Von news.de-Redakteurin Mara Schneider - Uhr

Abschiedsbrief eines Depressiven: Torwart Enke entschuldigt sich für Täuschung

Robert Enke litt seit Jahren an Depressionen. Eine stationäre Behandlung lehnte der Torwart jedoch konsequent ab. In seinem Abschiedsbrief entschuldigt er sich auch bei seiner Frau Teresa, dass er sie nicht über seinen Seelenzustand informiert hat.

Mit stockender Stimme berichtet Teresa Enke vom Zusammenleben mit ihrem Mann Robert, der an Depressionen litt. (Foto) Suche
Mit stockender Stimme berichtet Teresa Enke vom Zusammenleben mit ihrem Mann Robert, der an Depressionen litt. Bild: dpa

Erst nach dem Tod von Robert Enke kommt ans Licht, wie schlecht es dem Torwart wirklich ging. Dem behandelnden Arzt zufolge litt der 32-Jährige bereits seit Jahren an Depressionen. «Robert Enke hat sich 2003 zum ersten Mal in meine Praxis begeben», bestätigte der Kölner Mediziner Valentin Markser auf einer Pressekonferenz des Fußball-Bundesligisten Hannover 96.

Damals habe er bei Enke Depressionen und Versagensängste diagnostiziert. Mehrere Monate lang sei Enke täglich in Behandlung gewesen, bis sich sein Zustand stabilisiert hatte. «Schon im Frühjahr 2004 hat er ja er wieder in Barcelona und dann in Hannover spielen und leben können», erinnerte sich der Mediziner.

Lange Zeit schien es Robert Enke danach gut zu gehen. Was in ihm wirklich vorging, wusste wohl nur seine Ehefrau Teresa, die ebenfalls auf der Pressekonferenz dabei war. Bevor sie sprach, wirkte sie gefasst. Doch als sie den Journalisten vom gemeinsamen Leben mit ihrem Mann berichtete, rang die Witwe um Fassung.

«Wenn Robert akut depressiv war, war es schon eine schwere Zeit. Ihm hat völlig der Antrieb gefehlt und er hatte keine Hoffnung auf baldige Besserung», erzählte die Witwe stockend. Doch es sei der ausdrückliche Wunsch des Nationalspielers gewesen, die Probleme innerhalb der Familie zu behalten. Er wollte sein Privatleben schützen und seine Karriere als Fußballprofi nicht gefährden. Außerdem hatte Enke Angst, aufgrund seiner Erkrankung das Sorgerecht für die im Mai adoptierte Leila zu verlieren.

Gemeinsam hätte die Familie versucht, die schwere Zeit auch nach dem Tod der gemeinsamen Tochter Lara im September 2006 zu verarbeiten. «Wir haben gedacht, wir schaffen alles. Mit Liebe geht das schon», erinnerte sich Teresa Enke. «Aber man schafft eben doch nicht alles.»

Vor sechs Wochen, Anfang Oktober, habe sich Robert Enke dann erneut in medizinische Behandlung begeben, berichtete sein Arzt. «Er rief mich an, weil er wohl seit dem Sommer zunehmend in eine Krise geraten war.» Abermals stellte er damals depressive Verstimmungen und Antriebsstörungen fest. Daraufhin habe Enke das Training bei Hannover 96 unterbrochen und eine Länderspielpause eingelegt.

Dass der Torwart unter akuter Selbstmordgefahr stand, erkannte Markser jedoch nicht, wie er auf der Pressekonferenz eingestand. «Ich habe die Gefährdung nicht bemerkt, Robert Enke konnte das Ausmaß seiner Depression gut verbergen», sagte er.

Das zeigt auch der Abschiedsbrief, den der 32-Jährige hinterlassen hat und aus dem der Mediziner kurz zitierte: «Robert Enke entschuldigt sich in seinem Abschiedsbrief für die bewusste Täuschung seiner Angehörigen und der Behandelnden über den seelischen Zustand.» Diese Täuschung sei jedoch nötig gewesen, um «seinen Selbstmordplan zu verwirklichen», heißt es in dem Schreiben weiter.

Noch am Tag seines Selbstmordes habe Enke mit einem Chefarzt telefoniert und eine stationäre Behandlung wie schon zuvor weiter konsequent abgelehnt. «Ich habe versucht, für ihn da zu sein, ihm eine Perspektive und Hoffnung zu geben», so die letzten Worte von Teresa Enke während der Pressekonferenz. «Ich wollte ihm klarmachen, dass es noch so  viele andere schöne Dinge gibt, nicht nur den Fußball. Dass wir dankbar sein können, Leila zu haben. Und das wir dankbar sein können, Lara gehabt zu haben.»

tno/news.de