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Coronavirus-News aktuell am Freitag: Britische Virus-Mutante möglicherweise doch tödlicher

Am 22. Januar meldeten die Gesundheitsämter mehr als 17.800 neue Coronavirus-Infektionen sowie 859 weitere Covid-19-Todesfälle. Indes gibt es Hinweise darauf, dass die britische Mutante nicht nur ansteckender, sondern auch tödlicher ist.

Christian Drosten warnt davor, die Corona-Maßnahmen zu früh zu lockern. (Foto) Suche
Christian Drosten warnt davor, die Corona-Maßnahmen zu früh zu lockern. Bild: picture alliance/dpa/AP POOL/Markus Schreiber

In Deutschland sind seit Beginn der Pandemie mehr als 50.000 Menschen im Zusammenhang mit dem Coronavirus gestorben.

Coronavirus-News aktuell: 859 neue Todesfälle am 22. Januar 2021 gemeldet

Die deutschen Gesundheitsämter meldeten dem Robert Koch-Institut (RKI) 859 neue Todesfälle innerhalb von 24 Stunden, wie das RKI am Freitagmorgen bekanntgab. Damit stieg die Gesamtzahl der Todesfälle auf 50.642. Vor genau einer Woche waren 1.113 neue Todesfälle binnen 24 Stunden verzeichnet worden. Der Höchststand von 1.244 neuen Todesfällen war am 14. Januar erreicht worden.

Als Covid-19-Todesfall zählt das RKI nachweislich infizierte Menschen, die direkt an Corona gestorben sind und solche mit Vorerkrankungen, bei denen sich die Todesursache nicht abschließend klären lässt. Es liegt am Ermessen des Gesundheitsamtes, ob es einen Fall als verstorben "an" oder "mit" Covid-19 an das RKI übermittelt. Forscher gehen davon aus, dass die Zahl der Covid-19-Todesfälle ohne die Corona-Einschränkungen um ein Vielfaches höher läge.

Coronavirus-News am 22.01.2021 in Deutschland mit 17.862 Neuinfektionen

Die Gesundheitsämter meldeten dem RKI außerdem 17.862 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages. Vor genau einer Woche hatte das RKI 22.368 Neuinfektionen verzeichnet. Der Höchststand von 33.777 registrierten Neuinfektionen binnen 24 Stunden war am 18. Dezember gemeldet worden - darin waren jedoch 3.500 Nachmeldungen enthalten.

7-Tage-Inzidenz aktuell bei 115,3 nach starken Schwankungen

Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) lag laut RKI am Freitagmorgen bei 115,3. Ihr bisheriger Höchststand war am 22. Dezember mit 197,6 erreicht worden. Die Zahl schwankte danach und sinkt seit einigen Tagen wieder. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern bleiben jedoch groß: Die höchsten Inzidenzen haben Thüringen mit 218,4 und Brandenburg mit 194,4. Den niedrigsten Wert hat Bremen mit 80,9.

Mehr als 2,1 Millionen Coronavirus-Infektionen in Deutschland seit Beginn der Pandemie

Das RKI zählt seit Beginn der Pandemie 2.106.262 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2 in Deutschland (Stand: 22.01., 00.00 Uhr). Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte noch deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden. Die Zahl der Genesenen gab das RKI mit etwa 1.780.200 an.

Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht vom Donnerstagabend bei 0,93 (Vortag: 0,87). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 93 weitere Menschen anstecken. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab.

Coronavirus-News aktuell am 22.01.2021 im News-Ticker

+++ In England entdeckte Virus-Variante womöglich tödlicher als bisherige +++

Die zuerst in Großbritannien entdeckte Variante des Coronavirus ist möglicherweise tödlicher als die bislang vorherrschende. Darauf gebe es "einige Hinweise" sagte der britische Premierminister Boris Johnson am Freitag in einer Pressekonferenz im Regierungssitz Downing Street in London. Die hohe Belastung der Krankenhäuser im Land sei zu einem erheblichen Teil auf die neue Virusvariante zurückzuführen, so der konservative Politiker.

