Sephora-Kids: Gefährlicher Beauty-Wahn beginnt schon bei Achtjährigen
Immer mehr junge Mädchen greifen wegen TikTok-Trends auf eine breite Palette an Beauty-Produkten zurück. Bild: AdobeStock/st.kolesnikov
Erstellt von Felix Schneider
30.10.2025 15.21
- Bereits im Alter von acht Jahren beginnen manche Kinder, Beauty-Routinen zu nutzen
- Dahinter steckt das Bewerben von "Skincare"-Produkten durch Influencer auf TikTok
- Wie gefährlich dieser Trend ist, zeigen Hautärzte und Psychologen
Immer mehr junge Mädchen zeigen auf TikTok und Instagram ausgefeilte Pflegerituale, die eher an erwachsene Influencerinnen erinnern. Die sogenannten "Sephora Kids" präsentieren dabei in ihren Videos bunte Kosmetikprodukte und tragen Seren, Masken und Anti-Aging-Cremes auf, um ihr makelloses Babyface zu bewahren. Für Derrmatologen und Jugendschutz-Beauftragte ist das ein Anlass zur Sorge.
Mehr über gesunde Hautpflege und Social-Media-Trends finden Sie am Ende dieses Beitrags.
Kinderhaut ist kein Experimentierfeld, warnen Experten
Die empfindliche Kinderhaut sei deutlich dünner und weicher als bei Erwachsenen, betont Dermatologe Wolfgang Lensing gegenüber "Focus Online". Dadurch nehme sie Wirkstoffe viel leichter auf - auch schädliche. Besonders problematisch seien Produkte mit Retinol oder Anti-Falten-Komplexen. Diese könnten die natürliche Entwicklung der Haut stören und ihre Schutzfunktion schwächen. Für Anti-Falten-Cremes gebe es bei Kindern ohnehin keinen Anlass.
Die Folgen der Überpflege sieht Lensing täglich in seiner Praxis: "80 bis 90 Prozent der Jugendlichen, die hier mit einer Akne hereinkommen, vor allem Mädchen, haben das künstlich dadurch erzeugt, dass sie sich was ins Gesicht schmieren", berichtet der Mediziner. Statt makelloser Haut führe der Drang nach Perfektion direkt in die Hautarztpraxis.
Studie enthüllt: Durchschnittlich sechs Produkte pro Beauty-Routine
Forscherinnen der Northwestern University untersuchten über 80 TikTok-Videos von Mädchen zwischen sieben und 18 Jahren. Das Ergebnis ihrer im Fachmagazin "Pediatrics" veröffentlichten Analyse: Die jungen Nutzerinnen verwenden durchschnittlich sechs verschiedene Gesichtspflegeprodukte pro Routine - deutlich zu viele, warnen die Wissenschaftler. Viele der in den Produkten enthaltenen Wirkstoffe bergen ein hohes Risiko für Hautreizungen und Allergien. Substanzen wie Zitronensäure erhöhen die Sonnenempfindlichkeit und damit die Gefahr von Hautschäden.
Unrealistische Schönheitsideale gefährden Kinderseele
Die Kommission für Jugendmedienschutz sieht erhebliche psychische Risiken durch den Beauty-Trend. "Wenn Minderjährige auf Social Media ihre Beauty-Routinen zeigen und perfekte Gesichter den Feed bestimmen, kann das bei Gleichaltrigen enormen Druck erzeugen", warnt der Vorsitzende Marc Jan Eumann. Dies berge die Gefahr, dass Kinder und Jugendliche ein problematisches Körperbild entwickeln.
Psychologin Judith Ramminger-Timmann vom "Ankerland Hamburg" befürchtet langfristige Folgen: Der frühe Fokus auf Schönheitsideale könne das Selbstbild der Kinder nachhaltig prägen. Im schlimmsten Fall werde bereits der Grundstein für spätere Depressionen gelegt. Studien zeigen bereits jetzt alarmierende Zahlen: Fast die Hälfte aller Mädchen zwischen 11 und 16 schämen sich für ihr Aussehen.
Eltern sollten auf natürliche Schönheit setzen
Falls der Beauty-Hype dennoch Begehrlichkeiten weckt, schlägt die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie die Methode des "Active Ignoring" vor: Quengelei im Drogeriemarkt sollten Eltern ignorieren, um das Verhalten nicht durch Aufmerksamkeit zu verstärken. Einzige Ausnahme bei Kosmetikprodukten sollte hingegen Sonnencreme sein - diese schützt tatsächlich vor schädlicher UV-Strahlung, die die Haut nicht nur altern lässt, sondern mitunter auch Hautkrebs verursachen kann.
Mehr Infos rund um die richtige Hautpflege sowie weitere Social-Media-Trends finden Sie in diesen Beiträgen:
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