Die Fußball-EM der Frauen hat gezeigt, wie begeisterungsfähig Zuschauer auch für die großen Damen Turniere und Leistungen sein können. Bei den Übertragungen der Spiele verfolgten die Begegnungen zeitweise mehr als 20 Millionen Zuschauer. Doch es gibt noch viel zu tun.

Noch immer stehen viele weibliche Profisportler im Schatten ihrer männlichen Kollegen. Sky und DAZN gehen mit gutem Beispiel voran und wollen Frauen künftig eine größere mediale Plattform bieten, um auf ihre Erfolge aufmerksam zu machen.
Frauen-Profisport: Potenzial wird nicht ausgeschöpft
Wie wird Frauen-Profisport in der Bevölkerung wahrgenommen? Bemerken wir eigentlich, welche außerordentlichen Leistungen die deutschen Fußballspielerinnen oder andere Athletinnen vollbringen? Eine internationale Umfrage zur Wahrnehmung und Beliebtheit des Frauen-Profisports zeigt ein ernüchterndes Bild: Circa 40 Prozent aller Teilnehmer verfolgen nach eigenen Angaben Männer-Profisport, aber nur ca. 19 Prozent Frauen-Profisportarten. Auch bei den Zuschauern sind Unterschiede feststellbar. Frauen schauen deutlich seltener Profisport als Männer. Wenn sie sich interessieren, legen sie den Fokus fast gleichmäßig auf männliche und weibliche Profisportarten. Bei männlichen Fans ist das etwas anders. Sie lieben Sport und begeistern sich vor allem für Männer. Doch in den letzten Jahren hat auch ihre Euphorie für die Erfolge der Frauen im Profisport zugenommen, vor allem in Deutschland.
Im internationalen Vergleich ist die Bundesrepublik zwar auf einem guten mittleren Platz (Interesse am Frauen-Profisport ca. 18 Prozent), allerdings bleibt sie noch weit hinter ihrem Potenzial. Einige Länder wollen den Profisport der Damen ganz gezielt mehr in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. In der Schweiz läuft seit 2019 eine Kampagne „Frau und Spitzensport". Sie soll Athletinnen im Profisport bei der Leistungsoptimierung unterstützen und ihre Erfolge stärken.
Vor allem die mediale Berichterstattung rund um den Frauen-Profisport ist deutlich ausgewogener als bei den Herren. Tatjana Haenni, Sportdirektorin der US-Frauenliga NWSL, sieht unter anderem die Medien in der Pflicht, den Frauen-Profisport stärker in den Fokus zu rücken. Übertragungen im TV, Berichterstattung in den Printmedien, in modernen Zeiten aber auch verstärkt auch in den Online-Medien, den sozialen Netzwerken und einschlägigen digitalen Sportmedien. Auch Sportwettenanbieter können einen Beitrag zur wachsenden medialen Präsenz des Frauen-Profisports leisten.
Je präsenter ihre Wettbewerbe bei den Buchmachern vertreten sind, desto schneller rücken sie in den Fokus der oft männlichen Wettfreunde. Die Schweiz übernimmt hier ebenfalls eine Vorreiterrolle, denn Wettbewerbe rund um den Frauen-Profisport sind längst in vielen Schweizer Wettbüros angekommen. Tatsächlich haben vor allem neue Wettanbieter in der Schweiz den Frauensport umfangreich in ihr Portfolio integriert.
Einschaltquoten als Orientierungshilfe: Sky und DAZN gehen neue Wege
Einige Medien haben ihre Rolle bei der Übertragung der Frauen-Profisportarten erkannt und handeln. Der Sender Sky beispielsweise hat die Frauen-Fußball-EM 2022 übertragen und damit Rekord-Einschaltquoten erzielt. Dass sich Sportbegeisterte für die Spiele interessieren, zeigen die Zahlen. Durchschnittlich verfolgten die Begegnungen mehr als 17,9 Millionen Menschen, zu Spitzenzeiten sogar mehr als 21 Millionen. Auch die Tickets für die Wettbewerbe waren äußerst begehrt. Viele Zuschauer wollten die Damen nicht nur im TV, sondern auch live im Stadion sehen.