Die Mutation war Ende vergangenen Jahres in der südostenglischen Grafschaft Kent aufgetaucht und hatte sich mit rasender Geschwindigkeit in London und Teilen des Landes ausgebreitet.

Großbritannien ist eines der am schwersten von der Pandemie betroffenen Länder in Europa. Täglich werden Zehntausende Neuinfektionen und zuletzt jeweils mehr als 1000 Tote gemeldet. Seit Wochen gilt ein Lockdown mit weitreichenden Ausgangs- und Reisebeschränkungen, Schulen und nicht lebensnotwendige Geschäfte sind geschlossen. Die Maßnahmen sollen Mitte Februar überprüft werden.

+++ Corona: Mehr als 20 Länder als Hochrisikogebiete eingestuft +++

Wegen besonders hoher Corona-Infektionszahlen hat die Bundesregierung ab Sonntag erstmals mehr als 20 Länder als Hochrisikogebiete eingestuft, für die dann leicht verschärfte Einreiseregeln gelten. Wie das Robert Koch-Institut am Freitag auf seiner Internetseite mitteilte, gehören dazu das Nachbarland Tschechien, die Urlaubsländer Portugal, Spanien und Ägypten sowie die USA.

+++ Bayerischer Landkreis vergibt ersten digitalen Corona-Impfpass +++

Während in der EU über einen möglichen digitalen Impfpass und zu erfassende Daten diskutiert wird, hat ein Landkreis in Bayern eine erste digitale Impfkarte vergeben. Ein 71-jähriger Kinder- und Jugendmediziner, der noch praktiziert, bekam am Freitagnachmittag im oberbayerischen Landkreis Altötting seine zweite Corona-Impfung sowie die Impfkarte mit QR-Code, wie ein Sprecher des Landratsamtes erläuterte. Nach Informationen des Landratsamtes ist der Landkreis mit der Lösung bundesweit Vorreiter.

Erfasst werden demnach auf der Karte Namen, Geburtsdatum, Wohnort, Fotos des Geimpften, Impfstoff und die beiden Impftermine. Scannt der Geimpfte den Code, kann er die Daten auf dem Smartphone hinterlegen.

Das Vorgehen sei nicht mit dem Gesundheitsministerium abgestimmt worden. "Wir haben das völlig eingeständig umgesetzt", sagte der Sprecher. Es gebe aber Interesse von anderen Landkreisen. Mehrere Medien hatten darüber berichtet.

Der Datenschutz sei gewährleistet, die Daten würden nur auf der Karte gespeichert. Mit der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB) sei das Vorgehen entwickelt worden. Diese habe ein Kölner Unternehmen dazu geholt, das digitale Zertifikate erstellt.

Landrat Erwin Schneider (CSU) hatte die Impfkarte auf den Weg gebracht. "Wir wollten hier einen Start setzen", sagte der Sprecher. "Der Landrat wollte den Leuten schon einmal etwas an die Hand geben." Die Impfkarte sei freiwillig. Der Landkreis übernehme die Kosten.

Der Gedanke sei gewesen, die Daten schon einmal digital zu erfassen - und später möglicherweise auf ein überregionales System zu übertragen. "Wenn man das nach ein paar Monaten erst macht, müsste man alles nacherfassen", sagte der Sprecher. Noch sei ohnehin unklar, ob der Nachweis einer Impfung Vorteile bringen werde und welcher Art diese sein könnten. Privilegien für Geimpfte sind heftig umstritten.

Derzeit wird in der EU über einen Corona-Impfpass debattiert. Die 27 Mitgliedsländer wollen sich bis Ende Januar auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. Offen ist, ob der gelbe Impfpass der WHO gemeinsamer Nenner werden könnte. Diskutiert wird auch, welche Daten erfasst werden und ob dies digital geschehen soll.

