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Coronavirus-News am 27.10.2020: Virologe Drosten plädiert für zeitlich begrenzten Lockdown

Am Dienstag (27.10.2020) liegt die Zahl der in Deutschland registrierten Corona-Neuinfektionen mit 11.400 Fällen abermals auf einem hohen Niveau. Ein weiterer Lockdown scheint zum Greifen nah, wie der News-Überblick zeigt.

Der Virologe Christian Drosten hat sich für einen zeitlich begrenzten Lockdown ausgesprochen. (Foto) Suche
Der Virologe Christian Drosten hat sich für einen zeitlich begrenzten Lockdown ausgesprochen. Bild: picture alliance/Michael Kappeler/dpa

Die Gesundheitsämter haben nach Angaben des Robert Koch-Instituts vom frühen Dienstagmorgen 11.409 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages gemeldet. Am Dienstag vor einer Woche hatte die Zahl bei 6.868 gelegen.

Coronavirus-News aktuell: Mehr als 11.400 Neuinfektionen gemeldet am Dienstag, 27.10.2020

Am Samstag war mit 14.714 Neuinfektionen ein neuer Höchstwert seit Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland erreicht worden. Die Zahl der Todesfälle überstieg am Wochenende die Marke von 10.000. Die jetzigen Werte sind nur bedingt mit denen aus dem Frühjahr vergleichbar, da mittlerweile wesentlich mehr getestet wird und dadurch auch mehr Infektionen entdeckt werden.

RKI zählt mehr als 10.000 Todesfälle durch Covid-19 in Deutschland

Insgesamt haben sich dem RKI zufolge seit Beginn der Pandemie bundesweit 449.275 Menschen mit dem Virus infiziert(Stand: 27.10., 00.00 Uhr). Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus stieg bis Montag um 42 auf insgesamt 10.098. Das RKI schätzt, dass rund 326.700 Menschen inzwischen genesen sind.

Zahl der Corona-Fälle steigt: Was sagen R-Wert und Sieben-Tage-R aus?

Die Reproduktionszahl, kurz R-Wert, lag in Deutschland laut RKI-Lagebericht vom Montag bei 1,37 (Vortag: 1,45). Das bedeutet, dass zehn Infizierte knapp 14 weitere Menschen anstecken. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab.

Zudem gibt das RKI in seinem Lagebericht ein sogenanntes Sieben-Tage-R an. Der Wert bezieht sich auf einen längeren Zeitraum und unterliegt daher weniger tagesaktuellen Schwankungen. Nach RKI-Schätzungen lag dieser Wert am Montag bei 1,30. Er zeigt das Infektionsgeschehen von vor 8 bis 16 Tagen.

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Die aktuellen Coronavirus-News von Dienstag (27.10.2020) im News-Ticker

+++ Drosten: Jetzt auf die Bremse zu treten hätte nachhaltigen Effekt +++

Der Virologe Christian Drosten hat sich für einen zeitlich begrenzten Lockdown ausgesprochen. "Wenn die Belastung zu groß wird, dann muss man 'ne Pause einlegen", sagte der Charité-Wissenschaftler in der am Dienstag veröffentlichten Folge des "Coronavirus-Update", von NDR-Info. "Dieses Virus lässt nicht mit sich verhandeln. Dieses Virus erzwingt bei einer bestimmten Fallzahl einfach einen Lockdown."

Momentan sei die Inzidenz in Deutschland noch vergleichsweise niedrig. "Wenn wir jetzt einmal auf die Bremse treten würden, dann hätte das einen ganz nachhaltigen Effekt. Das würde uns ganz viel Zeit einspielen."

Drosten beschrieb den Vorteil eines befristeten Lockdowns, der zum Beispiel auch Ausnahmen wie geöffnete Schulen machen könne: "Alle wissen von vorneherein, der ist zeitlich befristet." Etwa drei Wochen - etwas mehr als eine Quarantänezeit brauche man aus Sicht des Wissenschaftlers dafür. "Die Inzidenz ist danach erheblich gesenkt und ist dann auch unter bestimmten Umständen auf lange Frist gesenkt".

Das sei ein Gewinn für alle. Diese geplanten Mini-Lockdowns, auch "Circuit Breaker" (Überlastschalter) genannt, gebe es schon in Teilen Großbritanniens. Sie sollen das System vor Überlastung schützen. Denkbar sei eine Art Zeitplan bis Frühjahr mit und ohne Einschränkungen, damit die Wirtschaft planen könne. Das sei wie bei einem Lastwagen, der einen Hang hinunterfahre. Wenn man frühzeitig fünf Sekunden auf die Bremse trete, reiche das eine ganz schön lange Zeit aus. Vielleicht müsse man gar nicht so lange und so stark bremsen.

