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Neue EU-Verordnung: "Bürokratiemonster" aus Brüssel - Experten befürchten Preissteigerungen

Neue EU-Verordnung könnte zu einer enormen Preiserhöhung bei zahlreichen Produkten führen. Bild: AdobeStock / Maridav

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  • Neue EU-Verordnung tritt Ende 2025 in Kraft
  • Experten fürchten gewaltige Preissteigerungen bei vielen Produkten
  • Wirtschaft kritisiert neues "Bürokratiemonster"

Die Europäische Union plant einen drastischen Schritt gegen die weltweite Waldrodung: Ab dem 30. Dezember 2025 tritt die neue EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte (EUDR) in Kraft. Waren, für deren Herstellung nach dem 31. Dezember 2020 Wälder abgeholzt wurden, dürfen dann nicht mehr in die EU importiert werden. Experten befürchten erhebliche Preiserhöhungen.

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Die neue EU-Regelung betrifft alltägliche Lebensmittel. Besonders Kaffee, Kakao und Rindfleisch stehen im Fokus der neuen Vorschriften. Aber auch Palmöl, Soja, Holz und Kautschuk fallen unter die strengen Auflagen. Die Verordnung gilt nicht nur für tropische Regenwälder, sondern umfasst sämtliche Waldgebiete weltweit - einschließlich deutscher Forste. Verbraucher müssen sich dadurch auf höhere Kosten einstellen, warnen Experten.

Die neuen Vorschriften erfassen sieben zentrale Rohstoffe: Kaffee, Kakao, Palmöl, Soja, Rindfleisch, Holz und Kautschuk. Dabei geht es nicht nur um die Rohstoffe selbst - auch alle daraus hergestellten Produkte unterliegen den strengen Auflagen. Von der Tafel Schokolade über Lederwaren bis hin zu Spanplatten müssen Unternehmen künftig lückenlos nachweisen können, woher ihre Rohstoffe stammen.

Firmen werden verpflichtet, die exakten GPS-Koordinaten sämtlicher Anbauflächen zu dokumentieren. Jede einzelne Lieferung muss mit präzisen Geodaten belegt werden. Bei falschen Angaben oder fehlenden Koordinaten drohen empfindliche Konsequenzen: Geldstrafen, Einfuhrverbote und sogar die Beschlagnahmung der Waren stehen im Raum. Diese detaillierten Nachweispflichten bedeuten einen enormen Verwaltungsaufwand für alle Beteiligten entlang der gesamten Lieferkette.

"Bürokratie ist das Hauptproblem!" Experten kritisieren neue EU-Verordnung

Wirtschaftsexperten und Unternehmen üben scharfe Kritik an dem bürokratischen Aufwand der neuen Verordnung. Der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, bezeichnet gegenüber "Bild" die Bürokratie als größtes Problem für Unternehmen - noch vor hohen Steuern und teuren Energiekosten. Ein Sprecher von Edeka warnt vor einem gewaltigen Verwaltungsaufwand. Millionen von Sorgfaltserklärungen müssten für bereits kontrollierte Waren erstellt werden. Die komplizierte Erfassung der Geodaten stelle eine zusätzliche Belastung dar.

Martin Schüller von Fairtrade Deutschland bestätigt die Befürchtungen: Die Umsetzung sei extrem kompliziert und verursache erhebliche Kosten. Diese Mehrausgaben könnten direkt an die Verbraucher weitergegeben werden. Für den Waldschutz sei kein derartiges Bürokratiemonster erforderlich, kritisiert Krämer. Es würde genügen, wenn nur die Importeure nachweisen müssten, dass ihre Produkte nicht von neu gerodeten Flächen stammen.

Kleinbauern als Verlierer der EU-Verordnung

Die Anforderungen der neuen Regelung treffen besonders hart die kleinen Produzenten in Entwicklungsländern. Martin Schüller von Fairtrade Deutschland kritisiert, dass die Nachweispflichten größtenteils an kleinbäuerliche Betriebe im globalen Süden abgewälzt werden. Die Verordnung wirke wie "neokoloniale Fremdbestimmung", warnt der Experte gegenüber "Bild".

Besonders Bio- und Fairtrade-zertifizierte Erzeuger könnten unter den neuen Auflagen leiden. Schüller befürchtet Lieferausfälle bei genau jenen Produzenten, die bereits nachhaltig wirtschaften. Die GPS-Dokumentation und der bürokratische Aufwand überfordern viele kleine Betriebe finanziell und organisatorisch. "Die Idee dahinter ist prinzipiell gut, aber in der aktuellen Umsetzung ist es leider kein Schritt zu mehr Fairness - im Gegenteil", fasst Schüller die Problematik zusammen. Statt mehr Gerechtigkeit könnte die Verordnung bestehende Ungleichheiten verschärfen.

Preisschock bleibt unkalkulierbar

Wie stark die Verordnung die Lebensmittelpreise tatsächlich in die Höhe treiben wird, bleibt unklar. Dirk Heim von der REWE Group erklärt gegenüber "Bild", dass sich die konkreten Auswirkungen auf die Supermarktpreise "heute nicht seriös vorhersagen" lassen. Die Unsicherheit macht eine verlässliche Kalkulation unmöglich.

Die gut gemeinte Initiative zum Waldschutz entwickelt sich zu einem bürokratischen Albtraum mit unabsehbaren Folgen. Während Großkonzerne die Mehrkosten möglicherweise stemmen können, drohen kleine Produzenten unter der Last zusammenzubrechen. Die Verordnung könnte genau das Gegenteil dessen bewirken, was sie eigentlich erreichen will: Statt nachhaltiger Lieferketten entstehen neue Hürden für faire Handelsbeziehungen. Verbraucher müssen sich ab Ende 2025 auf Veränderungen bei Verfügbarkeit und Preisen ihrer Lieblingsprodukte einstellen.

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