+++ Kanzleramtschef zuversichtlich über Rückkehr zur Normalität im Sommer +++

Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) hat sich trotz angespannter Corona-Lage optimistisch über eine Rückkehr zum normalen Leben im Sommer geäußert. Dafür müssten Fallzahlen schnell gesenkt werden und mit guter Kontrolle über das Infektionsgeschehen könne man schrittweise die Beschränkungen lockern. "Der Frühling macht es uns einfacher, und es kommen immer mehr Impfungen hinzu. Wir könnten im Sommer zu unserem normalen Leben zurückkehren", sagte Braun dem "Spiegel".

Eine große Gefahr sieht er in mutierten Coronaviren. «Wenn die Mutante sehr schnell ist, die Überhand gewinnt und unsere Maßnahmen nicht konsequent umgesetzt werden, dann besteht die Gefahr, dass uns dieser Erfolg vermasselt wird», sagte Braun.

Bund und Länder hatten am Dienstag unter anderem wegen möglicher Folgen einer Verbreitung der Mutation mit höherem Ansteckungspotenzial beschlossen, den bis Ende Januar vorgesehenen Lockdown bis zum 14. Februar zu verlängern.

Der Kanzleramtschef verteidigte sich gegen Vorwürfe, die Bundesregierung habe angesichts hoher Opferzahlen beim Schutz von Pflegeeinrichtungen versagt: "Wir haben frühzeitig mit den Ländern über Hygienekonzepte gesprochen, FFP2-Masken in die Heime geschickt und Schnelltests vorgeschrieben. Trotzdem können wir sie offenkundig nicht so schützen, dass das Virus dort nicht hineingetragen werden kann", sagte Braun.

+++ Pflicht zu medizinischen Masken auch im Luftverkehr +++

Die Maskenpflicht zur Eindämmung der Corona-Pandemie wird auch in Flugzeugen deutscher Gesellschaften und Flughäfen verschärft. Ab dem 1. Februar müssen auch dort medizinische Masken oder solche mit der FFP2-Norm getragen werden, wie der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) am Freitag mitteilte. Man habe den Bund-Länder-Beschluss vom Dienstag entsprechend aufgegriffen. Einfache Stoffmasken sind dann ebenso ungenügend wie Gesichtsvisiere oder andere Bedeckungen wie Schals.

Die Lufthansa-Gruppe einschließlich der Gesellschaften Austrian und Swiss passt ihre Vorschriften ebenfalls an, wie sie in Frankfurt mitteilte. Eine Befreiung von der Tragepflicht während des Fluges sei weiterhin nur mit negativem Covid-19-Test und einem ärztlichen Attest auf einem Lufthansa-Formblatt möglich.

+++ Spahn: 60 Prozent der Pflegeheimbewohner haben erste Impfung +++

Mehr als jeder zweite Pflegeheimbewohner in Deutschland hat nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn inzwischen eine erste Impfung erhalten. "60 Prozent der Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner sind bereits geimpft erstmalig, die ersten haben die Zweitimpfung erhalten. Ein großer Teil des Personals ist geimpft", sagte der CDU-Politiker am Freitag in Berlin. Man habe allen Grund zur Annahme, dass die Impfteams, wie von Bund und Ländern vereinbart, bis Mitte Februar in allen Pflegeheimen ein Impfangebot machen könnten.

Spahn zeigte sich insgesamt optimistisch: "Dieser Winter ist nicht leicht, das wussten wir immer, aber ich bin sicher, wir haben Aussicht auf einen besseren Sommer." Ziel sei es, bei weiteren Zulassungen von Impfstoffen, im Sommer jedem der möchte, ein Impfangebot zu machen und die Pandemie zu überwinden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Donnerstag gesagt, wenn alles wie zugesagt erfolge, könne man es schaffen, "bis Ende des Sommers jedem Bürger ein Impfangebot zu machen". Sie verwies allerdings darauf, dass der Sommer kalendarisch bis 21. September geht.

+++ Spahn: Null-Covid-Strategie für Deutschland keine Lösung +++

Aus Sicht von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist die Null-Covid-Strategie für Deutschland nicht geeignet. "Das Modell sehe ich nicht auf Deutschland übertragbar", sagte Spahn am Freitag in Berlin. Das Land liege in der Mitte eines Kontinents, in der Mitte der Europäischen Union, "deswegen sehe ich Null als dauerhafte Zielmarke nicht als das, was in einem Land wie Deutschland mit unserer Lage und Situation funktionieren kann." Eine Initiative "Zero Covid" macht sich mit diesem Ziel gerade für einen kompletten Shutdown europaweit stark.

