Gesundheit

Atmen fällt leichter: Darum fühlt sich tiefes Seufzen so befreiend für uns an

Seufzen ist befreiend - wortwörtlich, denn durch das Seufzen fällt das Atmen nachweislich leichter. Bild: AdobeStock/Elena

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  • Tiefes Seufzen wirkt entspannend für uns - nur warum, war bisher unklar
  • Forscher der ETH Zürich haben nun den Grund dafür herausgefunden
  • Das Phänomen hat einen physikalischen Hintergrund und hängt mit der Lungenflüssigkeit zusammen

Warum führt tiefes Seufzen eigentlich dazu, dass wir plötzlich sprichwörtlich aufatmen können? Forscher der ETH Zürich haben kürzlich die Antwort auf diese Frage gefunden. Die Materialwissenschaftler entdeckten einen faszinierenden Mechanismus in unserer Lunge, der das Phänomen erklärt.

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Simulation zeigt: Tiefes Atmen senkt Lungenwiderstand drastisch

Die ETH-Forscher simulierten im Labor verschiedene Atemszenarien. Dabei maßen sie präzise, wie sich die Oberflächenspannung der Lungenflüssigkeit bei normaler und tiefer Atmung verändert. "Die Flüssigkeit benetzt die ganze Oberfläche, die Lunge wird dadurch verformbarer – oder um es mit einem technischen Ausdruck zu sagen – nachgiebiger", erklärt Studienleiter Jan Vermant. Das Forscherteam veröffentlichte seine Erkenntnisse in der Fachzeitschrift "Science Advances".

Die Messungen offenbarten Erstaunliches: Nach tiefen Atemzügen sank die Oberflächenspannung deutlich. Ein geringerer Widerstand bedeutet weniger Kraftaufwand beim Ein- und Ausatmen. Die Wissenschaftler konnten damit erstmals physikalisch belegen, warum sich Menschen nach einem tiefen Seufzer befreit fühlen. Die Laborexperimente bestätigen, was viele intuitiv spüren: Herzhaftes Durchatmen tut nicht nur der Seele gut, sondern erleichtert messbar die Lungenfunktion.

Das Geheimnis liegt in der Schichtung

Die Lungenflüssigkeit besitzt eine raffinierte Mehrschichtstruktur. "Direkt an der Grenze zur Luft gibt es eine etwas steifere Oberflächenschicht, darunter liegen mehrere Schichten, die im Vergleich zur Schicht an der Oberfläche weicher und zarter sein sollten", erläutert Erstautorin Maria Novaes-Silva.

Bei flacher Atmung gerät diese ideale Anordnung durcheinander. Die Schichten vermischen sich zunehmend, wenn die Flüssigkeit kaum bewegt wird. Tiefe Seufzer wirken wie ein Reset-Knopf: Sie stellen die optimale Schichtung wieder her. Die Forscher beobachteten, dass gelegentliche kräftige Atemzüge die Komponenten der Lungenflüssigkeit neu sortieren. So entsteht wieder die perfekte Balance zwischen steifer Oberfläche und flexiblen Unterschichten.

Neue Hoffnung für Lungenpatienten

Die ETH-Erkenntnisse decken sich mit klinischen Beobachtungen: Bei dauerhaft flacher Atmung wird das Luftholen zunehmend mühsamer. Die Schweizer Forscher sehen in ihren Ergebnissen vielversprechende Therapieansätze.

"Ein vielversprechender Ansatz liegt darin, Komponenten zu identifizieren, die mehrschichtige Strukturen künstlich rekonstruieren können", schreiben die Wissenschaftler. Künftig könnten Mediziner die ideale Schichtung der Lungenflüssigkeit gezielt nachbilden.

Die Entdeckung eröffnet neue Behandlungswege für Patienten mit Lungenversagen oder chronischen Atembeschwerden. Möglicherweise lassen sich Therapien entwickeln, die die natürliche Mehrschichtstruktur der Lungenflüssigkeit wiederherstellen – ohne dass Betroffene ständig tief seufzen müssen.

Dieser Artikel wurde nach umfassender Recherche erstellt und ersetzt keinen ärztlichen Rat. Im Notfall sollten Sie immer einen Mediziner oder den Rettungsdienst um Hilfe bitten.

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/bua/news.de/stg

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