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Ausgangssperre "verfassungswidrig": Bundestags-Juristen laufen Sturm gegen Merkels Bundes-Lockdown

Die Bundes-Notbremse gegen das Coronavirus ist noch nicht in trockenen Tüchern. Sowohl von Länderseite als auch von Juristen gibt es inhaltliche Kritik. So seien Merkels geforderte Ausgangssperren Experten zufolge "verfassungswidrig".

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stößt mit ihren Bundes-Lockdown-Plänen auf Gegenwind. (Foto) Suche
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stößt mit ihren Bundes-Lockdown-Plänen auf Gegenwind. Bild: dpa

Gegen die Regierungspläne für eine bundeseinheitliche Notbremse zur Bekämpfung des Coronavirus kommen immer mehr Bedenken - und das nicht nur von Länderseite. Nachdem Angela Merkel am Freitag vor das Parlament getreten und ihr umstrittenes Bundes-Lockdown-Gesetz präsentiert hatte, stieß die Kanzlerin erneut auf heftigen Gegenwind.

Angela Merkel unter Beschuss: GroKo kritisiert geplanten Bundes-Lockdown

"Das Virus verzeiht keine Halbherzigkeiten, sie machen alles nur noch schwerer. Das Virus verzeiht kein Zögern, es dauert alles nur noch länger. Das Virus lässt nicht mit sich verhandeln, es versteht nur eine einzige Sprache, die Sprache der Entschlossenheit.", mit diesen Worten hatte Angela Merkel das von der GroKo verfasste Gesetz, das je nach Infektionslage (Inzidenz) automatisch Ausgangssperren, Kontaktverbote und Schulschließungen vorsieht, verteidigt.

Kritik kam anschließend sogar aus der GroKo. Während Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch (63) die Maßnahmen als "unverhältnismäßig" bezeichnete, forderte die SPD Ausnahmen bei der Ausgangssperre zumindest für Jogger und Spaziergänger. FDP-Chef Christian Lindner wurde sogar noch konkreter. Er kündigte eine Verfassungsbeschwerde an. Der saarländische Regierungschef Tobias Hans (CDU) kritisierte die Pläne als zu unflexibel. Sein hessischer Amtskollege Volker Bouffier (CDU) wies auf rechtliche Bedenken gegen die geplanten Ausgangsbeschränkungen hin.

Bundestags-Juristen äußern rechtliche Bedenken an geplanten Ausgangssperren

Doch nicht nur von ihren Politik-Kollegen bekommt Angela Merkel dieser Tage mächtig Kritik. Wie die "Bild" am Samstag berichtet, soll auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages Bedenken an Merkel Bundes-Lockdown geäußert haben. In dem Gutachten zu Merkels umstrittenem "Bevölkerungsschutzgesetz", das "Bild" vorliegt, bewerten die Bundestags-Juristen die Ausgangssperre als "kritisch". In ihrem Gutachten äußern sie ernste Zweifel daran, ob Merkels Plan "einer abschließenden verfassungsgerichtlichen Prüfung standhielte".

Auch weisen die Bundestags-Juristen darauf hin, dass nicht klar sei, "in welchem Maße die Ausgangssperre wirksam ist" und ob andere Maßnahmen "gleich wirksam sind oder weniger einschneidend". Auch kritisieren sie, dass das Gesetz keine Unterschiede zwischen Geimpften und Nicht-Geimpften mache. "Notwendige Ausnahmen für Geimpfte fehlen und müssten ergänzt werden.", heißt es dazu in dem Schreiben. Auch sei der Inzidenzwert allein nicht ausreichend für eine Ausgangssperre, so die Bundestags-Juristen. Sie fordern in ihrem Gutachten "zumindest einen weiteren Wert", um das Gesetz "weniger angreifbar" zu machen.

Laut "Bild" soll selbst das Gesundheitsministerium von Jens Spahn (40, CDU) bezweifeln, dass die Inzidenz-Zahl allein ausreicht, um weitgehende Maßnahmen zu rechtfertigen. "Tatsächlich wird der reale Schweregrad der Pandemie durch andere Parameter abgebildet", soll Spahns Ministerium diese Woche an Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki (69, FDP) dem Bericht nach geschrieben haben.

Top-Juristen halten Merkels Bundes-Lockdown für "verfassungswidrig"

Auch Top-Juristen fällten in der Anhörung am Freitag im Gesundheitsausschuss ein klares Urteil: Sowohl Prof. Christoph Möllers (52, Humboldt-Uni Berlin) als auch Prof. Thorsten Kingreen (55, Uni Regensburg) bezeichneten Merkels Gesetzentwurf "Bild" zufolge als "verfassungswidrig". Auch Hessens Ministerpräsident Bouffier brachte rechtliche Zweifel an der Zulässigkeit von Ausgangsbeschränkungen vor. "Bereits jetzt gibt es große juristische Bedenken gegen die Ausgangssperre, wie sie in dem Gesetz formuliert ist", sagte er der "Bild"-Zeitung (Samstag). "Ich halte es auch für richtig, das Gesetz in manchen Bereichen verfassungsfester zu machen. So sollten beispielsweise Ausgangssperren nur als Ultima Ratio, das heißt als letztes Mittel verhängt werden."

Es bleib abzuwarten, wie und ob der von Merkel geplante Bundes-Lockdown am Ende aussehen wird.

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/news.de/dpa

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