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Ukraine-Krieg, Tag 25 im News-Ticker: Selenskyj: Russland will Ukraine auslöschen

Der ukrainische Präsident verbietet prorussischen Parteien die Arbeit - und spricht von regelrechten Leichenbergen der feindlichen Armee. In Belarus wird offenbar eine wichtige Zugverbindung gekappt. Alle aktuellen Entwicklungen im Ukraine-Krieg erfahren Sie hier im News-Ticker.

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Treffen sich Putin und Selenskyj bald persönlich, um zu verhandeln? Bild: picture alliance/dpa/The Canadian Press/AP | Lahodynskyj/Lovetsky

Die Kämpfe an den Frontabschnitten in der Ukraine sind auch in der Nacht zum Sonntag fortgesetzt worden. Auf politischer Ebene holte die Regierung in Kiew unterdessen zum Schlag gegen prorussische Parteien im Land aus und ließ deren Arbeit bis auf Weiteres verbieten. Präsident Wolodymyr Selenskyj wandte sich erneut mit drastischen Worten an die Bevölkerung in Russland.

Ukraine-Krieg, Tag 25 im News-Ticker - Alle aktuellen Geschehnisse am 20.03.2022 im Überblick

+++ Selenskyj: Russland will Ukraine auslöschen +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in einer Video-Botschaft an Israel Russland mit Nazi-Deutschland gleichgesetzt und dem Kreml einen Plan zur Auslöschung der Ukraine vorgeworfen. "Hört darauf, was jetzt in Moskau gesagt wird: "Endlösung", aber jetzt bereits in Bezug auf die ukrainische Frage", sagte der 44-Jährige am Sonntag in einem Video-Auftritt vor Knesset-Abgeordneten. Das Staatsoberhaupt mit jüdischen Wurzeln erinnerte dabei an die sogenannte "Endlösung der Judenfrage", wie die Ermordung von Millionen Juden in Europa durch Nazi-Deutschland genannt wurde.

Der vor etwas mehr als drei Wochen begonnene russische Einmarsch in die Ukraine sei dabei nicht nur eine "militärische Spezialoperation" - wie der Krieg in Russland bezeichnet wird. "Das ist ein großflächiger und hinterhältiger Krieg, der auf die Vernichtung unseres Volkes, unserer Kinder, unserer Familien, unseres Staates abzielt", sagte Selenskyj. Die Ukraine befinde sich damit in einer ähnlich prekären Situation, wie der jüdische Staat im Nahen Osten. Im Hinblick auf die ständigen russischen Raketenangriffe sagte Selenskyj: "Jeder in Israel weiß, dass Ihre Raketenabwehr die beste ist. Jeder weiß, dass Ihre Waffen stark sind." Für ihn stelle sich daher die Frage, warum Israels Regierung bisher weder Waffen an Kiew geliefert noch sich den westlichen Sanktionen gegen Moskau angeschlossen habe.

+++ Ukrainische Vize-Premierministerin: Russland begeht Völkermord +++

Die ukrainische Vize-Premierministerin Olga Stefanischina sieht im Vorgehen der russischen Truppen bei der Invasion ihres Landes einen Völkermord. Das sei "keine Frage, sondern einfach die Realität, mit der wir konfrontiert sind", sagte Stefanischina dem britischen Nachrichtensender Sky News am Sonntag. Russlands Präsident Wladimir Putin und die anderen Verantwortlichen im Kreml seien Kriegsverbrecher, sagte Stefanischina.

Der Politikerin zufolge wurden von ukrainischen Behörden inzwischen 2000 Ermittlungsverfahren gegen russische Soldaten wegen mutmaßlicher Verbrechen eingeleitet. Unter anderem habe es Berichte über Vergewaltigungen und Morde gegeben. Jeder Einzelne, der sich strafbar gemacht habe, müsse zur Verantwortung gezogen werden, sagte sie.

