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Rente, Tempolimit, Mindestlohn, Steuern: Ampel-Sondierungspapier steht! So planen SPD, Grüne und FDP für Deutschland

Mindestlohn, keine Steuererhöhungen, kein Tempolimit und Bürgergeld: Die Ampel-Sondierer haben sich auf ein Papier geeinigt. Die Koalitionsverhandlungen sollen rasch beginnen. So wollen SPD, FDP und Grüne Deutschland umkrempeln. Die Ampel-Pläne im Überblick!

So planen SPD, Grüne und FDP für Deutschland. (Foto) Suche
So planen SPD, Grüne und FDP für Deutschland. Bild: dpa

Nach ersten "vertieften Sondierungsgesprächen" haben sich die Delegationen von SPD, Grüne und FDP darauf verständigt, ab Dienstag Koalitionsverhandlungen zu führen. Nach mehreren Sondierungsrunden einigten sich die Parteispitzen am Freitag auf ein gemeinsames Papier. SPD, Grüne und FDPgehen mit einem zwölfseitigen Ergebnispapier ihrer Sondierungen in mögliche Verhandlungen über eine Ampel-Koalition, wenn auch die Parteigremien zustimmen. Ein Überblick über die ersten "Vorfestlegungen" gibt es hier.

Keine Steuererhöhungen, 12 Euro Mindestlohn, Bürgergeld statt Hartz IV: Das plant die Ampel-Regierung

Klimaschutz: Der Ausbau der erneuerbaren Energien soll "drastisch" beschleunigt werden. Alle geeigneten Dachflächen sollen künftig für die Solarenergie genutzt werden - bei gewerblichen Neubauten als Pflicht, bei privaten in der Regel. Zum Einhalten der Klimaziele sei auch ein beschleunigter Kohle-Ausstieg nötig. "Idealerweise gelingt das schon bis 2030." Die Finanzierung der EEG-Umlage zur Förderung von Ökostrom über den Strompreis soll so schnell wie möglich enden.

Finanzen: "Wir werden im Rahmen der grundgesetzlichen Schuldenbremse die nötigen Zukunftsinvestitionen gewährleisten", heißt es im Papier. "Wir werden keine neuen Substanzsteuern einführen." Die Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer sollen nicht erhöht werden.

Arbeit: Der gesetzliche Mindestlohn soll in einem einmaligen Schritt auf 12 Euro pro Stunde erhöht werden, dann soll wieder die bestehende Kommission über Erhöhungen befinden. Die Grenze für Minijobs soll auf 520 Euro steigen. Im Rahmen von Tarifverträgen sollen flexiblere Regelungen etwa zur Arbeitszeit ermöglicht werden.

Rente: "Es wird keine Rentenkürzungen und keine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters geben", heißt es im Papier. Gesichert werden soll ein "Mindestrentenniveau von 48 Prozent". Dazu ist der Einstieg in eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rente geplant - mit einem ersten Kapitalstock von zehn Milliarden Euro vom Bund. Die private Altersvorsorge soll reformiert werden.

Soziales: Die Grundsicherung (Hartz IV) soll durch ein "Bürgergeld" abgelöst werden. "Es soll Hilfen zur Rückkehr in den Arbeitsmarkt in den Mittelpunkt stellen." Mitwirkungspflichten sollen bestehen bleiben, es soll bessere Zuverdienstmöglichkeiten geben.

Verkehr:Ein generelles Tempolimit auf Autobahnen "wird es nicht geben". Das Ladenetz für E-Autos soll schneller ausgebaut werden.

Landwirtschaft: Die Landwirtschaft soll einen nachhaltigen, umwelt- und naturverträglichen Pfad einschlagen - bei gesicherten Einkommen für die Bauern. Kommen soll eine "Haltungskennzeichnung" für Fleisch.

Gesundheit: Kommen soll eine "Offensive für mehr Pflegepersonal". Das System der Krankenhausfinanzierung soll weiterentwickelt werden, Ziel ist mehr Vernetzung von Gesundheitseinrichtungen. "Die gesetzliche und die private Kranken- und Pflegeversicherung bleiben erhalten."

Kinder: "Wir wollen mehr Kinder aus Armut holen", heißt es im Papier. In einem "Neustart der Familienförderung"sollen Leistungen in einer «Kindergrundsicherung» gebündelt und automatisiert ausgezahlt werden. "Wir wollen starke Kinderrechte im Grundgesetz verankern."