Der Virologe sprach sich zudem für Schnelltests bei Infektionen in Menschengruppen aus. Wenn ein Infizierter zuvor beispielsweise im Büro gewesen sei, sollten alle Menschen dort einen Antigen-Schnelltest machen, "und in einer Viertelstunde wissen wir, ob wir hier einen Cluster haben oder nicht", sagte er. "Dann isolieren wir die ganze Gruppe." Das gehe schneller als der bislang übliche PCR-Test, auf dessen Ergebnis man Tage warten müsse. Es benötige aber sicher einige Zeit, um diese Entscheidungen für einen solchen Einsatz in Deutschland zu treffen, "und ich habe das Gefühl, dass wir immer weniger Zeit haben».

+++ Laschet: "Lage ist sehr, sehr ernst" +++

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat sich alarmiert über die Corona-Infektionslage geäußert. "Die Lage ist sehr sehr ernst", sagte Laschet am Dienstag in Düsseldorf. "Die bisher geltenden Maßnahmen reichen nicht aus, den Trend zu stoppen." Nötig sei unter anderem ein strengeres Kontaktverbot. Ein Lockdown mit weitreichenden Einschränkungen des gesamten öffentlichen Lebens müsse aber vermieden werden. Bildung und Wirtschaft sollten nicht eingeschränkt werden. "Der November wird der Monat der Entscheidung", sagte Laschet.

+++ Erstmals mehr als 1000 Corona-Neuinfektionen in Berlin +++

In Berlin hat die Gesundheitsverwaltung erstmals mehr als 1000 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages verzeichnet. Im Vergleich zum Vortag infizierten sich demnach 1040 weitere Menschen nachweislich mit dem Virus, wie die Senatsverwaltung am Dienstag mitteilte. Damit lag die Zahl der Neuinfektionen je 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen bei 137,2.

Seit Beginn der Pandemie in Berlin wurden in der Hauptstadt 28 063 Corona-Fälle gemeldet. 19 063 Menschen gelten inzwischen als genesen (365 mehr als am Vortag). 251 Infizierte starben, die Zahl veränderte sich im Vergleich zu Montag nicht. Der Anteil der mit Covid-19-Patienten belegten Intensivbetten wurde mit 9,8 Prozent angegeben. Am Tag zuvor lag er bei 9,2 Prozent.

Unter den Berliner Bezirken hat Neukölln nach wie vor die meisten Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner in den zurückliegenden sieben Tagen. Der Wert lag bei 250,7, gefolgt von Mitte mit 215,2, Friedrichshain-Kreuzberg mit 193,5 und Tempelhof-Schöneberg mit 160,1.

+++ 1000 neue Stellen für Corona-Nachverfolgung in NRW +++

Bei den Kommunen in Nordrhein-Westfalen sollen mit Hilfe des Landes 1000 zusätzliche Arbeitsstellen entstehen, um die Kontakte von Corona-Patienten nachverfolgen zu können. Die Landesregierung habe am Dienstag beschlossen, dafür 25 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Mit dem Geld könnten in den Kommunen sechs Monate lang 800 neue Stellen geschaffen werden, teilte die Landesregierung mit. Außerdem sollten mindestens 200 Landesbedienstete für die Nachverfolgung von Kontaktpersonen in den Gesundheitsämtern abgestellt werden.

"Wir müssen gewaltige Anstrengungen unternehmen, um das Infektionsgeschehen der Corona-Pandemie deutlich zu verlangsamen", sagte Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). "Die Kontaktpersonennachverfolgung ist unentbehrlich, um die Herausforderungen der Pandemie zu bewältigen und Infektionsketten zu unterbrechen." Zuletzt hatten die Behörden wegen der stark steigenden Zahl neuer Fälle in immer mehr Städten Probleme, alle Kontaktpersonen von Corona-Infizierten zu benachrichtigen.

