Von news.de-Redakteur Frank Willberg - Uhr

Öl und Spiele: Diese Investoren regieren Europas Fußball

In der Bundesliga ist 1860-Investor Ismaik ein Einzelfall. Doch der Rest Fußball-Europas verkommt immer mehr zur Spielwiese von Milliardären. News.de zeigt, wer diese russischen Oligarchen, arabischen Scheichs und Unternehmer sind, die ihre prall gefüllten Portokassen in Europas Topklubs buttern.

Der bestenfalls mittelmäßige Zweitligist 1860 München bestimmte seit dem Jahreswechsel die Schlagzeilen. Nicht etwa, weil der Traditionsklub sportlich für Furore sorgte oder einen spektakulären Transfer in der Winterpause zu vermelden hätte. Nein, der Deutsche Meister von 1966 trägt gerade einen öffentlichen Machtkampf mit seinem Investor aus - eine Posse wie im bayrischen Volkstheater:

Der Jordanier Hasan Ismaik ist der erste arabische Investor im deutschen Fußball, ein Scheich, wie die Fußballfans sagen. 27 Millionen Euro soll er bereits in den maroden Münchner Verein gesteckt haben. Doch die Liaison zwischen dem ins Schlingern geratenen Klub und dem schwerreichen Geschäftsmann stand zu Beginn der Woche kurz vor dem Aus. Ismaik hatte im Sommer 2012 60 Prozent der Anteile des Klubs gekauft - davon nur 49 mit Stimmrecht. Die 50+1-Regel sorgt in Deutschland dafür, dass die Mehrheit der Stimmen beim Verein bleiben muss. Diese Regelung hat Ismaik offensichtlich erst jetzt so recht verstanden - und war drauf und dran, wütend auszusteigen und den TSV 1860 München damit in den Ruin zu stürzen.

Nun hat offenbar ein Kompromissvorschlag die Wogen geglättet. «Für mich ist das Projekt noch lange nicht vorbei», ließ Ismaik via Bild-Interview verlauten. «Ich werde den Verein immer unterstützen, denn ich will eines Tages mit den Löwen Champions League spielen.» Und dann stellte er noch klar: «Ich bin weder eitel noch arrogant und ich mag keine Machtspielchen.» Sieht man einmal von Prinzen wie Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp oder Herrscherfamilien wie VW und Bayer in Wolfsburg und Leverkusen ab, macht die Bundesliga dieser Tage die ersten Erfahrungen mit dem Gebaren unbedarfter Investoren. In England dagegen ist das gang und gäbe.

Oligarch Abramowitsch ist die Mutter aller Investoren

Der mit Abstand bekannteste der fußballverrückten Oligarchen dürfte Roman Arkadjewitsch Abramowitsch sein, 2012 laut Forbes-Liste mit gut 13 Milliarden US-Dollar einer der reichsten Menschen der Welt. Vor mittlerweile über zehn Jahren erwarb er den FC Chelsea für 210 Millionen Euro, investierte geschätzt mindestens eine weitere halbe Milliarde und sah sein Streben mit dem langersehnten Gewinn der Champions League 2012 gekrönt.

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Gegnerische Fans sticheln neidisch «FC Chelski». Bereits Mitte der 1990er Jahre hatte der Klub aus dem Londoner Westen mit italienischen Stars wie Ruud Gullit und Gianfranco Zola etwas Glamour auf die Insel geholt, damit eine kleine Revolution losgetreten und an der Vormachtstellung von Manchester United gekratzt.

So gesehen löste Abramovitsch eine weitere Umwälzung aus, da sich im Mutterland des Fußballs heute beinahe alle Klubs der beiden Top-Ligen in den Händen von Mäzenen und Milliardären befinden: der ägyptische Unternehmer Mohamed al Fayed (FC Fulham), Sportartikelhersteller Mike Ashley (Newcastle United), Vorgänger Freddy Shepherd - der Chef eines Bohrinsel-Unternehmens bot anschließend für die Glasgow Rangers - und natürlich Scheich Mansour bin Zayed Al Nahyan (Manchester City).

Binnen knapp fünf Jahren pumpte der Öl-Milliardär aus Abu Dhabi etwa 900 Millionen Euro in den Verein. Der FC Liverpool ist nach mehrfach gescheiterten Übernahmeversuchen von Dubai International Capital weiter im Besitz des amerikanischen Unternehmens New England Sports Ventures, deren Chef John W. Henry nebenbei das Baseballteam Boston Red Sox gehört. Auch Randy Lerner, amerikanischer Unternehmer, gehört neben Aston Villa auch der NFL-Verein Cleveland Browns. Und die Familie des US-Milliardärs Malcolm Glazer besitzt Manchester United. Mit Stan Kroenke löste ein weiterer US-Investor 2011 Diamantenhändler Danny Fiszman bei Arsenal London ab. Zweiter großer Eigner bleibt der russische Oligarch Alischer Usmanow. Schließlich war der reichste Isländer Bjorgolfur Gudmundsson im Spiel - ihm gehörte West Ham United bis zur Finanzkrise. Zu seinen Milliarden kam er in den 1980er Jahren in Russland. Und so weiter und so fort.

Geld oder Titel?

Glazer, Mansour und Abramowitsch sind Typen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Uli Hoeneß polterte einst gegen Glazer, dieser hätte vor dem Kauf von ManUtd nicht einmal gewusst, dass in einem Fußball Luft ist, und sei nur darauf aus, Geld zu verdienen. Immerhin ist Manchester United mit mehr als 390 Millionen Euro einer der umsatzstärksten Fußballvereine der Welt. Seine Anhängerschaft erreicht rund um den Globus über 650 Millionen Menschen, so dass Sponsoring, Merchandising und Vermarktung äußerst lukrativ sind. Seit 2005 konnte Glazer, in den USA Betreiber von Einkaufszentren, dank ManU 430 Millionen Euro erwirtschaften; und mit dem Börsengang an die Wall Street im Herbst 2012 auf einen Schlag weitere 172 Millionen. Der Vorwurf, er sei eine Heuschrecke, kommt nicht von ungefähr.

Scheich Mansour bin Zayed Al Nahyan beim Ortsrivalen und aktuellen englischen Meister Manchester City ist ein echter Geldgeber. Der Öl-Milliardär kaufte die «Citizens» 2008 vom thailändischen Ex-Premierminister Thaksin Shinawatraund ließ für Stars wie Balotelli, Tévez, Džeko und Agüero enorme Summen springen. Aber im umbenannten Etihad Stadium war der scheue Scheich, der mehr in Pferderennen vernarrt ist, wohl erst ein einziges Mal. Warum also diese Investitionen in die Mannschaft, das Vereinsgelände, die Trainingsplätze?

Westlichen Journalisten gibt Mansour prinzipiell keine Interviews. Khaldoon Al Mubarak, Vereinsvorsitzender und inoffizieller Sprecher des Scheichs, bekräftigt den langfristigen Plan mit den «Gunners». Auch Arsenal soll eine globale, weil erfolgreiche Marke werden und als Werbeplattform für das Emirat Abu Dhabi dienen. Die Einnahmen des Vereins haben sich unter Mansour bereits verdoppelt. Der Sponsorenvertrag mit Etihad Airways allein spült 500 Millionen in die Kasse. Die Fanschar wächst vor allem in Asien und Nordafrika. Dabei lag Arsenals Umsatz schon vor zwei Jahren über 250 Millionen Euro.

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