Als Völkermord werden laut der entsprechenden UN-Konvention von 1948 Verbrechen bezeichnet, die in der Absicht begangen oder befohlen wurden, "eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören". Kiew hat Russland bereits vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag beschuldigt, einen Völkermord gegen Ukrainer zu planen und seinerseits mit der unbelegten Behauptung eines Völkermords gegen Russen in der Ostukraine gegen die Konvention zu verstoßen. Das höchste UN-Gericht hat zunächst angeordnet, dass Russland die militärische Gewalt beenden muss. Das Weltstrafgericht in Den Haag ermittelt zudem zu möglichen russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine.

+++ Stadtrat: Tausende Einwohner von Mariupol nach Russland verschleppt +++

Nach Angaben der Stadtverwaltung der ukrainischen Stadt Mariupol haben russischen Streitkräfte in der vergangenen Woche mehrere Tausend Menschen gewaltsam aus der belagerten Stadt deportiert. "Die Besatzer haben illegal Menschen aus dem Stadtteil Livoberezhniy und aus dem Schutzraum des Sportklubs verschleppt, wo sich mehr als Tausend Menschen, hauptsächlich Frauen und Kinder, vor den ständigen Bombardierungen versteckt hatten", teilte der Stadtrat in einer Erklärung mit.

+++ Ukrainisches Militär: "Tschernihiw wird verteidigt" +++

Um die nordukrainische Stadt Tschernihiw gibt es nach Militärangaben aus Kiew weiter schwere Gefechte. "Tschernihiw wird verteidigt", teilte die ukrainische Armee am Sonntag mit. Die Stadt nahe der Grenze zu Belarus werde beschossen. Es gebe keinen Strom und keine Heizung mehr. Viele Einwohner seien ohne Gas.

Dagegen sei die Nacht rund um die Hauptstadt Kiew vergleichsweise ruhig verlaufen. Der «Feind» errichte Befestigungsanlagen. Es habe aber Kämpfe um den Ort Butscha nordwestlich von Kiew gegeben, ebenso um Hostomel und Worsel. Seit mehr als einer Woche dauert dem Militär zufolge auch der Beschuss auf Vororte der Stadt Sumy im Nordosten der Ukraine an. Alle Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

+++ Bericht: Wladimir Putin erklärt sich bereit, Präsident Selenskyj zu treffen, um persönlich Friedensgespräche zu führen +++

Wladimir Putin hat "endlich zugestimmt", sich persönlich mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu treffen, um den anhaltenden Konflikt in der Ukraine zu lösen. BBC-Korrespondentin Lysa Doucet sagte laut "express.co.uk", dass der russische Präsident seinen Spitzendiplomaten gegenüber nachgegeben und akzeptiert habe, dass er "irgendwann" selbst an den Verhandlungen teilnehmen müsse. Wann genau das Treffen der beiden Staatsmänner stattfinden soll, ist aktuell noch völlig unklar. Weder Russland noch die Ukraine haben sich bislang zu dem angeblichen Treffen geäußert.

+++ Russland setzt in Ukraine-Krieg wieder Hyperschall-Rakete ein +++

Das russische Militär hat abermals die Hyperschall-Rakete "Kinschal" (Dolch) eingesetzt und damit nach eigenen Angaben ein Treibstofflager im Süden der Ukraine getroffen. Der Militärstützpunkt im Gebiet Mykolajiw sei aus dem Luftraum über der von Russland annektierten Halbinsel Krim angegriffen worden, sagte Igor Konaschenkow, Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, am Sonntag in Moskau.

"Von diesem Stützpunkt aus wurden die meisten Treibstofflieferungen für ukrainische Panzerfahrzeuge abgewickelt." Kalibr-Marschflugkörper hätten zudem Reparaturwerkstätten für ukrainische Panzer getroffen. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Am Samstag hatte Russland das erste Mal seit Beginn des Krieges über den Einsatz seiner neuen ballistischen Luft-Boden-Rakete "Kinschal" berichtet. Bisher kamen die Waffen vor allem bei Manövern zum Einsatz. Die "Kinschal"-Raketen können nach Angaben aus Moskau bis zu zehnfache Schallgeschwindigkeit erreichen. Nach russischen Angaben sollen zudem bei einem Angriff auf ein Trainingszentrum der ukrainischen Spezialeinheiten im Gebiet Schytomyr mehr als 100 Soldaten und Söldner getötet worden seien.