+++ Medienbericht: Merkel warnt vor Kollaps +++

Bundeskanzlerin Angela Merkel fand laut "Bild"-Zeitung in der heutigen Fraktionssitzung eindringliche Worte. Mittlerweile dauert es nur noch sieben bis acht Tage, bis sich die Zahl der Neuinfektionen verdopple. Die Zahl der belegten Intensivbetten verdopple sich alle zehn Tage. "Noch vier Mal Verdopplung und das System ist am Ende", warnte Angela Merkel laut "Bild" bei der Sitzung am Mittag. Was heute geschehe, mache sich erst 30 Tage später bemerkbar. Man müsse also schnell handeln. Merkel appelliert daher erneutdie Kontakte zu reduzieren."Wenn wir die Kontakte halbieren, schaffen wir eine Verstetigung der aktuellen Lage. Wenn wir Kontakte mehr als halbieren, geht es runter."

+++ Auch in Sachsen-Anhalt künftig Strafen für Maskenverweigerer +++

Wer seine Maske nicht wie vorgeschrieben trägt, muss künftig auch in Sachsen-Anhalt zahlen. Es könnten Verwarn- und Bußgelder bei Verstößen gegen die Pflicht zum Masketragen verhängt werden, teilte die Staatskanzlei am Dienstag nach der Kabinettssitzung in Magdeburg mit. Fällig werden können 50 bis 75 Euro, je nach Lage vor Ort mit der Zahl der Infektionen je 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen.

Das Kabinett hatte zuvor Änderungen der aktuellen Eindämmungsverordnung beschlossen. Demnach dürfen Clubs und Diskotheken nicht wie ursprünglich geplant am 1. November öffnen, das wird auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Auch die Teilnehmer-Obergrenze für Veranstaltungen wird nicht erhöht. Hintergrund sind steigende Infektionszahlen in Sachsen-Anhalt wie außerhalb.

Holzminden noch fast weißer Fleck in Corona-Pandemie

Während die Corona-Infektionenszahlen bundesweit in den meisten Kommunen explodieren, bleiben sie im südniedersächsischen Landkreis Holzminden verschwindend gering. "Hauptsächlich liegt das daran, dass die Disziplin der Bürger groß ist", sagte Landrat Michael Schünemann (parteilos) am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. "Es ist auch überschaubarer."

Mit nur rund 70.000 Einwohnern gehört der Landkreis Holzminden zu den bevölkerungsärmsten bundesweit. Möglicherweise sei die soziale Kontrolle auf dem Land größer - man schaue, was die Nachbarn machen, erklärte Schünemann. Zudem sei das Gesundheitsamt seit dem Frühjahr viel unterwegs und berate. "Wenn, dann hatten wir nur Einzelfälle, die wir gleich isolieren konnten."

Seit Beginn der Pandemie verzeichnete der Landkreis Holzminden nach Daten des Landesgesundheitsamtes insgesamt 147 Corona-Fälle. Die Sieben-Tages-Inzidenz lag am Dienstag bei 4,3 - und gehört damit bundesweit zu den niedrigsten Werten.

+++Labore: Mangel an Materialien und Mitarbeitern +++

Vertreter von Laboren haben erneut gefordert, Sars-CoV-2-Tests auf das Notwendige zu reduzieren und vor allem die Menschen zu testen, die Tests vordringlich brauchen. «Die Lage ist ernst. Es ist wichtig, dass wir die Auslastung der Laboratorien wieder zurückführen auf das Maß, das wir längerfristig durchhalten», sagte Michael Müller, Vorstandsvorsitzender des Verbands Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM), am Dienstag in Berlin. Zu der Belastung durch die vielen Corona-Tests kämen nun im Herbst auch noch Influenza-Tests, die die Labore ebenfalls zu bewältigen hätten. Außerdem mangelt es zum Teil an Material, auch Mitarbeiter sind knapp.

Das Testaufkommen ist laut dem Verband extrem hoch: In der vergangenen Woche meldeten rund 160 Labore bundesweit rund 1,2 Millionen Tests mit rund 70 000 positiven Ergebnissen. Das waren zwölf Prozent mehr Tests als in der Vorwoche. Die Positivrate lag demnach vergangene Woche bei 5,7 Prozent, zuvor bei 3,7 Prozent. Die bundesweit zunehmende Auslastung der Labore auf mittlerweile 89 Prozent sei ein Ausdruck der Überlastung. In einigen Bundesländern werde schon seit mehreren Wochen über der Kapazitätsgrenze gearbeitet, hieß es.