Stattdessen müssten die Infektionszahlen weiterhin reduziert werden und möglichst niedrig bleiben, so Spahn weiter. "Wir müssen einen Weg finden." Gegebenenfalls auch mit entsprechenden Maßnahmen an der Landesgrenze, um die Corona-Infektionen in Deutschland zu reduzieren und gering zu halten.

"Je näher die Inzidenz an die Null-Inzidenz kommt, desto besser", ergänzte der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz. "Wir müssen die Inzidenzen herunter bekommen." So könnte das Virus beherrscht und Ausbrüche sofort erkannt und eingedämmt werden. "Je weiter wir sie runter bringen, desto besser für uns alle."

+++ Umfrage: Fast 80 Prozent glauben nicht an unbeschwerten Osterurlaub +++

Eine große Mehrheit der Deutschen glaubt nicht daran, dass schon in den Osterferien Urlaub im europäischen Ausland ohne Quarantäne oder Testpflichten möglich sein wird. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur rechnen etwa 79 Prozent auch dann noch mit entsprechenden Einschränkungen. Nur rund 12 Prozent meinen, dass dann schon ein unbeschwerter Urlaub im Ausland möglich sein wird. Etwa 10 Prozent machten keine Angaben. Ostersonntag ist dieses Jahr der 4. April.

Derzeit hat die Bundesregierung fast ganz Europa als Corona-Risikogebiet eingestuft. Auf dem europäischen Festland gibt es nur noch in Griechenland, Finnland, Norwegen und Österreich einzelne Regionen, die ausgenommen sind. Hinzu kommen ein Großteil der griechischen Inseln, die britische Isle of Man und die Kanalinsel Guernsey sowie die dänische Insel Grönland.

Rückkehrer aus Risikogebieten müssen sich spätestens 48 Stunden nach Einreise in Deutschland auf Corona testen lassen. Zudem müssen sie zehn Tage in Quarantäne, können sich davon allerdings durch einen zweiten negativen Test ab dem fünften Tag nach Einreise vorzeitig befreien lassen.

Die Einstufung als Risikogebiet erfolgt, wenn ein Land oder eine Region den Grenzwert von 50 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen überschreitet. Alle deutschen Bundesländer sind nach diesen Kriterien wie die meisten anderen europäischen Länder Risikogebiete.

+++ RKI-Präsident Wieler: Gesamtzahl der Toten "schier unfassbar" +++

Der Präsident des Robert Koch-Instituts Lothar Wieler sieht die derzeit hohen Todeszahlen sehr kritisch. "Das ist eine bedrückende, für mich schier unfassbare Zahl", sagte er am Freitag in Berlin über die Gesamtzahl der Todesfälle in Zusammenhang mit Corona von 50.642 Menschen. Trotzdem sehe er die derzeit sinkenden Zahlen positiv. Wenn die Infektionszahlen gering gehalten würden, könnten schwere Verläufe sowie Todeszahlen verhindert und besser kontrolliert werden. Derzeit gebe es an vielen Tagen über tausend Todesfälle.

Vor allem die Ausbrüche in Pflegeheimen sieht Wieler kritisch. Etwa 900 Fälle seien bekannt, "wahrscheinlich gibt es auch eine Dunkelziffer."

Dennoch sind nach Aussagen Wielers Erfolge zu verzeichnen. "Die Zahlen sinken in den meisten Bundesländern, und das sind die Erfolge der Maßnahmen", so der RKI-Präsident. "Wir dürfen eben nicht nachlassen." Alle Maßnahmen schützten auch vor neuen Virusvarianten.