Mehr zu Putins "Superwaffe": So tödlich ist Putins "unbesiegbare" Hyperschall-Rakete

+++ Stadtrat von Mariupol: Verschüttete nach Angriff auf Kunstschule +++

In der belagerten Hafenstadt Mariupol im Südosten der Ukraine ist nach Angaben des Stadtrats eine Kunstschule Ziel eines Bombenangriffes geworden. 400 Menschen hätten dort Schutz gesucht, darunter Frauen, Kinder und Ältere, teilte der Stadtrat von Mariupol am Sonntag im Nachrichtenkanal Telegram mit. Das Gebäude sei bei dem Angriff am Samstag zerstört worden. "Menschen liegen noch immer unter den Trümmern." Es wurden zunächst keine Angaben zu Opfern gemacht. Der Stadtrat machte russische Truppen dafür verantwortlich. Das ließ sich aber nicht von unabhängiger Seite überprüfen.

In Mariupol mit 400 000 Einwohnern war zuletzt auch ein Theater angegriffen worden, in dem Menschen Schutz vor Luftangriffen gesucht hatten. Es wurden zwar Verschüttete gerettet. Seit Tagen ist aber unklar, wie viele Tote und Verletzte es bei diesem Vorfall gab.

Seit 24 Tagen tobt nun schon Krieg in der Ukraine. Und ein Ende ist noch lange nicht in Sicht. (Foto) Suche
Seit 24 Tagen tobt nun schon Krieg in der Ukraine. Und ein Ende ist noch lange nicht in Sicht. Bild: picture alliance/dpa/AP | Andrew Marienko

+++ Polizei: Fünf Tote bei Beschuss eines Hauses in Charkiw +++

Beim Beschuss eines mehrstöckigen Wohnhauses in Charkiw im Osten der Ukraine sind nach Behördenangaben mindestens fünf Menschen getötet worden - darunter ein neun Jahre alter Junge. Das Gebäude in der Nähe eines Industriegebiets sei in der Nacht zum Sonntag beschossen worden und in Brand geraten, teilte die Polizei mit. Sie veröffentlichte ein Foto von dem Haus, auf dem zu sehen war, wie Rauch aus mehreren Etagen drang. Fensterscheiben wurden zerstört. Den Behörden der Stadt zufolge sind seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine vor mehr als drei Wochen allein in Charkiw 266 Zivilisten getötet worden.

+++ Arbeit prorussischer Parteien in der Ukraine vorerst verboten +++

Der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine hat die Arbeit einer Reihe von prorussischen Parteien für die Dauer des Kriegs im Land verboten. Das teilte Selenskyj in der Nacht zum Sonntag per Videobotschaft mit. "Die Aktivitäten von deren Politikern, die auf Spaltung oder Kollaboration abzielen, werden keinen Erfolg haben, dafür aber eine harte Antwort erhalten", wurde Selenskyj von der "Ukrajinska Prawda" zitiert.

Zu den betroffenen Parteien gehören unter anderem die "Oppositionsplattform - Aus Lebenszeit" und der "Oppositionsblock", die auch im Parlament vertreten sind. Sie gelten ebenso wie die übrigen neun nunmehr verbotenen außerparlamentarischen Parteien als euroskeptisch, antiliberal oder als prorussisch.

+++ Selenskyj: Berge von Leichen russischer Soldaten +++

Mit martialischen Worten über schwere russische Kriegsverluste richtete sich Selenskyj in seiner Videobotschaft an die Bevölkerung Russland. "An den Brennpunkten besonders schwerer Kämpfe sind unsere vordersten Abwehrlinien mit Leichen russischer Soldaten praktisch überhäuft. (...) Und diese Leichen, diese Körper werden von niemandem geborgen", fuhr er fort. "Und über sie jagen sie neue Einheiten hinweg, irgendwelche Reserven, die die russischen Befehlshaber irgendwo sammeln."

Er könne verstehen, das Russland über schier endlose Reserven an Soldaten und Militärgerät verfüge. "Aber ich möchte von den Bürgern Russlands wissen: Was hat man mit Ihnen in diesen Jahren getan, dass Sie Ihre Verluste nicht bemerkt haben?". Schon jetzt seien mehr als 14 000 russische Soldaten getötet worden. "Das sind 14 000 Mütter, 14 000 Väter, Ehefrauen, Kinder, Verwandte, Freunde - und Ihnen fällt das nicht auf?"