Wohnen: Ziel ist der Bau von 400 000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100 000 öffentlich geförderte. Dazu soll es ein "Bündnis bezahlbarer Wohnraum" mit allen Akteuren geben. Für angespannte Märkte sollen geltende Mieterschutzregelungen evaluiert und verlängert werden.

Gleichstellung: Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern soll verringert werden, zudem sollen mehr Frauen in Führungspositionen kommen. Ins Grundgesetz soll ein Verbot der Diskriminierung wegen der sexuellen Identität kommen, der Begriff "Rasse" soll ersetzt werden.

Wahlen: Das Alter für Wahlen zum Bundestag und zum Europa-Parlament soll von 18 auf 16 Jahre sinken. Das Wahlrecht soll überarbeitet werden, um eine weitere Vergrößerung des Bundestags zu verhindern.

Verteidigung: Die Ausrüstung der Bundeswehr soll verbessert werden. Die Evakuierungsmission des Afghanistan-Einsatzes soll in einem Untersuchungsausschuss aufgearbeitet werden. Erarbeitet werden soll eine "Nationale Sicherheitsstrategie". Für eine restriktive Rüstungsexportpolitik seien verbindlichere Regeln nötig.

Migration: Betont wird die humanitäre Verantwortung. "Daraus leiten wir die Aufgabe ab, mit den europäischen Partnern Anstrengungen zu unternehmen, das Sterben auf dem Mittelmeer genauso wie das Leid an den europäischen Außengrenzen zu beenden." Asylverfahren, Abschiebungen, Familienzusammenführungen sollen beschleunigt werden.

Außenpolitik: "Wir wollen eine aktive Europapolitik betreiben", schreiben die drei Parteien - in einer starken deutsch-französischen Partnerschaft und in Zusammenarbeit im Weimarer Dreieck, also auch mit Polen. Die Nato sei "unverzichtbarerer Teil unserer Sicherheit". Die Sicherheit Israels "ist für uns Staatsräson".

Digitales/Verwaltung: Kommen soll ein Wandel zu einem "digitalen Staat, der vorausschauend für die Bürgerinnen und Bürger arbeitet". Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen effizienter und die Dauer mindestens halbiert werden. Die Digital-Kompetenzen in der Regierung sollen gebündelt, der Gigabit-Ausbau forciert werden.

Ziemiak zu Ampel-Sondierungen: Frage der Finanzierbarkeit offen

Nach der Veröffentlichung des Sondierungspapiers von SPD, Grünen und FDP hat CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak kritisiert, die Parteien ließen die Finanzierung ihrer Pläne offen. "Das Ergebnis dieser Sondierungen beinhaltet mehr Fragen als Antworten", sagte Ziemiak der "Rheinischen Post" (Samstag). "Es wurden einfach viele Vorschläge zusammengewürfelt - ohne konkret zu sagen, was das für die Menschen bedeutet. Insbesondere die Frage der Finanzierbarkeit bleibt offen."

FDP-Generalsekretär Volker Wissing sagte derselben Zeitung: "Die Frage der Finanzierung werden wir lösen und wir haben auch Vorstellungen, wie das passieren kann." Diese Frage könne aber erst bei der Verhandlung eines Koalitionsvertrags genau geklärt werden. "Wir kennen die Haushaltsspielräume", versicherte er.

Scholz: Werden auch in Zukunft hohe Steuereinnahmen haben

Auf Fragen nach der Finanzierung der Vorhaben einer möglichen Ampel-Koalition hat SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz die Erwartung höherer Steuereinnahmen dank Wirtschaftswachstum geäußert. Zudem sprach er am Freitag in den ARD-"Tagesthemen" davon, private Investitionen zu ermöglichen. "Wir haben hohe Steuereinnahmen und werden auch in Zukunft welche haben, gerade weil die Wirtschaft jetzt wieder wächst", sagte der amtierende Bundesfinanzminister. Im Gespräch mit RTL und ntv sagte Scholz: "Wir werden auch noch bessere Einnahmen haben, weil das wirtschaftliche Wachstum durch die vielen Maßnahmen, die wir zur Bekämpfung der Pandemie vorgenommen haben, wieder da ist."

SPD, Grüne und FDP hatten am Freitag ein gemeinsames Papier zum Ergebnis ihrer bisherigen Sondierungsgespräche vorgelegt und steuern auf Koalitionsverhandlungen zu. Der SPD-Vorstand votierte noch am Freitag einstimmig für Verhandlungen. Bei den Grünen soll ein Kleiner Parteitag am Sonntag entscheiden, die FDP-Führung dann am Montag.

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/news.de/dpa

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