"Die Arbeitsbelastung unserer Teams in den PCR-Laboren ist brutal", sagte Vorstandsmitglied Wolf Frederic Kupatt. "Es ist eher das Gefühl, gegen einen Berg anzuarbeiten, der nicht signifikant kleiner wird", beschrieb Müller die Situation. Außerdem gebe es so gut wie kein verfügbares Personal mehr. "Der Markt für qualifizierte Laborkräfte, die PCR bedienen können, ist absolut leergefegt weltweit. Jeder Mensch, der schon einmal PCR in seinem Lebenslauf buchstabiert hat, ist irgendwo verhaftet", sagte ALM-Vorstand Evangelos Kotsopoulos. Daher müssten Labormitarbeiter, die nicht auf PCR-Tests spezialisiert sind, entsprechend weitergebildet und qualifiziert werden.

Außerdem fehle es immer wieder an Material. "Mal sind es Abstrichtupfer, mal Reagenzien, dann wieder Verbrauchsmaterialien, jetzt gerade Pipettenspitzen, die fehlen. Das macht die Arbeit in den Laboren unnötig schwer", so Kotsopoulos. Einen Grund dafür sieht er in den vergangenen Monaten: "Wir haben im Sommer bei der unnötigen Testung von Reiserückkehrern mindestens Hunderttausende von Tests verballert mit 0,3 Prozent Positivrate, die uns heute fehlen. Wir haben leere Lager und keine Pipettenspitzen in Reserve, weil wir die verbraucht haben". Man müsse sich auf das Notwendige bei der Testung konzentrieren. "Alles drumherum ist Luxus", so Kotsopoulos.

"Wir sind Teil eines globalen Systems und merken jeden Tag, dass wir nicht alles, was wir dringend benötigen, auch immer sofort geliefert bekommen", sagte Müller. Umso wichtiger sei es, zwar breit, aber gezielt zu testen.

+++Am 11.11. Alkoholverbot in Köln +++

Am 11.11. soll es in Köln ein Alkoholverbot im öffentlichen Raum geben. Die Corona-Pandemie mache das unumgänglich, sagte Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) am Dienstag. "Deswegen werden wir neben den bereits bestehenden Kontaktbeschränkungen und Sperrzeiten zusätzlich am 11.11. ganztägig und auf dem gesamten Stadtgebiet ein Alkoholkonsumverbot und ein Alkoholverkaufsverbot außerhalb von Gaststätten erlassen", sagte Reker. Der traditionelle Karnevalsauftakt müsse in diesem Jahr aufgrund der Pandemie leider ausfallen.

+++Brinkhaus: Erwarten von Ländern klare und einheitliche Corona-Regeln +++

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus hat die Ministerpräsidenten der Länder eindringlich aufgefordert, bei der Videokonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel klare und einheitliche Regeln gegen die Corona-Pandemie zu verabreden. Brinkhaus sagte am Dienstag vor der Sitzung seiner Fraktion: "Wir haben da eine klare Erwartungshaltung": Klare und einheitliche Regeln sowie eine Priorisierung. An erster Stelle stehe die Gesundheit und danach kämen gleichwertig, "dass der Wirtschaftskreislauf erhalten bleibt, dass produziert werden kann, dass die Sachen auch verkauft werden können und dass Schulen und Kindergärten offenbleiben können." Und danach komme lange nichts.

Nach den Worten von Brinkhaus sind Kontakt- und Bewegungsbeschränkungen nötig, "damit wir gegen diese Pandemie so erfolgreich vorgehen können, wie das auch im März und April der Fall gewesen ist". Und Kontaktbeschränkungen bedeuteten eine Unterbrechung von Infektionsketten. Das sei eine Zumutung für die Menschen, aber es wäre härter, wenn diese Pandemie noch länger andauerte. Deswegen lieber jetzt konsequent handeln. "Wir stehen vor einer sehr entscheidenden Woche, weil in dieser Woche wird sich entscheiden, wie wir das Weihnachtsfest feiern werden. Wenn wir die Pandemiesituation nicht in den Griff bekommen, dann kriegen wir ein erhebliches Problem."

Deswegen gelte es jetzt zu kämpfen. Das gelte für die Menschen in diesem Land, die viel Eigenverantwortung übernehmen und achtsam sein müssten. "Das gilt aber auch insbesondere morgen für die Ministerpräsidenten."

+++ Kölner Oberbürgermeisterin: "Diesmal gibt es keinen 11.11." +++

Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) hat am Dienstag klargestellt, dass der Karnevalsauftakt am 11.11. dieses Jahr wegen Corona ausfallen muss. "Wir alle müssen auf das Feiern am 11.11. verzichten", sagte Reker bei einer Pressekonferenz im Historischen Rathaus in Köln. "Diesmal wird nicht gefeiert, diesmal wird nicht gesungen, diesmal wird nicht geschunkelt, diesmal wird nicht getanzt. Diesmal gibt es keinen 11.11. Es ist in diesem Jahr nur ein Tag im Kalender wie jeder andere auch." An die Bürger appellierte sie: "Bleibt bitte alle zu Hause. Feiert auch zu Hause nicht."