Die ukrainische Darstellung zu den getöteten russischen Soldaten lässt sich nicht unabhängig überprüfen - ebenso wenig wie jene zu den eigenen militärischen Verlusten, die die Staatsführung vor rund einer Woche auf etwa 1300 Soldaten bezifferte. Die russische Seite hat bislang offiziell nur knapp 500 eigene Gefallene bestätigt.

+++ Ukrainische Behörden: Mehr als 260 Zivilisten in Charkiw getötet +++

Auch in der Zivilbevölkerung steigen die Totenzahlen weiter. Seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine vor über drei Wochen kamen allein infolge der Kämpfe um die Stadt Charkiw nach Angaben lokaler Behörden 266 Zivilisten ums Leben. Darunter seien 14 Kinder, teilten die Justizbehörden der zweitgrößten Stadt des Landes am Samstagabend mit. Die von russischen Truppen belagerte Stadt, in der vor Kriegsbeginn 1,5 Millionen Menschen lebten, werde weiterhin mit Artillerie beschossen, berichtete die Agentur Unian. Auch diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

+++ Hohe Opferzahl in zerstörter Kaserne in Mykolajiw ++

Nach einem Raketenangriff russischer Truppen auf eine Kaserne in Mykolajiw im Süden der Ukraine sollen Helfer am Samstag mindestens 50 Tote aus den Trümmern geborgen haben. Insgesamt hätten rund 200 Soldaten in dem Gebäude geschlafen, als die Raketen einschlugen, berichtete die "Ukrajinska Prawda" am Samstag. Knapp 60 Verletzte seien in umliegende Krankenhäuser gebracht worden. Von unabhängiger Seite bestätigt sind diese Informationen nicht.

+++ Bürgermeister von Tschernihiw berichtet von katastrophaler Lage +++

Der Bürgermeister von Tschernihiw wies in einem dramatischen Appell auf die prekäre Lage in der von russischen Truppen eingekesselten nordukrainischen Stadt hin. "Der wahllose Artilleriebeschuss der Wohngebiete dauert an, dabei sterben friedliche Menschen", sagte Wladislaw Atraschenko laut der Agentur Unian. Die Stadt erlebe eine humanitäre Katastrophe. "Es gibt keine Stromversorgung, kein Wasser, keine Heizung, die Infrastruktur der Stadt ist vollständig zerstört."

+++ Bahnverbindungen zwischen Ukraine und Belarus wohl unterbrochen +++

Belarussische Bahnarbeiter sollen indes alle Schienenverbindungen zwischen Belarus und der Ukraine unterbrochen haben. Der Vorsitzende der ukrainischen Eisenbahnen, Olexander Kamyschin, dankte am Samstag den Kollegen in Belarus für die nicht näher beschriebene Aktion. "Mit dem heutigen Tag kann ich sagen, dass es keinen Bahnverkehr zwischen Belarus und der Ukraine gibt", wurde er von der Agentur Unian zitiert. Das würde bedeuten, dass russische Truppen in der Ukraine über diese Strecken weder Verstärkungen noch Nachschub erhalten.

Auch ein Berater der belarussischen Oppositions-Ikone Swetlana Tichanowskaja hatte auf Twitter von der angeblichen Aktion berichtet. "Helden! Belarussische Bahnarbeiter haben die Bahnverbindung mit der Ukraine unterbrochen, so dass Züge mit russischer Ausrüstung nicht in die Ukraine fahren können", schrieb Franak Viatschorka. Auch hier fehlte jedoch eine unabhängige Bestätigung der angeblichen Aktion.

Obwohl russische Truppen aus Belarus in die Ukraine eingefallen sind, hat der autoritäre belarussische Präsident Alexander Lukaschenko, der als Protegé des Kremlchefs Wladimir Putin gilt, bisher eine direkte Beteiligung seiner Truppen am Krieg im Nachbarland abgelehnt.

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/news.de/dpa

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