Kessler-Zwillinge mit 89 verstorben: Tod offenbar durch "begleitete Sterbehilfe" - ist das erlaubt?
Alice und Ellen Kessler, 2024 bei der München-Premiere des Ralph-Siegel-Musicals "Ein bisschen Frieden" im Deutschen Theater. Bild: picture alliance/dpa | Felix Hörhager
Von news.de-Redakteur Felix Schneider
18.11.2025 10.59
- Alice und Ellen Kessler sind im Alter von 89 Jahren verstorben
- Die Todesursache war offenbar assistierter Suizid
- Wir erklären, wie die "begleitete Sterbehilfe" in Deutschland aussieht
Alice und Ellen Kessler, auch bekannt als die Kessler-Zwillinge, waren ein international bekanntes Duo von Entertainerinnen. Bereits mit zarten 18 Jahren traten sie im berühmten Varieté-Kabarett Lido in Paris auf, später zog es sie auch auf andere große Bühnen rund um die Welt. Nun sind die Zwillinge verstorben. Wie die "Bild"-Zeitung berichtete, handelte es sich bei der Todesursache offenbar um "begleitete Sterbehilfe". Was genau damit gemeint ist - und was in Deutschland erlaubt ist.
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Tod der Kessler-Zwillinge wurde durch assistierten Suizid herbeigeführt
Bereits am 17.11.2025 wurde gegen 12 Uhr eine Streife dabei beobachtet, wie sie das Anwesen der Schwestern ansteuerte. Gegenüber der dpa bestätigte ein Sprecher der Polizei München den Einsatz zwar, doch nähere Details wurden keine genannt. Später wurde bekannt: Die Schwestern begingen offenbar Suizid. Dabei soll es sich um "begleitete Sterbehilfe", also einen assistierten Suizid gehandelt haben.
Die Sterbehilfe wird häufig von Betroffenen in Anspruch genommen, die unter chronischen Erkrankungen und / oder Schmerzen leiden, um möglichst friedlich aus dem Leben scheiden zu können. Dabei helfen ihnen Ärzte, die beispielsweise die Medikamente bereitstellen, die für den Suizid benötigt werden.
Unter welchen Umständen ist die assistierte Sterbehilfe erlaubt?
Diese Art der Sterbehilfe ist nur unter bestimmten Umständen in Deutschland erlaubt. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2020 bestimmte, dass "dasallgemeine Persönlichkeitsrecht ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben umfasst. Dieses Recht schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und hierbei auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen". Seitdem ist die Sterbehilfe unter spezifischen Bedingungen gesetzlich erlaubt:
- Die Person muss um die Bedeutung ihres Handelns wissen und bei klarem Verstand sein, wenn sie sich so das Leben nehmen möchte.
- Die Person muss über Alternativen aufgeklärt sein, wie sie Schmerzen vermeiden kann.
- Der Sterbewunsch muss bereits eine längere Zeit bestehen und darf nicht aus dem Affekt heraus entstehen.
- Die Entscheidung ist nur gültig, insofern die Person nicht von Außen dazu beeinflusst wurde.
- Die Person muss den Tod eigenhändig herbeiführen - etwa, in dem sie das bereitgestellte Medikament selbständig einnimmt.
Hunderte Menschen entscheiden sich pro Jahr für den assistierten Suizid
Jährlich nehmen mehrere hundert Menschen in Deutschland diese Möglichkeit in Anspruch, ihrem Leid ein Ende zu setzen. Der Deutschen Gesellschaft für Humane Sterbehilfe (DGHS) zufolge seien 2024 mithilfe der Vermittlung der DGHS 623 Personen beim Suizid begleitet worden. Diese Zahl sei demnach seit 2023 um 205 Personen gestiegen, seit 2022 sogar um 400. DGHS-Präsident Robert Roßbruch schätzte die Zahl bundesweit auf insgesamt 1.200 Menschen. Einer von der DGHS in Auftrag gegebenen Forsa-Umfrage zufolge wissen viele Menschen kaum über die Rechtslage Bescheid. So glaubten 83 Prozent der Befragten irrtümlicherweise, dass die Suizidassistenz strafbar sei.
Unterschiede zur aktiven und passiven Sterbehilfe
Wichtig dabei: Der assistierte Suizid ist klar von der aktiven Sterbehilfe abzugrenzen. Bei dieser beendet ein Mensch das Leben eines anderen. Während sie in Luxemburg, Spanien, den Niederlanden und Belgien erlaubt ist, ist sie in Deutschland verboten.
Auch die passive Sterbehilfe unterscheidet sich von der assistierten. Bei der passiven Sterbehilfe werden Maßnahmen zur Lebenserhaltung beendet, etwa bei der künstlichen Beatmung. Bei dieser ist die Voraussetzung, dass sie nach dem Willen des Patienten erfolgt. Kann dieser seinen Willen nicht mehr äußern, können Bevollmächtigte in seinem Sinne entscheiden. Der Betroffene muss zudem unheilbar krank sein, Aussicht auf Besserung darf nicht mehr bestehen.
Wenn Sie oder ein Angehöriger unter Depressionen oder Selbstmordgedanken leiden, sollten Sie sich Hilfe bei Experten holen, die Ihnen Wege aus dieser Situation aufzeigen. Die Telefonseelsorge ist kostenlos, anonym und 24 Stunden lang unter den Telefonnummern 0 800 / 111 0 111 und 0 800 / 111 0 222 erreichbar. Weitere Hilfsmöglichkeiten finden Sie hier.
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