"Die Lage ist sehr, sehr ernst", warnte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet am Dienstag. (Foto) Suche
"Die Lage ist sehr, sehr ernst", warnte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet am Dienstag. Bild: picture alliance/Henning Kaiser/dpa

+++ Söder: Bund und Länder müssen sich im Anti-Corona-Kampf nun bewähren +++

Angesichts drastisch gestiegener Corona-Zahlen fordert Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nun ein schnelles und konsequentes Gegensteuern von Bund und Ländern. Mit Blick auf die neuerlichen Beratungen der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Mittwoch sagte Söder am Dienstag in München: "Wir müssen uns morgen bewähren." Dies sei nicht die letzte Chance, aber eine weitere ganz entscheidende Etappe.

Welche konkreten Gegenmaßnahmen er fordert, ließ Söder zunächst offen, er betonte aber: "Lieber gleich und richtig als spät und halbherzig, und lieber mit einer wirksamen Therapie als mit reinen Placebos." Es gebe nicht mehr viele Möglichkeiten, Dinge einheitlich national zu steuern. Und es reiche nicht aus, etwas zu beschließen, was in zwei Wochen schon wieder überholt sei, mahnte Söder.

+++ Lauterbach für "Wellenbrecher-Shutdown" zur Corona-Eindämmung +++

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach wirbt für eine befristete Schließung zahlreicher Einrichtungen für zwei Wochen, um den starken Anstieg der Corona-Infektionen zu stoppen. "Wenn wir den Sonderweg Deutschlands retten wollen, auch besser durch die zweite Welle zu kommen, dann muss ein Wellenbrecher-Shutdown jetzt kommen", sagte Lauterbach am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.

Konkret gehe es um ein Konzept, "bei dem man über zwei Wochen hinweg mit Ankündigung - in der Regel mit einer Woche Vorlauf - bundesweit Einrichtungen schließt: Restaurants, Bars, Kneipen, alle Kulturstätten, Fitnessstudios, Vereine. Offen bleiben aber Schulen, Kitas und essenzielle Geschäfte." Private Treffen müssten auf ein absolutes Minimum reduziert werden. In Betrieben sollte so viel Homeoffice gemacht werden wie möglich.

"Wenn dieses Konzept sehr früh ergriffen wird, kann es uns für eine längere Zeit aus dem exponentiellen Wachstum der Infektionszahlen herausbringen, wenn dieses noch nicht zu lange gelaufen ist", sagte Lauterbach. "In dieser Situation sind wir jetzt. Wenn wir es jetzt nicht beschließen, ist aus meiner Sicht ein kompletter Lockdown auch mit Schulen, der viel länger dauern könnte, in einigen Wochen unabwendbar." Er hoffe, dass es bei den Beratungen von Bund und Ländern an diesem Mittwoch zu einem entsprechenden Beschluss komme.

"Um aus dem exponentiellen Wachstum herauszukommen, müssen wir die Zahl der Kontakte um mindestens 50 Prozent senken, bevorzugt sogar um 75 Prozent", erläuterte der Gesundheitsexperte. "Wir würden damit wesentliche Zeit gewinnen und kämen - ohne dass wir mit dramatischen Fallzahlen rechnen müssen -, noch bis zu den Weihnachtsferien."

+++ Keine belegten Infektionen durch angebliche Superspreaderin +++

Einer 26 Jahre alten Frau, die im Verdacht stand, in Bayern vielleicht Dutzende Menschen mit dem Coronavirus angesteckt zu haben, können keine Infektionen nachgewiesen werden. Das Landratsamt in Garmisch-Partenkirchen hat nach Angaben eines Sprechers jedenfalls keine Kontaktpersonen ermitteln können, die durch die positiv getestete Frau infiziert worden sind. Zuvor hatten mehrere Medien über das Ergebnis der Untersuchung des Falls durch das Gesundheitsamt berichtet.