+++ Drosten warnt vor zu frühem Ende der Maßnahmen nach Impferfolgen +++

Der Berliner Virologe Christian Drosten warnt vor einem verfrühten Ende der Corona-Maßnahmen. "Wenn die alten Menschen und vielleicht auch ein Teil der Risikogruppen geimpft sein werden, wird ein riesiger wirtschaftlicher, gesellschaftlicher, politischer und vielleicht auch rechtlicher Druck entstehen, die Corona-Maßnahmen zu beenden", sagte er dem "Spiegel". "Und dann werden sich innerhalb kurzer Zeit noch viel mehr Leute infizieren, als wir uns das jetzt überhaupt vorstellen können. Dann haben wir Fallzahlen nicht mehr von 20.000 oder 30.000, sondern im schlimmsten Fall von 100.000 pro Tag."

Das seien dann zwar eher jüngere Menschen, aber wenn sich sehr viele davon infizieren, seien die Intensivstationen trotzdem wieder voll und es gäbe trotzdem viele Tote. "Dieses schlimme Szenario könnten wir etwas abfedern, wenn wir die Zahlen jetzt ganz tief nach unten drücken."

Drosten geht zudem nicht davon aus, dass der kommende Sommer in Bezug auf Corona ähnlich wird wie der vergangene. "Dass wir 2020 einen so entspannten Sommer hatten, hatte wahrscheinlich damit zu tun, dass unsere Fallzahlen im Frühjahr unter einer kritischen Schwelle geblieben sind. Das ist inzwischen aber nicht mehr so". Er fürchte, dass es eher so sein wird wie in Spanien, wo im Sommer die Fallzahlen nach Beendigung des Lockdowns schnell wieder gestiegen seien, obwohl es sehr heiß war.

+++ Hans zu Corona-Mutante: Wir haben nur wenige Wochen Zeit +++

Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hat eindringlich vor der in Großbritannien schon weit verbreiteten Coronavirus-Mutation gewarnt. "Wir sehen jetzt, dass die neue Corona-Variante sich auch bei uns in zwei oder drei Wochen sprunghaft verbreiten könnte", sagte er am Freitag im Landtag. Man habe "also nur wenige Wochen Zeit", um die Zahl der Neuinfektionen auf ein Niveau zu drücken, von dem aus auch die neue, ansteckendere Mutante namens B.1.1.7 wirkungsvoll in Grenzen gehalten werden kann.

"Wir können jetzt nicht abwarten, um erst mal zu sehen, ob sich B.1.1.7 denn bei uns tatsächlich so aggressiv ausbreitet wie in Irland oder Großbritannien", sagte Hans. "Wenn wir einmal so weit sind, dass wir dies festgestellt haben, ist es bereits zu spät." Deswegen "müssen wir jetzt runter mit den Zahlen, und zwar so weit, wie es irgend möglich ist". Dies sei auch der Grund, warum Grundrechtseinschränkungen jetzt "präventiv" trotz sinkender Inzidenzwerte nötig seien. Es sei möglich, noch im Februar den Wert von weniger als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Menschen zu erreichen: "Wir sehen jetzt, dass wir es schaffen können."

Hans begründete im Landtag die bis zum 14. Februar verlängerten und verschärften Corona-Maßnahmen. Er sagte, er sei "nach wie vor guter Gewissheit, dass wir die Pandemie im Laufe dieses Jahres unter Kontrolle bringen". Im Saarland seien bereits 18.000 Impfungen erfolgt, im Ländervergleich liege das Land auf Platz 5. Auf der Impfliste seien derzeit 42.000 Personen für Impfungen registriert. "Die Geduldsprobe ist wirklich immens", sagte der Ministerpräsident. "Halten wir weiterhin noch eine Zeitlang durch, halten wir noch eine Zeitlang zusammen!"

+++ Heil für Corona-Zuschuss und Maskengutscheine für Bedürftige +++

Bundessozialminister Hubertus Heil hat sich für eine zusätzliche Unterstützung für Bedürftige in der Corona-Krise ausgesprochen. Es sei richtig, jetzt zügig einen Zuschuss zur Verfügung zu stellen, sagte der SPD-Politiker der "Rheinischen Post" (Samstag) mit Blick auf zusätzlich entstandene Belastungen etwa für Alleinerziehende, Langzeitarbeitslose oder Menschen mit Behinderung durch die Schließung von Schulen, Kitas und sozialen Einrichtungen.

