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Proteste im Iran: Bereits mehr als 130 Tote! Auswärtiges Amt warnt vor Reisen in Islamische Republik

Sicherheitskräfte gehen derzeit gewaltsam gegen Demonstranten im Iran vor. Die Proteste wurden nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini ausgelöst, die mutmaßlich infolge von Polizeigewalt starb. Das Auswärtige Amt rät nun dringend von Reisen in das Land ab.

Tausende Menschen protestieren nach dem Tod von Mahsa Amini im Iran. Hier zeigt eine Studentin auf einer Demo für die Menschenrechte das Victory-Zeichen. (Foto) Suche
Tausende Menschen protestieren nach dem Tod von Mahsa Amini im Iran. Hier zeigt eine Studentin auf einer Demo für die Menschenrechte das Victory-Zeichen. Bild: picture alliance/dpa/LaPresse via ZUMA Press | Cecilia Fabiano

Im Iran gibt es derzeit massive Proteste, welche Sicherheistkräfte teilweise mit Gewalt niederschlagen. Hintergrund ist der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini Mitte September. Die Sittenpolizei hatte sie wegen ihres angeblich "unislamischen Outfits" festgenommen. Sie fiel auf der Wache ins Koma und starb. Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben. Die Polizei bestreitet dies. Seit dem Tod der Frau demonstrieren landesweit Tausende gegen den repressiven Kurs der Regierung der islamischen Republik sowie den Kopftuchzwang, dabei sollen Menschenrechtlern zufolge bereits mehr als 130 Menschen getötet worden sein. Jetzt warnt das Auswärtige Amt vor Reisen in das Land.

Auswärtiges Amt warnt vor Reisen in den Iran wegen Protesten

Das Auswärtige Amt schreibt: "Polizei- und Sicherheitskräfte gehen zunehmend gewaltsam gegen Demonstrierende vor, es gibt Tote und Verletzte. Im räumlichen Umfeld von Demonstrationen kommt es zu willkürlichen Verhaftungen, auch unbeteiligter ausländischer Staatsangehöriger. Es sind weitgehende Einschränkungen der Kommunikationsdienste zu beobachten (insbesondere mobiles Internet, Instagram, WhatsApp) und weiter zu erwarten." Von Reisen in den Iran werde deshalb dringend abgeraten. Deutsche Staatsangehörige sollten sich sehr umsichtig verhalten und unbedingt Demonstrationen sowie Menschenansammlungen vermeiden. Alles Weitere zu den Sicherheitsrisiken im Iran lesen Sie hier.

Annalena Baerbock fordert Sanktionen gegen Verantwortliche im Iran

Derweil pocht Außenministerin Annalena Baerbock pocht auf weitere europäische Sanktionen gegen Verantwortliche für das gewaltsame Vorgehen iranischer Sicherheitskräfte gegen regierungskritische Demonstranten. Die Verantwortlichen für die Repressionen sollten nicht mehr nach Europa einreisen können, ihr Vermögen in der EU müsse eingefroren werden, forderte die Grünen-Politikerin am Freitag nach einem Gespräch mit ihrem pakistanischen Amtskollegen Bilawal Bhutto Zardari in Berlin. Das Auswärtige Amt habe im Zusammenhang mit dem Vorgehen der Sicherheitskräfte bereits zwei Mal den iranischen Botschafter in Deutschland einbestellt.

Baerbock sagte, sie erhalte aus dem Iran viele Zuschriften etwa über soziale Medien, "die Stimme dieser mutigen Menschen weiterzutragen". Die Ministerin betonte: "Wir schauen nicht weg, wenn auf brutalste Art und Weise friedliche Demonstranten, Teenager, zum Teil Kinder niedergeschlagen werden. (...) Wir werden in unserer Solidarität mit diesen mutigen Frauen und Männern nicht ablassen. Da können noch so viele Wasserwerfer auf der Straße sein oder Knüppel geschwungen werden." Die junge Generation im Iran mache deutlich, dass sie sich ihren Mund nicht verbieten lasse. "Wir werden daher weiter die Stimme dieser Menschen sein" - etwa im UN-Menschenrechtsrat. Auch die US-Regierung hat bereits Sanktionen gegen Vertreter der iranischen Führung verhängt.

Mahsa Amini (22) ist tot: Gerichtsmedizinier im Iran schließen Polizeigewalt aus

Das staatliche Institut für Gerichtsmedizin im Iran hat im Zusammenhang mit dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini Polizeigewalt ausgeschlossen. In dem am Freitag veröffentlichten Bericht zu Aminis Tod wird nach Angaben des Nachrichtenportals Misan erklärt, dass die iranische Kurdin schon seit ihrer Kindheit an einer Schilddrüsenkrankheit gelitten habe.

Die Untersuchungen sollen demnach ergeben haben, dass es wegen der Vorerkrankung nach ihrer Verhaftung zu einem Herzversagen gekommen sei - was zu ihrem Tod geführt habe. Polizeigewalt sei ausgeschlossen, weil bei der Leiche etwa keine Spuren von einem Schlag auf dem Kopf gefunden wurden.

Aminis Eltern hatten in den letzten Wochen mehrmals eine Vorerkrankung bei ihrer Tochter dementiert. Sie sei bis zu ihrer Verhaftung durch die Sittenpolizei völlig gesund gewesen und alle gegenteiligen Behauptungen seien gelogen, so die Familie. Die iranische Justiz wirft der Familie Amini wiederum vor, die Gesetze im Land zu missachten und mit dem Fall ihrer Tochter politische Stimmung gegen das iranische System machen zu wollen.

Sicherheitskräfte wollen Demonstrationen im Iran bekämpfen

Die iranischen Streitkräfte stehen nach eigenen Angaben bereit, die anhaltenden systemkritischen Proteste im Land zu bekämpfen. Das kündigten am Freitag die Kommandeure der Armee, der Revolutionsgarden und der Polizei in einem gemeinsamen Schreiben an Irans obersten geistlichen Führer, Ajatollah Ali Chamenei, an, wie die Nachrichtenagentur Isna berichtete. "Wir werden die teuflischen Pläne der Feinde der islamischen Republik zunichtemachen", hieß es demnach in dem Schreiben der Kommandeure.

Chamenei hat die seit drei Wochen andauernden regierungskritischen Proteste als ausländische Verschwörung bezeichnet. Er hat laut Verfassung nicht nur das letzte Wort in allen strategischen Belangen, sondern ist auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte im Land.

Bislang waren bei Einsätzen wegen der seit knapp drei Wochen anhaltenden Proteste unter anderem Polizei und Freiwillige islamischer Gruppierungen im Einsatz. Die Sicherheitskräfte gehen auch mit Gewalt gegen Demonstranten vor. Nach Angaben von Amnesty International gibt es inzwischen mehr als 130 Tote. Zahlreiche Menschen wurden festgenommen, darunter Journalisten und Aktivisten. Die Regierung hatte im September von 1.000 Festnahmen landesweit gesprochen. Wie viele Menschen zurzeit im Zusammenhang mit den Protesten tatsächlich in den Gefängnissen sitzen, ist aber unklar.

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/news.de/dpa

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