Die 26-Jährige hatte eine Kneipentour in der oberbayerischen Stadt unternommen, obwohl sie Krankheitssymptome hatte und unter Quarantäne stand. Später erhielt sie ein positives Testergebnis. Die Frau wurde daraufhin Mitte September überregional als mögliche Superspreaderin (deutsch: Superverbeiterin) bekannt. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann nannte ihr Verhalten "besonders rücksichtslos", Ministerpräsident Markus Söder (ebenfalls CSU) sprach von einem "Musterfall für Unvernunft".

Nach dem Bekanntwerden des Falls wurde ein Corona-Massentest durchgeführt. Bei mehr als 1000 Tests konnten aber nur vier Infizierte festgestellt werden. Ein direkter Zusammenhang zu der Frau ergab sich nicht, wie der Sprecher des Landratsamts, Stephan Scharf, sagte. Die Frau habe aber natürlich trotzdem einen Fehler gemacht. Obwohl sie zu Hause hätte bleiben müssen, sei sie feiern gegangen.

Die US-Amerikanerin arbeitet in einem Hotel der amerikanischen Streitkräfte für Soldaten und deren Familien, in dem sich damals mehr als 20 Menschen mit dem Virus infiziert hatten.

+++ Bundeskanzlerin Merkel warnt vor ausgesprochen schwieriger Corona-Situation +++

Angesichts der zugespitzten Corona-Lage in Deutschland hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf die Beachtung des Wissenstands als Maßstab für Einschränkungen gepocht. "Wir wissen heute etwas mehr über das Virus", sagte Merkel am Dienstag in Berlin, einen Tag vor neuen Beratungen mit den Ministerpräsidenten zur Corona-Krise. Merkel sagte: "Wir wissen, wie wir uns schützen können. Wir können zielgerichteter vorgehen. Aber wir sehen auch bei den steigenden Zahlen, dass wenn wir das, was wir wissen über das Virus, nicht einhalten, dass wir dann wieder in Situationen kommen, die ausgesprochen schwierig sind."

Merkel wandte sich gegen den Ausschluss Kranker, Pflegebedürftiger und von Menschen mit Behinderungen vom gesellschaftlichen Leben im Zuge des Infektionsschutzes. Kontaktbeschränkungen auch für die Menschen in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Hospizen seien sehr belastend. Für sie und das ganze Bundeskabinett seien solche Einschränkungen nur schwer erträglich, sie dürften auch nur befristet sein. "Die Einschränkungen dienten und dienen dem Schutz der Gesellschaft, aber auch dem Schutz besonders gefährdeter Gruppen", sagte Merkel. "Aber es muss ein Schutzkonzept sein, das nicht zu einer Separation von Gesellschaftsteilen führt." Merkel: "Wir werden auch Versuchen, durch die Hintertür irgendwie Millionen Menschen auszugrenzen aus dem gesellschaftlichen Leben, nicht nachgeben."

In einem Statement vor den Mitgliedern der Konzertierten Aktion Pflege der Bundesregierung dankte Merkel weiter allen Beschäftigten in der Pflege für "das ganz außergewöhnliche Engagement". Nun hoffe die Regierung auch auf Schnelltests. "Diese Antigentests sind jetzt ja zugelassen und man kann relativ schnell ein Ergebnis bekommen." Eine Testverordnung von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sei seit einigen Tagen in Kraft. Angewendet werden müssten die Tests durch Fachpersonal. Schnell könne man feststellen, ob jemand infektiös sei.

"Eine der großen Herausforderungen ist natürlich, dass wir das Pflegepersonal vor zu hoher Arbeitsbelastung schützen", sagte Merkel. So weit wie möglich sollten die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Merkel nannte die Verbesserungen durch den jüngsten Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst. "Schöne Worte sind das Eine, Taten sind das Andere."

+++ Scholz fordert schnelle, einheitliche Schritte gegen Corona-Welle +++

Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) hat schnelle zusätzliche Maßnahmen gegen die rapide steigende Zahl der Corona-Infektionen gefordert. Der dramatische Anstieg in den vergangenen Tagen sei "sehr besorgniserregend", sagte Scholz am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. "Jetzt sind schnelle und entschlossene Schritte nötig, um diese neue Infektionswelle zu brechen."

Die zusätzlichen Maßnahmen sollten zielgerichtet und zeitlich befristet sein. "Und sie sollten deutschlandweit möglichst einheitlich getroffen werden und allgemein verständlich sein", sagte der Finanzminister. In diesen Wochen entscheide sich, ob Deutschland weiter vergleichsweise gut durch die Pandemie komme. "Wir haben es selbst in der Hand", betonte Scholz.

