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Gerhard Schröder über Putin-Treffen: Altkanzler glaubt an "Verhandlungslösung" mit Russland - FDP und Union üben Kritik

Altkanzler Gerhard Schröder steht aufgrund seiner Freundschaft mit Wladimir Putin gerade in Kriegszeiten stark in der Kritik, stattete dem russischen Präsidenten nun aber dennoch einen Besuch ab. Was kam dabei rum?

Gerhard Schröder spricht nun in einem Interview von seinem Treffen mit Kreml-Chef Wladimir Putin. (Foto) Suche
Gerhard Schröder spricht nun in einem Interview von seinem Treffen mit Kreml-Chef Wladimir Putin. Bild: picture alliance/dpa | Alexei Druzhinin

Altkanzler Gerhard Schröder möchte sich trotz des russischen Krieges gegen die Ukraine nicht von Russlands Präsident Wladimir Putin distanzieren. Das machte er nach seinem Treffen mit dem Kreml-Chef noch einmal in einem gegenüber dem Magazin "Stern" und dem Sender RTL/ntv deutlich: "Ich habe mehrfach den Krieg verurteilt, das wissen Sie. Aber würde eine persönliche Distanzierung von Wladimir Putin wirklich irgendjemandem etwas bringen?"

Zu viel Nähe zu Russland: SPD will Altkanzler Gerhard Schröder aus der Partei ausschließen

Der Altkanzler wird schon lange aufgrund seiner Nähe zu Putin und zur russischen Öl- und Gaswirtschaft kritisiert. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine im vergangenen Februar wird ihm nun umso massiver vorgeworfen, sich nicht ausreichend von Russland zu distanziert - auch von seinen eigenen Parteikollegen der SPD. In den kommenden Tagen will die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover über einen möglichen Parteiausschluss entscheiden. Die rechtlichen Hürden für eine Parteistrafe oder gar einen Ausschluss sind sehr hoch.

"Kreml will eine Verhandlungslösung": Gerhard Schröder über Treffen mit Wladimir Putin in Moskau

Schröder war in der vergangenen Woche in Moskau, traf dabei auch Wladimir Putin, wie er jetzt in dem Interview berichtete. "Die gute Nachricht heißt: Der Kreml will eine Verhandlungslösung", zog er ein Fazit. Schröder machte Russland nicht deutlich für das Leid tausender Ukrainer verantwortlich, erklärte jedoch, dass er den Krieg "für einen Fehler der russischen Regierung" halte.

Er sieht jedoch eine besondere Verantwortung bei Deutschland und Frankreich, zu einer Beendigung des Krieges beizutragen. "Da geschieht derzeit nicht genug, ist mein Eindruck, denn eines ist doch klar: Es wird nicht ohne Gespräche gehen."

"Warum soll ich mich entschuldigen?" Gerhard Schröder distanziert sich nach wie vor nicht von Wladimir Putin

Auf die Frage nach Distanzierung von Putin antwortete Schröder: "Muss ich denn über jedes Stöckchen springen, das mir hingehalten wird? So bin ich nicht. Ich habe da Entscheidungen getroffen, und dazu stehe ich, und ich habe klargemacht: Vielleicht kann ich noch mal nützlich sein. Warum soll ich mich also entschuldigen", fügte Schröder hinzu und verwies darauf, dass er aus Deutschland Zustimmung erfahre. "Ich kriege auch viele Briefe aus Deutschland, in denen steht: Gut, dass es noch jemanden gibt, der Gesprächskanäle mit Russland im aktuellen Konflikt offen hält."

Es sei "ein großer Fehler, mögliche Zugeständnisse der Ukraine als russischen 'Diktatfrieden' vorab zu verunglimpfen", sagte Schröder weiter. Die wirklich relevanten Probleme seien lösbar, darunter ein Kompromiss für die ostukrainische Region Donbass sowie die Frage einer möglichen "bewaffneten Neutralität" für die Ukraine als Alternative zu einer Nato-Mitgliedschaft.

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Kireg in der Ukraine: Laut Gerhard Schröder ist die Krim für Kiew verloren

Schröder betonte in dem Interview, die Schwarzmeer-Halbinsel Krim - die Russland bereits 2014 annektiert hatte - sei aus seiner Sicht für Kiew verloren. "Die Vorstellung, dass der ukrainische Präsident [Wolodymyr] Selenskyj die Krim militärisch wieder zurückerobert, ist doch abwegig", sagte er. "Wer glaubt denn ernsthaft, dass ein russischer Präsident die Krim je wieder aufgeben könnte?"

Ausdrücklich lobte Schröder die Vermittlungsbemühungen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in dem Konflikt. "Aber ohne ein Ja aus Washington wird es nicht gehen", schränkte Schröder mit Blick auf die Haltung der US-Regierung ein.

Nach Treffen mit Kreml-Chef Wladimir Putin: Gerhard Schröder rät Deutschland zu Nord Stream 2

In der Gaskrise empfiehlt Schröder die Inbetriebnahme der Pipeline Nord Stream 2. Der Altkanzler ist dort Präsident des Verwaltungsrates. Das wäre die "einfachste Lösung" bei möglichen Gasengpässen. "Sie ist fertig. Wenn es wirklich eng wird, gibt es diese Pipeline, und mit beiden Nord-Stream-Pipelines gäbe es kein Versorgungsproblem für die deutsche Industrie und die deutschen Haushalte", sagte Schröder.

Durch Nord Stream 1 fließt weiter Gas nach Deutschland, die Menge ist aber auf 20 Prozent gedrosselt. Das russische Unternehmen Gazprom begründet dies mit Reparaturarbeiten an einer Turbine, die durch die Sanktionen westlicher Staaten behindert würden. Schröder machte Siemens Energie für die fehlende Turbine verantwortlich. Sie ist gerade in Mülheim an der Ruhr zwischengelagert. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wollte sie an diesem Mittwoch vor Ort besichtigen.

Kritik aus Union und FDP an Schröder-Aussagen zum Ukraine-Krieg

Schröders Aussagen werden scharf kritisiert und seine Behauptung, der Kreml sei an einer Verhandlungslösunginteressiert, infrage gestellt. Der russische Außenminister Sergej Lawrow habe gerade erst erklärt, die "Ukraine von der Landkarte verschwinden zu lassen", sagte Unionsfraktionsvize Thorsten Frei der "Rheinischen Post" (Donnerstag). Diesen "Realitäten" müsse man stellen und nicht "den Fantasien eines Mannes folgen, der seine persönlichen finanziellen Interessen über die Interessen seines Landes stellt", sagt der CDU-Politiker über Schröder.

Auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, kritisierte Schröders Aussage. "Wenn er sagt, dass Putin eine Lösung will", dann könne sie bereits sagen, wie die Lösung auszusehen habe: "Nämlich, Putin will die Ostukraine", sagte die FDP-Politikerin im "Frühstart" von RTL/ntv.

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/bua/news.de/dpa

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