"Auch die Versorgung von Grundsicherungsempfängern mit FFP2- und OP-Masken muss gesichert werden." Heil verwies darauf, dass bereits Maskengutscheine für ältere und vorerkrankte Menschen zur Verfügung gestellt worden seien. "Diesen Weg sollten wir auch für Grundsicherungsempfänger gehen." Sein Ministerium arbeite bereits mit Hochdruck an entsprechenden Konzepten, die in der Bundesregierung besprochen würden.

+++ Haseloff zu Corona-Maßnahmen: Bund hat bald alle Register gezogen +++

Der Bund hat nach Meinung von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) die Grenzen seiner Möglichkeiten bei den Corona-Maßnahmen bald erreicht. "Es gibt eine überschaubare Zahl an Instrumenten, mit denen wir die Pandemie bekämpfen können. Und im Prinzip haben wir bald alle Register gezogen", sagte er im Interview mit dem "Spiegel". Bis auf einen totalen Shutdown gäbe es nicht mehr viele Maßnahmen, die noch verfügt werden könnten. Ein Herunterfahren der Wirtschaft und ein Schließen der Grenzen lehne er ab. Eine Abschottung Deutschlands sieht er als kein mögliches Mittel. "Wir leben in einem offenen Europa. Wir können uns nicht einfach abkoppeln wie etwa Neuseeland."

+++ Giffey: Corona-Tests auch in der Kinderbetreuung ausweiten +++

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) plädiert für eine Ausweitung von Corona-Tests auch in der Kinderbetreuung. "Ich glaube, es ist jetzt sehr wichtig, so lange das Impfen noch nicht möglich ist, die Tests auszuweiten", sagte sie im ARD-"Morgenmagazin" am Freitag. Derzeit gebe es in der Kinderbetreuung vor allem freiwillige Tests. Nach der aktuellen Corona-Kita-Studie seien etwa 20 Prozent der Erzieher coronabedingt nicht am Kind. "Das ist eine hohe Zahl", bemerkte Giffey. Sie seien krank oder in Quarantäne.

"Nach dem 14. Februar braucht es Öffnung", so die Familienministerin weiter. "Je länger es dauert, desto höher wird der Preis." Hierbei spiele Gesundheit gegen Gesundheit, da viele Kinder durch die Einschränkungen in der Pandemie unter Bewegungsmangel und Einsamkeit litten. "Wenn wir über Lockerungen reden, dann müssen Schulen und Kitas die ersten sein", betonte sie. "Diese drei Wochen, um die es jetzt noch mal geht, da müssen wir alle zusammen auch jetzt durch." Diese Kraft müsse jetzt noch mal aufgebracht werden, um eine echte Öffnungsperspektive zu haben.

+++ Sozialverbände fordern Masken-Geld für ärmere Menschen +++

Wegen der geplanten Pflicht von medizinischen Masken in Bussen, Bahnen und Supermärkten fordern Sozialverbände finanzielle Unterstützung für ärmere Menschen. "Es kann nicht sein, dass Menschen, die bereits jetzt jeden Tag schauen müssen, wie sie etwas zu essen auf den Tisch bekommen, zwingend notwendige Schutzausrüstung aus der eigenen Tasche finanzieren müssen", sagte der Präsident des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Adolf Bauer, der Deutschen Presse-Agentur. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, forderte "100 Euro sofort für Grundsicherungsempfänger, damit sie sich FFP2-Masken leisten können". Menschen, die wenig Geld zu Verfügung hätten, bräuchten einen Zugang zu vergünstigten Masken.

"Wirksamer Infektionsschutz darf keine Frage des Geldbeutels sein", sagte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, der dpa. Eine Pflicht zum Tragen medizinischer Masken ohne Gewährung finanzieller Soforthilfen für einkommensarme Menschen führe zu massiver sozialer Diskriminierung. "Wer es sich leisten kann, wird die teuren FFP2-Masken kaufen (...). Alle anderen werden genötigt, die günstigeren OP-Masken zu kaufen und sich damit weiter dem Risiko einer Ansteckung auszusetzen."