+++ Corona-Infektionen: Rosenheim in Bayern reißt 200er-Marke +++

Die bayerische Stadt Rosenheim hat laut Robert Koch-Institut (RKI) die Kennziffer von 200 Corona-Neuinfektionen gerissen. Die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen lag am Dienstag nach Angaben auf der RKI-Homepage bei 217,1. "Die Stadtspitze steht in ständigem Austausch mit den Gesundheitsbehörden", sagte ein Sprecher der Stadt auf Anfrage.

Derzeit gelten in Rosenheim die bayernweiten Corona-Maßnahmen für Städte und Landkreise, in denen die Corona-Ampel auf dunkelrot gesprungen ist. Das ist bei mehr als 100 Infektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen der Fall. Diesen Wert hat Rosenheim inzwischen um mehr als das Doppelte überschritten.

"Der nächste Schritt wären dann in der Tat Lockdown-Maßnahmen wie in Rottal-Inn oder im Berchtesgadener Land", sagte der Sprecher. "Wir haben da aber noch nichts in aktueller Planung." Er könne allerdings nicht ausschließen, dass sich daran in den kommenden Tagen oder sogar im Laufe des Tages noch etwas ändere. Konkrete Infektionsherde gebe es in der Stadt nicht. "Es ist der Klassiker: diffuses Infektionsgeschehen."

+++ Altmaier rechnet Ende der Woche mit 20.000 Corona-Neuinfektionen +++

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) rechnet Ende der Woche mit 20.000 Corona-Neuinfektionen in Deutschland. Altmaier sagte am Dienstag bei einem Deutsch-Französischen Wirtschaftstag: "Wir haben es zu tun mit einem exponentiellen Wachstum." In Deutschland steige die Zahl der Neuinfektionen jeden Tag um rund 70, 75 Prozent im Vergleich zur Woche davor. "Und das bedeutet: Wir werden wahrscheinlich schon Ende dieser Woche 20.000 Neuinfektionen am Tag haben", sagte Altmaier.

Dies sei eine Zahl, die man sich vor drei Wochen noch gar nicht habe vorstellen können. Der Wirtschaftsminister verwies auch auf die hohe Zahl von Corona-Neuinfektionen in Frankreich und betonte die enge Zusammenarbeit mit Frankreich.

+++ RKI: Nur noch ein Kreis in NRW unter 50er-Wert +++

In NRW liegt nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) nur noch ein Kreis unter der Warnschwelle von 50 Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen. Der Kreis Soest verzeichnete demnach am Dienstagmorgen den Wert von 40,8. Die Kreise Paderborn (50,7) und Euskirchen (71,3) rissen im Gegensatz zum Montag nun die 50er-Schwelle. Landesweit lag die sogenannte Inzidenz am Dienstagmorgen (Stand: 0.00 Uhr) bei 116,8. An der Spitze lag Solingen mit rund 206 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner in der vergangenen Woche.

+++ Fresenius rüstet Kliniken gegen Corona-Pandemie auf +++

Deutschlands größter privater Krankenhausbetreiber Fresenius rüstet seine Kliniken für mehr Corona-Patienten. Man habe bei der Tochter Fresenius Helios hierzulande rund 1.300 Intensivbetten in Betrieb und könne kurzfristig weitere 1.000 bereitstellen, teilte der Dax-Konzern der dpa mit. Das seien 700 Intensivbetten mehr als im Frühjahr.

Die Zahl der täglichen Neuinfektionen sei hoch, was aber auch an umfangreicheren Tests als im Frühjahr liege, betonte Fresenius Helios. "Derzeit sind die positiv Getesteten in der Regel jünger als im Frühjahr und haben einen milderen Krankheitsverlauf." Viele Infizierte könnten in häuslicher Quarantäne bleiben und müssten nicht stationär versorgt werden. Die Neuinfektionen allein seien nicht aussagekräftig für die Lage in den Kliniken, sondern die Auslastung.

Ein generelles Aufschieben planbarer und nicht zwingend nötiger Operationen will Fresenius Helios in seinen 86 deutschen Krankenhäusern möglichst vermeiden. "Alle Patientinnen und Patienten, die einer Behandlung bedürfen, nehmen wir nach Dringlichkeit auf und behandeln sie zeitgerecht dem jeweiligen Krankheitsbild entsprechend", sagte Andreas Meier-Hellmann, Helios-Geschäftsführer Medizin. Rückblickend wisse man, dass das komplette Aufschieben sogenannter elektiver Eingriffe - wie im Frühjahr geschehen - nicht nötig gewesen wäre. Bei Bedarf sei das aber in wenigen Tagen möglich, um Kapazitäten für Corona-Patienten zu schaffen.

