Von Christoph Meyer und Silvia Kusidlo, dpa - Uhr

Trauer um Queen Elizabeth II.: Dieses schwere Erbe hinterlässt sie König Charles III.

Eine Welt ohne Queen Elizabeth II.? Für Millionen Menschen unvorstellbar. Und doch hat die Regentschaft der Jahrhundert-Königin mit dem Tod von Queen Elizabeth II. (96) ein Ende gefunden. Ihrem Nachfolger steht ein schweres Erbe bevor.

Queen Elizabeth II. ist mit 96 Jahren gestorben - nun tritt ihr ältester Sohn als König Charles III. ein schweres Erbe an. (Foto) Suche
Queen Elizabeth II. ist mit 96 Jahren gestorben - nun tritt ihr ältester Sohn als König Charles III. ein schweres Erbe an. Bild: picture alliance/dpa/PA Wire | Paul Grover/Daily Telegraph

"Mein ganzes Leben, sollte es kurz oder lang werden", versprach die spätere Königin Elizabeth II. an ihrem 21. Geburtstag, wolle sie ihren Untertanen widmen. Im Alter von 96 Jahren ist die britische Königin am 8. September 2022 auf ihrem schottischen Landsitz Schloss Balmoral gestorben. Mit ihrem Tod endet eine Epoche, in der sich Großbritanniens Rolle in der Welt massiv verändert hat. Doch die Queen herrschte - obwohl sie nur symbolische Macht hatte - wie ein Fels in der Brandung.

Queen Elizabeth II. mit 96 Jahren gestorben: Sieben Jahrzehnte Regentschaft sind vollendet

Als sie 1952 Königin wurde, stand Elizabeth II. an der Spitze eines Empires mit mehr als 70 Kolonien. Bei ihrem Tod war davon kaum etwas übrig. Sie übernahm das Zepter im Kalten Krieg, der Jahrzehnte andauerte und lange vor ihrem Ableben endete. Sie saß auf dem Thron, als ihr Land Teil der Europäischen Union wurde - und wieder austrat.

Die Queen blieb sich trotz aller Umbrüche stets treu. Elizabeth II. fiel nie aus der Rolle und mischte sich niemals in die Politik ein. Selbst als ihr Mann, Prinz Philip, im April 2021 nach mehr als 73 Jahren Ehe starb, gönnte sie sich nur eine kurze Auszeit von ihren Pflichten. Ob der neue König, der 73-jährige Charles, die Fußstapfen seiner Mutter ausfüllen kann, ist ungewiss.

Das sagen Historiker zum Leben und Wirken von Queen Elizabeth II.

Für den deutschen Historiker und Großbritannien-Experten Franz-Josef Brüggemeier war die Queen die perfekte Repräsentantin einer Beständigkeit, die das ganze Land durchdringt. "Großbritannien ist eines der wenigen Länder in Europa, wo die wesentlichen Institutionen seit mehr als 100 Jahren die Gleichen sind." Das Parlament, die Parteien, die Gerichte, die Polizeibehörden. "Das ganze Land ist durchzogen mit diesen Elementen der Kontinuität", so Brüggemeier.

Elizabeth, die unverhoffte Königin: So wurde aus der Prinzessin eine Jahrhundert-Monarchin

Als Elizabeth am 21. April 1926 in London auf die Welt kam, war noch nicht abzusehen, dass sie eines Tages zur dienstältesten Monarchin Großbritanniens werden sollte. Damals war die Prinzessin Dritte in der Thronfolge nach ihrem Onkel Edward VIII. und ihrem Vater George VI. Doch als Elizabeth zehn Jahre alt war, dankte Edward überraschend ab. Ihr Vater wurde unverhofft König und sie Thronfolgerin. Von da an war Elizabeths Leben darauf ausgerichtet, Staatsoberhaupt zu sein.

Queen Elizabeth II. und Prinz Philip: Eine Royals-Liebe für die Ewigkeit

Mit 13 Jahren verliebte sie sich in den schneidigen Philip. Der griechische Prinz aus dänisch-deutschem Adel war nicht die erste Wahl ihrer Eltern. Doch Elizabeth ließ nicht locker. Nachdem die beiden heirateten, wich er nicht mehr von ihrer Seite. Später betonte sie, er sei ihre Stärke und ihr Halt in all diesen Jahren gewesen. "Ich bin ihm mehr schuldig, als er jemals zugeben würde."

Auch Philip, bekannt für seinen derben Humor, schwärmte von seiner Ehe: "Die Queen verfügt über Toleranz im Überfluss." Eine Bemerkung, die angesichts der ihm nachgesagten Affären für Stirnrunzeln bei vielen Briten sorgte. Doch die beiden blieben sich bis zum Tod Philips aufs engste verbunden. Gemeinsam verbrachten sie die Corona-Pandemie auf Schloss Windsor. Als der Herzog von Edinburgh starb, gingen die Bilder der wegen Corona-Regeln einsam in dem hölzernen Chorgestühl der St.-George's-Kapelle trauernden Queen um die Welt.

