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Trägerrakete "Langer Marsch 5B": Gefahr gebannt! China-Rakete stürzt in Indischen Ozean

Seit Tagen wurde vor der Gefahr durch den "unkontrollierten" Wiedereintritt der Rakete "Langer Marsch 5B" in die Atmosphäre gewarnt. Am Ende landeten Reste nahe der Malediven im Indischen Ozean. Es hagelt Kritik.

Die Kombination aus dem Kernmodul "Tianhe" der chinesischen Raumstation und der Langer-Marsch-5B-Y2-Rakete startet von der Wenchang Spacecraft Launch Site in der südchinesischen Provinz Hainan. (Foto) Suche
Die Kombination aus dem Kernmodul "Tianhe" der chinesischen Raumstation und der Langer-Marsch-5B-Y2-Rakete startet von der Wenchang Spacecraft Launch Site in der südchinesischen Provinz Hainan. Bild: picture alliance/dpa/CCTV via AP Video | Anonymous

Chinas Staatsmedien haben Warnungen vor herabfallenden Trümmerteilen einer für den Bau der chinesischen Raumstation benutzten Trägerrakete zurückgewiesen. Die Bruchstücke dürften "sehr wahrscheinlich in internationale Gewässer fallen, und die Leute müssen sich keine Sorgen machen", schrieb die häufig als englischsprachiges Propagandaorgan dienende Zeitung "Global Time" am Donnerstag unter Hinweis auf Raumfahrtexperten.

Trägerrakete "Langer Marsch 5B" mit Modul "Tianhe" ins All gestartet

Westliche Raumfahrtexperten hatten vor möglichen Trümmerteilen durch einen "unkontrollierten" Wiedereintritt der 20 Tonnen schweren Hauptraketenstufe in die Atmosphäre an diesem Wochenende oder Montag (10.05.2021) gewarnt. Deutschland liegt voraussichtlich aber nicht in der Risikozone, wie das Büro für Raumfahrtrückstände der Europäischen Raumfahrtagentur Esa in Darmstadt berichtete.

Trümmer von Trägerrakete könnten in Italien, Griechenland oder Spanien abstürzen

Das Gebiet umfasst demnach jeden Teil der Erdoberfläche zwischen dem 41. Grad nördlicher und dem 41. Grad südlicher Breite. In Europa zählen unter anderem Teile von Spanien, Italien oder Griechenland dazu. Die neue, besonders tragfähige Rakete vom Typ "Langer Marsch 5B" hatte am vergangenen Donnerstag das Kernmodul "Tianhe" (Himmlische Harmonie) ins All gebracht. Damit begann die junge Raumfahrtnation den Bau ihrer eigenen Raumstation.

Dass Reste von Raketen zur Erde zurückfielen, sei "in der Luft- und Raumfahrt üblich", schrieb die "Global Times". Das Blatt sah hinter den Warnungen "nichts anderes als westlichen Rummel um eine "Bedrohung durch China"" in der Raumfahrt. Der Experte Wang Ya'nan, Chefredakteur eines Luft- und Raumfahrtmagazins, wurde zitiert, dass Chinas Raumfahrtbehörden die Entwicklung herabfallender Trümmer vom Design der Rakete und der Wahl des Startplatzes bis hin zur Flugbahn und -höhe sorgfältig berücksichtigt hätten.

Angst vor chinesischen Raketenteilen - China spielt Gefahr herunter

"Die meisten Trümmer werden beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verbrennen, so dass nur ein sehr kleiner Teil übrig bleibt, der auf die Erde fällt, was potenziell in Gebieten weit weg von menschlichen Aktivitäten oder im Ozean landen wird", sagte Wang Ya'nan demnach. Experten erklärten laut "Global Times" auch, dass die Raketenstufe vor allem aus leichtem Material gebaut sei, das zumeist beim Wiedereintritt einfach verbrenne.