Die Corona-Krise hat Fresenius im Sommer vor allem im Klinikgeschäft getroffen. Im Frühjahr hatte Helios die Zahl der Intensivbetten kräftig aufgestockt und Operationen verschoben. Da die Pandemie aber glimpflich verlief, standen viele Intensivbetten leer, was die Geschäfte belastete. Zuwendungen des Bundes konnten fehlende Einnahmen aus aufgeschobenen Operationen nur mildern. Und da weniger operiert wurde, kamen weniger Medikamente aus der Fresenius-Sparte Kabi zum Einsatz. Daher musste Konzernchef Stephan Sturm die Geschäftsziele für dieses Jahr senken. Wie sich die Pandemie nun weiter ausgewirkt hat, wird sich bei der Bekanntgabe der Zahlen für das dritte Quartal an diesem Donnerstag zeigen.

+++ Strobl: Bei Corona-Verschärfung gut eine Woche "alles dicht machen" +++

Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Thomas Strobl fordert bei einer weiteren Verschärfung der Corona-Lage einen gut einwöchigen Lockdown in Deutschland. "Wenn die Zahlen sich weiter so entwickeln, dann müssen wir Maßnahmen in den Blick nehmen, etwa, dass wir auch einmal für eine Woche alles dicht machen, dass von Freitag bis Sonntag die Woche drauf gar nichts mehr geht", sagte der baden-württembergische Innenminister dem Nachrichtenportal "ThePioneer" (Dienstag). Auf die Frage, ob die Schließung auch Schulen, Kitas und Geschäfte betreffen würde, sagte Strobl: "Alles heißt alles." Das bedeute auch Einschränkungen im Grenzverkehr.

Damit könne man das Infektionsgeschehen zum Stillstand bringen, argumentierte Strobl. Der Vorteil dieser "sehr, sehr harten" Lösung wäre die zeitliche Begrenzung. Der CDU-Politiker betonte aber auch, dann wären ein Weihnachtsgeschäft und eine gemeinsame Weihnachtszeit mit der Familie wieder möglich.

+++ Fast zwei Drittel der Deutschen rechnen mit einem Lockdown +++

Fast zwei Drittel der Deutschen rechnen damit, dass es wegen der dramatisch steigenden Corona-Infektionszahlen wieder zu Schließungen von Geschäften, Restaurants oder Schulen kommen wird. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sagten 63 Prozent, dass sie einen solchen Lockdown erwarten. Nur 23 Prozent glauben nicht daran, 13 Prozent machten keine Angaben.

Unter einem Lockdown versteht man weitreichende Einschränkungen des öffentlichen Lebens. Zur Bekämpfung der ersten Corona-Welle hatten Bund und Länder beschlossen, Schulen und Kitas zu schließen sowie Kultur- und Sporteinrichtungen für die Öffentlichkeit zu sperren. Die meisten Gaststätten, Läden und Dienstleister durften keine Kundschaft empfangen, Zusammenkünfte etwa in Kirchen oder Sportvereinen waren verboten. Ansammlungen von mehr als zwei Personen unterschiedlicher Haushalte waren über Wochen nicht zulässig.

Im Gegensatz zu den flächendeckenden Maßnahmen des Frühjahrs gibt es jetzt zur Eindämmung der zweiten Corona-Welle vor allem Gegenmaßnahmen in den sogenannten Hotspots, also Städten und Regionen mit hohen Infektionszahlen. Dazu gehören eine Ausweitung der Maskenpflicht, eine Begrenzung der Gästezahl bei privaten Feiern, Kontaktbeschränkungen im öffentlichen Raum und eine Sperrstunde für die Gastronomie.

Härtere Maßnahmen könnten aber folgen. Wegen der angespannten Corona-Lage beraten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder bereits am Mittwoch in einer Video-Konferenz über das weitere Vorgehen.

+++Schleswig-Holsteins Ministerpräsident kündigt harte Kontaktbeschränkungen an - Obergrenze 10 +++

 

Angesichts der rasant steigenden Corona-Zahlen will Schleswig-Holstein harte Kontaktbeschränkungen ergreifen. Die Zahl 10 werde die Obergrenze für alle Bereiche in den nächsten drei Wochen sein, sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Dienstag in Kiel.

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/news.de/dpa

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