Prinzessin Elizabeth wurde mit nur 25 Jahren Königin

Schon ihrer Thronbesteigung ging der Verlust eines geliebten Menschen voraus: Scherzhaft wurde Elizabeth als einzige Prinzessin bezeichnet, die einen Baum bestieg und als Königin hinunterkam. Die Nachricht vom Tod ihres Vaters erreichte Elizabeth und ihren Mann Philip 1952 auf einer Kenia-Reise in einem Baumhaus-Hotel. Elizabeth kehrte als Königin nach London zurück. Sie war damals gerade 25 Jahre alt. Millionen verfolgten im Jahr darauf die Krönungszeremonie am Fernseher.

Alles war seitdem der Pflicht untergeordnet. Auch das Familienleben, das Aufs und Abs unterworfen war. Die vier Kinder, Charles, Anne, Andrew und Edward, so hieß es später, hätten nicht viel von ihrer Mutter gehabt, die bis ins hohe Alter fast täglich offizielle Termine wahrnahm. Später, Anfang der neunziger Jahre, bereiteten wiederum die Kinder ihrer Mutter Kummer: Eine Ehe nach der anderen zerbrach vor den Augen der Öffentlichkeit.

Großer Kummer für die Queen: Das war das schwärzeste Jahr im Leben von Elizabeth II.

Queen Elizabeth II. selbst nannte es annus horribilis, das Schreckensjahr: 1992 ließ sich Prinzessin Anne von Ehemann Mark Phillips scheiden, Prinz Charles und Diana gingen auseinander und auch Prinz Andrew und seine Frau Sarah Ferguson trennren sich. Im November stand Schloss Windsor in Flammen. Elizabeth war tief getroffen, heißt es. Doch sie bewahrte Haltung: eine "stiff upper lip", eine steife Oberlippe, wie man in Großbritannien sagt. Das verschaffte ihr viel Anerkennung.

Anders sah die Situation aus, als ihre Ex-Schwiegertochter Diana 1997 bei einem Autounfall in Paris starb, gemeinsam mit ihrem Geliebten Dodi Al-Fayed. Die Queen schwieg, als die Nation in Trauer versank. Der Monarchin wurde Gefühlskälte vorgeworfen. Erst nach Tagen beugte sich die Königin dem Druck. Der Tod der "Königin der Herzen" markierte den Tiefpunkt der Beziehung zwischen Elizabeth II. und ihrem Volk.

Schrittweise eroberte sie sich den Respekt ihrer Untertanen zurück. Die Queen lächelte mehr als früher, gab sich zugänglicher. Als Prinz William, der älteste Sohn Dianas, 2011 seine Jugendfreundin Katherine Middleton heiratete, hatten sich die Briten längst ausgesöhnt mit der Queen. Selbst Thronfolger Charles, der Diana mit seiner Jugendliebe Camilla betrog, war rehabilitiert. Doch der Frieden währte nicht lange. Missbrauchsvorwürfe gegen Sohn Andrew und der Rückzug von Enkel Harry und seiner Frau Meghan von royalen Pflichten belasteten die Queen in ihren letzten Lebensjahren.

So war Queen Elizabeth II. abseits der royalen Pflichten

Doch die Queen hatte auch eine unbeschwerte Seite. Die zeigte sich vor allem an ihrer Liebe zu Tieren. Seit ihrem vierten Lebensjahr ritt sie und stieg noch in den Sattel, als sie schon fünffache Uroma war. "Die Queen mag - in dieser Reihenfolge - Hunde, Pferde, Männer und Frauen", schrieb ihr Biograf Graham Turner über die tierliebe Königin.

Im Frühsommer 2022 feierte die Queen 70. Thronjubiläum mit einem mehrtägigen Fest in London. Doch zu diesem Zeitpunkt zog sie sich schon vermehrt von royalen Pflichten zurück. Die Eröffnung des Parlaments übernahm Thronfolger Charles, auch beim Gedenken an die Weltkriegstoten war die hochbetagte Königin nicht mehr dabei. Als sie sich im Laufe der Feierlichkeiten zum Thronjubiläum auf dem Balkon des Buckingham-Palasts zeigte, wirkte es bereits wie ein Abschied.

Den Thron im britischen Königshaus nehmen auf absehbare Zeit Männer ein: Queen Elizabeths Sohn Charles, Enkel William und Urenkel George. Sie werden das Amt neu erfinden müssen und sich gleichzeitig an Elizabeth II. orientieren. Die Queen hinterlässt ein schweres Erbe.

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/news.de/dpa

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