Sky sich dazu entschlossen, künftig deutlich mehr Frauen-Profisport zu übertragen, denn die Resonanz ist positiv. „Wir sehen, dass das gut funktioniert", so Charly Classen (Sport-Chef bei Sky Deutschland). Auch in Zukunft will der Sender sein Engagement im Frauen-Profisport weiter ausbauen. Nicht nur Sky, sondern auch Streaming-Sender DAZN will ein Zeichen für mehr Unterstützung im Frauen-Profisport setzen.
Nach der Übertragung der UEFA Frauen Europameisterschaft im Fußball wurden auch alle Spiele der Weltmeisterschaft der Frauen im Feldhockey gezeigt. Der Sender geht sogar ganz neue Wege und übertrug eine UFC Fight Night der Damen. Zuvor hatte DAZN mit einer zweiteiligen Dokumentation zum Thema Frauen-Profisport für Aufsehen gesorgt. In "Unstoppable" können Zuschauern einen Blick hinter die Kulissen der Trainingseinheiten, Wettkämpfe, den Kampf um Sponsoren oder die Vorteile werfen. Die Protagonistinnen Julia Simic (Ex-Fußballnationalspielerin), Alina Hartmann (Basketballnationalspielerin), Mandy Böhm (UFC-Kämpferin) und Regina Halmich (Ex-Boxerin) berichten in der Dokumentation eindrucksvoll über ihre Karrierewege und den Kampf um mehr Sichtbarkeit und Relevanz von Frauen im Profisport.
In diesen Sportarten können Profi-Sportlerinnen punkten
Frauen sind im Profisport äußerst erfolgreich, manchmal allerdings von der Öffentlichkeit fast unbemerkt. Die ehemalige deutsche Boxerin Regina Halmich war beispielsweise zwölf Jahre infolge Weltmeisterin, erzielte 1995 den Europameistertitel im Fliegengewicht, gewann 1994 die Europameisterschaft im super-Fliegengewicht und war sogar zweifacher Europameisterin im Kickboxen. Zum Vergleich dazu ein ehemaliger männlicher Kollege: Henry Maske galt lange als Idol im deutschen Boxsport. Doch er wurde nur einmal Welt- und dreimal Europameister.
Auch im Fußball sind die Damen längst im Profisport angekommen. Nia Künzer erzielte beispielsweise bei der Frauen-Fußball-WM 2003 das so wichtige Tor und sorgte dafür, dass die deutsche Mannschaft als Sieger des Turniers vom Platz ging. Auch 2007 wurde dieser Erfolg wiederholt. Gleich achtmal erzielte die Frauen-Fußball-Nationalmannschaft den Sieg bei der Europameisterschaft, zuletzt 2013. Auch hier müssen sich die Damen hinter den Leistungen ihrer männlichen Profikollegen nicht verstecken, denn die Nationalmannschaft der Männer erreichte nur dreimal den Europameistertitel, wurde dafür aber viermal Weltmeister – zuletzt lief es für die DFB-Auswahl der Herren auf den großen internationalen Bühnen mehr als dürftig.
Bei den meisten Sportarten treten Frauen und Männer nicht im direkten Wettkampf gegeneinander an. Die Ausnahme bildet das Reiten. Hier sind Frauen oft überlegen, wie die Weltreiterspiele 2018 zeigen. Die Springreiterin Simone Blum konnte sich gegen zwei Männer durchsetzen und sicherte sich mit ihrer Top-Leistung die Goldmedaille. Isabell Werth setzte sich in zahlreichen Dressurreiten-Wettbewerben gegen ihre männliche Konkurrenz durch und erzielte bei Olympischen Spielen schon sieben Goldmedaillen.
Auch beim Schwimmen sind Frauen unglaublich erfolgreich. 2012 sorgte die damals 16-jährige Ye Shiwen bei den Olympischen Spielen in London für eine Überraschung: Sie schwamm auf den letzten 50 Metern schneller als der bisherige Weltrekordhalter Ryan Lochte. Zwar hat es am Ende nicht für den ganzen Rekord gereicht, doch mit ihrer beeindruckenden Leistung zeigte sie, dass auch Frauen beim Schwimmen mit Männern konkurrieren können.
lic/news.de