Unberechenbare Gefahr durch Trümmerteile von China-Rakete

Hingegen hatte das Esa-Büro für Raumfahrtrückstände mitgeteilt, es sei aktuell praktisch unmöglich, Vorhersagen darüber zu treffen, welche Teile den Wiedereintritt überstehen werden. Materialien mit hohen Schmelztemperaturen wie etwa Motor- oder Tankkonstruktionen stellten ein besonderes Risiko dar. Allgemein verglühten die meisten Objekte beim Wiedereintritt aber vollständig, so die Experten. Da ein Großteil der Erde mit Wasser bedeckt sei und weite Teile unbewohnt seien, sei die Gefahr für den Einzelnen deutlich geringer als bei alltäglichen Risiken wie etwa dem Autofahren.

Schäden wie bei Flugzeugabstürzen möglich: Menschen und Eigentum in Gefahr

Der Astrophysiker Jonathan McDowell vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge (US-Bundesstaat Massachusetts) warnte, dass es "im schlimmsten Fall" wie der Absturz eines kleinen Flugzeugs werden könne, der sich über Hunderte Kilometer verteile. Wie viele Bruchstücke übrig blieben, lasse sich nicht vorhersagen. "Aber genug, um Schaden anzurichten." Auch der Raumfahrtexperte Andrew Jones warnte vor Schaden für Mensch oder Eigentum.

Nach dem ersten Flug des neuen Raketentyps im Mai 2020 waren Trümmer in der westafrikanischen Elfenbeinküste niedergegangen und hatten nach lokalen Berichten Häuser beschädigt. Die US-Raumfahrtbehörde Nasa hatte den Vorgang damals als "sehr gefährlich" beschrieben, weil die Raketenstufe kurz davor noch über die USA geflogen war.

Chinesisches Raketen-Design als "fahrlässig" eingestuft

McDowell kritisierte das Design der neuen chinesischen Rakete als "fahrlässig". Es entspreche nicht heutigen Standards. Andere Länder sorgten dafür, dass der Hauptteil ihrer Raketen nicht im Orbit blieben, sondern in eine Flugbahn gebracht würden, um gezielt ins Meer zu stürzen. Die "Langer Marsch 5B" sei hingegen so gebaut, dass sie etwa eine Woche später durch die Anziehungskraft an einem "willkürlichen Ort" in die Atmosphäre der Erde eintrete.

Update 09.05.2021: Trümmer chinesischer Rakete in Indischen Ozean gestürzt

Die Befürchtung eines zerstörerischen Trümmerregens über bewohntem Gebiet hat sich nicht bestätigt: Die Überreste einer für den Bau der ersten chinesischen Raumstation genutzten Rakete sind zwischen der Arabischen Halbinsel und Indien ins offene Meer gestürzt. Das meldeten chinesische Staatsmedien am Sonntagmorgen. Demnach verbrannten die meisten Überreste des Flugkörpers beim Eintritt in die Atmosphäre, die restlichen Trümmer seien in den Indischen Ozean gefallen. Die Rakete vom Typ "Langer Marsch 5B" hatte am 29. April das 22 Tonnen schwere Modul "Tianhe" (Himmlische Harmonie) ins All gebracht, das den Hauptteil der chinesischen Raumstation bilden soll.

Experten hatten davor gewarnt, dass die Trümmer am Wochenende "unkontrolliert" in die Atmosphäre eintreten könnten - schließlich sei die Rakete nicht dafür gebaut, um durch Triebwerke so gesteuert zu werden, dass sie gezielt über einem unbewohnten Gebiet oder dem Meer in die Atmosphäre gelangt. Es wurde vor einem ähnlichen Ausgang wie im Mai 2020 gewarnt: Damals waren nach dem ersten Flug des neuen Raketentyps Trümmer in der westafrikanischen Elfenbeinküste niedergegangen und hatten lokalen Berichten zufolge Häuser beschädigt.

Normalerweise seien solche Raketenstufen nicht dafür ausgelegt, überhaupt in eine Umlaufbahn um die Erde zu gelangen, berichtete Marlon Sorge vom Zentrum für Wiedereintritt-Studien (CORDS) der Aerospace Corporation in Kalifornien. Vielmehr sei ihre Flugbahn gewöhnlich so geplant, dass sie nach dem Start in ein sicheres Absturzgebiet fallen - also etwa ins Meer. Wenn eine Rakete im Orbit sei, müsse ein sogenanntes Deorbit-Manöver vorgenommen werden, bei dem Triebwerke genutzt würden, um den Wiedereintrittspunkt kontrolliert zu wählen.

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/news.de/dpa

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