.000 Meter hoher Vulkan in der Andenregion, zeigt trotz 271.000 Jahren ohne Ausbruch ungewöhnliche Aktivitätszeichen. Von außen wirkt der sogenannte "Zombie-Vulkan" ruhig, doch Wissenschaftler beobachten, dass der Boden um den Vulkan sich hebt und senkt - ein besorgniserregendes Phänomen. Erwacht der schlafende Riese nun wieder? Die Antwort darauf haben Forscher mit einer neuen Studie, die kürzlich im Fachjournal PNAS veröffentlicht wurde, gefunden. Sie liefert erstmals eine Erklärung für die rätselhaften Vorgänge im Inneren des Vulkans.
Lesen Sie auch:
- Gefährliches Virus aus Südamerika ist jetzt in Europa angelangt
- Stier "Infinito" bricht bei spanischen Festlichkeiten durch Absperrung
- Taucher gilt nach blutiger Attacke vor der Küste Israels als vermisst
Wissenschaftler beobachten mysteriöse "Sombrero"-Verformung des Bodens
Bereits seit den 1990er Jahren beobachten Satelliten ein seltsames Phänomen am Uturuncu: eine Art "Sombrero"-Verformung des Bodens. Diese wird verursacht durch langsames Anheben und Absinken einer 150 Kilometer breiten Zone rund um den Krater - eine Bewegung, die typischerweise bei aktiven Vulkanen auftritt. Das Phänomen wirkt ein wenig, als würde der gigantische Vulkan "atmen" - so als wäre er lebendig. Doch wie kommt das Phänomen eigentlich zustande?
Um dieses Rätsel zu lösen, hat ein internationales Forschungsteam aus den USA, Großbritannien und China umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. Die Wissenschaftler analysierten über 1.700 seismische Signale, die zwischen 2009 und 2012 aufgezeichnet wurden. Zusätzlich führten sie Messungen zur elektrischen Leitfähigkeit und Gesteinszusammensetzung durch. Durch die Kombination von Seismologie, Gesteinsphysik und Petrologie gelang es den Forschern, ein hochauflösendes Bild der geologischen Strukturen unter dem Vulkan zu erstellen und so den Ursachen der Bodenbewegungen auf den Grund zu gehen.
Überraschende Entdeckung: Nicht Magma, sondern Gase
Die Ergebnisse der Studie überraschen: Obwohl unter dem Vulkan ein riesiges Magmareservoir liegt - der sogenannte Altiplano-Puna-Magma-Körper - ist nicht aufsteigendes Magma für die Bodenbewegungen verantwortlich. Stattdessen identifizierten die Forscher Gase und salzhaltige Flüssigkeiten als Ursache. Diese Gase und Flüssigkeiten sammeln sich in flachen Gesteinskammern unter dem Krater. Der Vulkan "lässt gewissermaßen nur Dampf ab", wie die Wissenschaftler erklären. Dieser Prozess kann zwar zu leichten Hebungen der Erdoberfläche und kleineren Beben führen, ist jedoch kein Anzeichen für eine bevorstehende Eruption - die Wissenschaftler geben also Entwarnung. Die Forscher konnten sogar Kanäle und Spalten kartieren, durch die die Gase aufsteigen. Diese detaillierte Kartierung ermöglicht ein besseres Verständnis der Vorgänge unter der Oberfläche.
Studie ist ein Meilenstein für die Vulkanforschung
Besonders bedeutsam ist die Studie wegen ihrer innovativen Methodik. Die Kombination verschiedener geophysikalischer und geochemischer Verfahren erlaubt es erstmals, den "Kreislauf" von Gasen und Flüssigkeiten unter einem ruhenden Vulkan in bisher unerreichter Detailtiefe zu verfolgen. Für die Vulkanforschung stellt dies einen wichtigen Meilenstein dar. Bislang ließen sich viele sogenannte Zombie-Vulkane weltweit - also solche ohne jüngere Ausbrüche, aber mit geothermischer Aktivität - kaum einschätzen. Die Gefahr, die von ihnen ausgeht, blieb oft unklar. Die am Uturuncu entwickelte Untersuchungsmethode könnte nun auf andere scheinbar inaktive Vulkane übertragen werden. Dies würde eine präzisere Beurteilung ermöglichen, ob von diesen Vulkanen tatsächlich eine Bedrohung ausgeht oder ob sie, wie der Uturuncu, lediglich "Dampf ablassen".
Forscher: Erkenntnisse über Vulkane können wirtschaftlichen Nutzen haben
Die Studie zu Uturuncu könnte weitreichende Folgen für die Überwachung von Vulkanen haben. Professor Matthew Pritchard von der Cornell University betont: "Die Methoden könnten auf mehr als 1.400 potenziell aktive Vulkane angewendet werden und auf Dutzende Vulkane wie Uturuncu, die nicht als aktiv gelten, aber Lebenszeichen zeigen - weitere potenzielle Zombie-Vulkane."
Neben der Gefahrenabschätzung eröffnen sich auch wirtschaftliche Perspektiven. Die hydrothermalen Systeme unter Vulkanen wie dem Uturuncu könnten zukünftig für die Nutzung von Erdwärme interessant werden. Zudem reichern sich in solchen geothermischen Umgebungen oft wertvolle Metalle wie Kupfer und Nickel an. Die verbesserten Untersuchungsmethoden ermöglichen somit nicht nur eine genauere Risikoeinschätzung bei scheinbar inaktiven Vulkanen, sondern könnten auch neue Wege für nachhaltige Energiegewinnung und Rohstoffabbau aufzeigen.
Folgen Sie News.de schon bei WhatsApp, Facebook, Twitter, Pinterest und YouTube? Hier finden Sie brandheiße News, aktuelle Videos und den direkten Draht zur Redaktion.
sfx/loc/news.de/stg