Fachleute warnen: Nasenspray-Alarm im Supermarkt - Ärzte besorgt wegen Suchtpotenzial
Nasensprays gibt es in Dänemarkt auch im Supermarkt - doch ein Fachverband warnt vor den Folgen. Bild: AdobeStock/New Africa
Erstellt von Felix Schneider
12.09.2025 14.31
- In Dänemark sind Nasensprays frei im Supermarkt verkäuflich
- Die Nachfrage ist dort extrem gestiegen seit dem Jahr 2000
- Ärzte warnen vor den Folgen von Missbrauch des Medikaments
Gesundheitsexperten in Dänemark schlagen Alarm wegen frei verkäuflicher Nasensprays. Die Medikamente werden seit etwa 25 Jahren nicht nur in Apotheken, sondern auch in Supermärkten, Tankstellen und Kiosken angeboten. Diese Entwicklung hat dramatische Folgen: Der Verkauf stieg von 1,5 Millionen Packungen im Jahr 2000 auf heute rund vier Millionen Flaschen jährlich - eine Verdreifachung innerhalb eines Vierteljahrhunderts.
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Absatzzahlen explodieren: Von 1,5 auf 4 Millionen Packungen
Die Verkaufszahlen sprechen eine deutliche Sprache: Im Jahr 2000 gingen in Dänemark noch 1,5 Millionen Nasenspray-Packungen über die Ladentheke. Heute hat sich diese Zahl auf etwa vier Millionen Flaschen pro Jahr erhöht - fast eine Verdreifachung. Der entscheidende Wendepunkt kam 2001, als die dänische Regierung den Verkauf außerhalb von Apotheken erlaubte.
Die Verteilung der Verkaufsstellen zeigt das Ausmaß der Entwicklung: Drei Viertel aller Nasensprays werden inzwischen in Supermärkten, an Tankstellen oder in Kiosken gekauft. Nur noch jede vierte Flasche wird in einer Apotheke erworben. Diese Zahlen beunruhigen Gesundheitsexperten, da die pharmazeutische Beratung beim Kauf wegfällt. Das berichtete die Pharmazeutische Zeitung im Bezug auf eine Pressemitteilung der dänischen Apothekervereinigung.
Abhängigkeit und chronische Entzündungen: Die unterschätzte Gefahr
Die gesundheitlichen Risiken durch übermäßigen Nasenspray-Gebrauch sind erheblich. Am Rigshospitalet in Kopenhagen behandeln Ärzte wöchentlich bis zu 20 Patienten mit Schleimhautreizungen oder Suchtproblemen durch Nasensprays. Die Betroffenen leiden unter chronischen Nasennebenhöhlenentzündungen, Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Angstzuständen.
Im Nachbarland Norwegen zeigt sich das Ausmaß der Problematik noch deutlicher: Bei einem Jahresabsatz von fast neun Millionen Packungen sind schätzungsweise 700.000 Menschen abhängig. Kasper Aanæs, leitender Oberarzt am Rigshospitalet, bestätigt laut einem Bericht der "HNA Online": "Wir sehen wöchentlich bis zu 20 Patienten, die Nasensprays falsch nutzen. Viele kommen mit gereizter Schleimhaut, manche mit Suchtproblemen."
"Nasensprays gehören nicht ins Supermarktregal"
Die Platzierung der Medikamente im Einzelhandel stößt auf heftige Kritik. Helle Jacobsgaard, pharmazeutische Beraterin bei der Dänischen Apothekervereinigung, warnt ebenfalls eindringlich: "Nasensprays gehören nicht ins Supermarktregal." Die Präsentation zwischen Bonbons und Kaugummis vermittle den falschen Eindruck eines harmlosen Alltagsprodukts - dabei handelt es sich immer noch um ein Medikament, das bei falscher Anwendung langfristig Schäden hervorrufen könne.
Arzneimittel zur Behandlung von Erkältungssymptomen zwischen Halsbonbons und Süßigkeiten würden laut Jacobsgaard "ein falsches Signal" aussenden. Die Platzierung an der Supermarktkasse erwecke den Anschein, es handle sich um ungefährliche Produkte. Dabei seien abschwellende Nasensprays Medikamente, die "bekanntermaßen abhängig machen können".
Fachärzte fordern Verkaufsverbot - Hersteller wehren sich
Die Dänische Gesellschaft der Rhinologen verlangt ein sofortiges Verkaufsverbot für Nasensprays außerhalb von Apotheken. Martin Glümer Kirkegaard, Vorstandsmitglied der Fachgesellschaft, spricht von einem "klaren Missbrauchsproblem" und hat bereits einen entsprechenden Vorschlag bei der dänischen Arzneimittelbehörde eingereicht.
Die Nasenspray-Hersteller Haleon (Otrivin) und Orifarm (Zymelin) weisen die Kritik zurück. Gegenüber dem Dänischen Rundfunk betonen sie, dass Verbraucher ausdrücklich über die maximale Anwendungsdauer informiert würden. Die Arzneimittelbehörde zeigt sich grundsätzlich gesprächsbereit, fordert jedoch mehr Daten. Fachärzte werden gebeten, Fälle von Nasenspray-Missbrauch sorgfältig zu dokumentieren. Erst mit ausreichender Datenlage könne über konkrete Maßnahmen diskutiert werden.
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sfx/gom/stg/news.de