Bund und Länder hatten am Dienstag vereinbart, dass künftig überall in Deutschland in Bussen, Bahnen und Supermärkten entweder FFP2-Masken oder die günstigeren OP-Masken getragen werden sollen, die selbstgenähten Behelfsmasken sollen nicht mehr erlaubt sein.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Donnerstag darauf verwiesen, dass die Regierung für 34 Millionen Menschen, darunter alle über 60-Jährigen, die besonders gut schützenden FFP2-Masken für den Winter zur Verfügung gestellt habe. Vorgesehen ist ein Eigenanteil von zwei Euro für je sechs Masken. Sollten die Einschränkungen jedoch noch lange anhalten, müsse man "natürlich auch darüber nachdenken, ob wir an der Stelle nochmal helfen müssen", sagte Merkel.

+++ Berechnung: Sterberisiko durch Corona bei Älteren mehr als verdoppelt +++

Corona ist für ältere Menschen besonders gefährlich. Genauer hat das nun ein Mathematiker analysiert: Mit zunehmenden Alter steigt nicht nur das Risiko binnen eines Jahres zu sterben - bei Corona-Infizierten über 60 Jahren ist es demnach sogar mehr als doppelt so hoch wie bei Gesunden im selben Alter. Und nicht nur das: Ab 60 Jahren wird für Infizierte der Abstand zwischen dem Risiko, an Corona zu sterben, und dem allgemeinen Altersrisiko, das auch für Gesunde gilt, zunehmend schneller immer größer.

Das hat der Stuttgarter Mathematik-Professor Christian Hesse auf Grundlage von Daten aus Deutschland und internationaler Studien zur sogenannten Infektionssterblichkeit errechnet. Das ist der Anteil der Corona-Toten unter allen Infizierten, ob getestet oder nicht. Dafür musste für eine repräsentative Stichprobe der Bevölkerung mit Blutproben der Immunstatus ermittelt werden, um auch frühere, unentdeckt gebliebene Corona-Infektionen festzustellen.

Auch bei Gesunden gilt: Die Gefahr, binnen eines Jahres zu sterben, ist bei jungen Menschen naturgemäß deutlich niedriger. Sie verdoppelt sich aber im Schnitt alle sieben Jahre. Bei Jüngeren gibt es auch größere Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Für nicht infizierte 20-jährige Männer liegt die Wahrscheinlichkeit Hesse zufolge bei 0,042 Prozent, innerhalb eines Jahres zu sterben. "Für Frauen ist der entsprechende Wert mit 0,018 Prozent weniger als halb so groß in diesem Alter." Das Sterberisiko wie bei einem 20-jährigen Mann habe eine Frau erst im Alter von 34 Jahren. Dieser Unterschied verringere sich mit den Jahren, erklärte Hesse. So seien etwa 88-jährige Männer und 90-jährige Frauen hinsichtlich des Risikos vergleichbar.

Da vor allem junge Menschen nach einer Corona-Infektion milde bis gar keine Symptome haben und entsprechend weniger dramatische Krankheitsverläufe, beträgt die mittlere Infektionssterblichkeit für beide Geschlechter bei 20-Jährigen den Angaben zufolge gerade einmal 0,006 Prozent - erhöht also das natürliche Risiko zu sterben nur leicht. Anders ist es bei älteren Corona-Infizierten. "Mit etwa 60 Jahren ist das Risiko durch die Corona-Infektion zu sterben ungefähr gleich dem normalen Altersrisiko", so Hesse.

"Konkret bedeutet dies, dass für 60-jährige Menschen eine Corona-Infektion das effektive Sterberisiko verdoppelt", erklärte der Mathematiker. "Infolgedessen ist es in Bezug auf das Risiko so, als würde man durch die Infektion plötzlich sieben Jahre älter." Mit 90 Jahren liege die Corona-Sterblichkeit dann bei 28 Prozent und damit um gut 10 Prozentpunkte höher als die allgemeine Alterssterblichkeit.

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/news.de/dpa

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