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Venus Award: Der Porno-Oscar

Dinieren mit Riesendekolletés - die Erotikbranche feiert sich selbst. Viel Haut, hohe Absätze und Gina-Lisa Lohfink würzen die Verleihung der Venus Awards in Berlin. Für einen nachdenklichen Moment sorgt der Witwer von Sexy Cora.

Das diesjaehrige Venus-Gesicht Micaela Schäfer (v.l.), Model Gina-Lisa Lohfink und Erotikunternehmerin Dolly Buster. (Foto) Suche
Das diesjaehrige Venus-Gesicht Micaela Schäfer (v.l.), Model Gina-Lisa Lohfink und Erotikunternehmerin Dolly Buster. Bild: dapd

Der Veranstalter hat aufputschende Getränke per Taxi ordern lassen - es sollte ein lange Nacht werden im Tipi am Kanzleramt. Die Porno- und Erotikbranche hatte sich am Donnerstagabend unterm Zeltdach an weißen Tischdecken niedergelassen, um sich bei Schweinelendchen an Rieslingschaum zu feiern. Nebenbei wurden die Venus Awards verliehen, eine Art Porno-Oscar.

Tränenreiche Dankesreden wie im Kodak Theatre in Los Angeles gibt es hier aber nicht. Das Programm ist straff und so hecheln die Moderatoren durch die Kategorien, die Preisträger hechten kurz auf die Bühne und kehren meist wortlos mit einem vergoldeten Frauentorso im Arm wieder zu ihren Tischen zurück. Wie es scheint, halten sie sich an das Prinzip der Pornofilme: Die Optik zählt, zu viel Text stört nur.

Hier ist alles ein wenig größer, greller, extremer: Die Damen schieben immense Dekolletés vor sich her, balancieren auf schwindelerregenden Highheels und lassen ihren Po unter mikroskopisch kurzen Röcken hervor blitzen. Die Herren haben ihre aufgepumpten Muskeln in schimmernde Anzüge gezwängt und tragen das Haar dazu gegelt. Auch wenn die Gesichter müde sind, es glitzert und glimmert hier in allen Farben des Regenbogens.

Sexy Sekretärin und eine Schlangenfrau

Micaela Schäfer, das Aushängeschild der diesjährigen Venus, trägt zu dem Anlass ein Fetischkleid aus glänzendem Lack und weißer Spitze, dazu einen dramatischen Kirschmund. Gina-Lisa Lohfink, die im kommenden Jahr Botschafterin der Erotikmesse sein wird, kommt zu spät, dafür aber im sexy Sekretärinnen-Look mit pornöser Brille.

Viel spannender als die endlosen Preiskategorien, die auf der Bühne durchexerziert wurden, ist für die Gäste offenbar das Sehen und gesehen werden. Während sich die Moderatoren auf der Bühne um Begeisterung für die Verleihung mühen, staksen die Pornostarletts im Sekundentakt von den Tischen ins Foyer zur Toilette und wieder zurück - in der Hoffnung auf ein Bad im Blitzlicht eines Fotografen. Die einschlägigen Produzenten machen wichtige Mienen und Geschäfte.

Ein Rahmenprogramm mit frivolen Tanzeinlagen soll den Preisverleihungsmarathon auflockern. Da knautscht eine Schlangenfrau im Leopardenanzug ihren Körper um einen Bistrotisch, eine Zylinderträgerin peitscht ein Lack-Kätzchen durch den Saal und zwei Damen turnen um einen elektrischen Stuhl.

Mit 4400 Frauen im Bett

Doch auch wenn die unzähligen Preiskategorien etwas ermüdend sind, ereignen sich immer wieder Schlaglichter: Pornfighter Long John bekam gleich zwei Preise als bester Darsteller, den Sign Award und den Venus Award. Der hochgewachsene Pornodarsteller hat angeblich schon 4400 Frauen beglückt. Eine bis zwei am Tag seien es im Schnitt, mutmaßt er im Gespräch mit news.de. «Und das ist noch immer jedes Mal etwas Besonderes», beteuert er. «Diese Preise bedeuten mir sehr, sehr viel, denn ich lebe meinen Job», sagt Long John und strahlt. Als er auf die Bühne hüpft, kreischen im Publikum sogar ein paar Mädels.

Eine Dame namens Aishe Pervers bekommt einen Preis in der Kategorie «Innovativstes Amateurprojekt», weil sie als erste an ungewöhnlichen Orten gedreht habe - unter anderem auf dem Oktoberfest. «Gott, ich bin ganz aufgeregt», plappert sie in einem übersteuerten Stakkato. Als der Moderator sie fragt, woher denn ihr Name komme, zeigt sie sich allerdings schlagfertig: «Musste meine Filme angucken, Schätzchen, dann weißte es», kontert sie.

Als Gina-Lisa Lohfink im Podolski-Slang ins Mikrofon plaudert und sich mit ihrem Schulenglisch abmüht, ist der Saal wieder wach: «Ich war heute auf der Messe gewesen und ich war überragend begeistert», dröhnt sie. Das schafft auch ein Mitarbeiter des Erotiksenders Hustler TV, der die Dankesrede rappte und das Publikum zum «Yeah-Yeah»-Pingpong animiert. Die Mitarbeiter des Senders durften gleich dreimal gut gelaunt auf die Bühne stürmen.

Zwischen all dem Flitter ein Witwer

Und dann verspricht der Gewinner des Preises in der Kategorie «Beste Fetisch Website» gar gratis Orgasmen für jeden, der seinen Tisch besuche. Wenig später wird auch noch der Film Golden Ass 007 mit einem Preis bedacht.

Zwischen all dem Flitter gibt es auch einen nachdenklichen Moment: Der Witwer von Sexy Cora, die im Januar an den Folgen einer Brust-OP gestorben war, nimmt betreten einen Preis für die Sexy Cora Amateur Stars in der Kategorie «Beste Amateur DVD-Serie» entgegen und murmelt etwas von einer schweren Zeit. Noch am selben Tag hatten Boulevardblätter gemutmaßt, er habe schon einen Ersatz für die Verstorbene gefunden.

Die Preise jedenfalls spielen bei den Venus Awards nicht die Hauptrolle, sie sind lediglich Anlass für die Nabelschau einer schillernden Branche. Da zerbricht sich auch kaum einer den Kopf darüber, dass viele der Auszeichnungen an Unternehmen gehen, die ganz zufällig Sponsoren der Messe sind. Aber genau das gehört eben zur Pornoindustrie: Nicht alles, was glitzert und prall ist, ist auch echt.

wam/news.de

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